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Recht

22.08.2019

Radlsturz: Abtenau trifft kein Verschulden

Mittlerweile ist es rechtskräftig: Abtenau trifft am Sturz der Mountainbikerin keine Schuld. Nicht jede Unebenheit im Asphalt kommt einem Mangel gleich, der sofort behoben werden muss. Auch die Größe des Straßennetzes spielt bei der Beurteilung des Verschuldens der Gemeinde eine Rolle.

Ende letzten Jahres hat der Fall nicht nur innerhalb der kommunalen Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt: Eine Mountainbikerin ist im Juni 2017 auf einer abschüssigen Gemeindestraße durch einen Wald mit Licht-Schattenwechsel im Gemeindegebiet der Salzburger Gemeinde Abtenau (fast 6.000 Einwohner) gefahren und zu Sturz gekommen. Bei dem Sturz hat sie sich die Hand gebrochen und klagte daraufhin die Gemeinde auf Schadenersatz. Der Anwalt der Moutainbikerin argumentierte, dass es sich bei der Sturzursache um ein großes Schlagloch gehandelt habe, das seit Wochen bekannt gewesen sei.

Straßenhalterhaftung im Mittelpunkt

Seit kurzem liegt jetzt der Gemeinde die (zwischenzeitlich) rechtskräftige Entscheidung des Bezirksgerichtes vor, in welcher der Zivilrichter zugunsten der Gemeinde als Straßenerhalter entschieden hat. Rechtlicher Ausgangspunkt der Entscheidung war die Bestimmung über die Wegehalterhaftung (§ 1319a Abs. 1 ABGB), auf Grund derer der Straßenhalter bei Schäden, die durch einen mangelhaften Zustand des Weges entstehen, nur für grobes Verschulden haftet. Ob ein Weg mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung für seine Anlage und Betreuung, angemessen und zumutbar ist (§ 1319a Abs. 2 ABGB).

Im gegenständlichen Fall lag unter Berücksichtigung der exponierten geographischen und klimatischen Lage, der geringen Verkehrsfrequenz und der Schmalheit der Fahrbahn durch die muldenförminge Vertiefung der Asphaltfahrbahn mit einem Durchmesser von rund 30 cm und einer maximalen Tiefe von 4,5 cm kein mangelhafter Zustand der Straße im Sinne der zitierten Gesetzesstelle vor. Auch könne, so die Ausführungen des Gerichtes, der Straßenerhalter grundsätzlich damit rechnen, dass die Straßenbenützer sich gemäß der StVO verhalten und insbesondere auf Sicht fahren, um auch Stellen mit Unregelmäßigkeiten auf der Fahrbahn gefahrlos passieren zu können. Schließlich wurde bei der Entscheidung auch berücksichtigt, dass die relativ bevölkerungsarme Gemeinde ein Straßennetz von rund 270 Kilometern zu erhalten hat.

Regelmäßige Kontrolle und Dokumentierung wichtig

In der betroffenen Gemeinde wurde die Entscheidung mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Das Gericht hat mehrfach auf die Entscheidungspraxis des Obersten Gerichtshofes mit dem Ergebnis Bezug genommen, dass den Straßenerhalter im vorliegenden Fall keine Haftung im Sinne des § 1319a ABGB trifft. Die Entscheidung macht aber auch deutlich, wie wichtig die regelmäßige und dokumentierte Kontrolle des Straßennetzes durch den Straßenerhalter ist. Gerade kleinen Gemeinden kann nicht jeder Aufwand zugemutet werden – umso wichtiger ist es aber, bei der Schadensbehebung je nach Dringlichkeit und Gefährdungspotential des erkannten Mangels nachvollziehbare Prioritäten zu setzen.

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