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Bundesländer

22.08.2019

Trinkwasserrichtlinie: Ende gut, alles gut?

Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur neuen Trinkwasserrichtlinie hat viel Aufmerksamkeit erregt: Die Kronen Zeitung sprach von einem "Anschlag" der EU auf das österreichische Trinkwassersystem. Besonders die Kontrollverschärfung stieß hierzulande auf Proteste.

Als sich die EU-Umweltminister Anfang März 2019 auf den Inhalt der EU-Trinkwasserrichtlinie einigten, schien es wieder einmal so, als wäre alles beschlossen. Doch auch wenige Wochen vor den EU-Wahlen vergisst die gängige Berichterstattung auf das EU-Parlament. Daher: Die Revision der EU-Trinkwasserrichtlinie unterliegt dem Mitentscheidungsverfahren zwischen dem Europäischen Rat, also den Mitgliedsstaaten, und EU-Parlament, beschlossen ist noch gar nichts.

EU-Wahlen verzögern endgültige Beschlussfassung

Der endgültige Abschluss dieses Gesetzgebungsprozesses, der im Februar 2018 mit dem Vorschlag der Kommission seinen Ausgang nahm, wird auch noch eine Weile auf sich warten lassen, der Grund sind die anstehenden Wahlen. Denn auch wenn EU-Parlament und Rat ihre jeweiligen Positionen festgelegt haben, fehlt noch der abschließende sogenannte Trilog, wo sich beide Institutionen im Beisein der EU-Kommission auf einen endgültigen Kompromiss verständigen.

Nicht in allen Bereichen sind sich die beiden Gesetzgeber einig, der Trilog dient dazu, das Legislativverfahren engültig abzuschließen. Dies erfordert jedoch Zeit und das EU-Parlament tagt zum letzten Mal Mitte April. Kurz: Die Aufregung über die Richtlinie ist noch immer zu früh und die Thematik ist so komplex, dass es zur Bewertung eigentlich Experten aus unterschiedlichen Bereichen braucht.

Stand der Dinge

Wenn man aber die Entwicklung vom Vorschlag der Kommission zu den Positionen von Rat und Parlament betrachtet, ist doch festzustellen, dass die EU nicht ganz so undemokratisch ist, wie manche behaupten. In der kommunalen Welt sorgte zu Beginn vor allem die substanzielle Erhöhung der Prüfpflichten zur Überwachung der Wasserqualität für Entsetzen. Tatsächlich hatte die Kommission für kleine Wasserversorger eine Verzehnfachung der Prüfungen vorgeschlagen, was wohl das Ende herkömmlicher Wassergebühren gewesen wäre.

Veränderungen nur für Großversorger

Im Gesetzgebungsprozess wurde aber nicht nur dieser Passus entschärft – und von einer Entschärfung kann ausgegangen werden, da sowohl Rat als auch Parlament die Ambitionen der Kommission eingebremst haben. Ausgangspunkt der Verhandlungen ist auf beiden Seiten der aktuelle Status Quo mit gerinen Veränderungen für größere Wasserversorger.

Die Kommission wurde auch beim Wort genommen, was den neuen risikobasierten Ansatz betrifft: Denn bestimmte Parameter, die in einem Mitgliedstaat nachweislich kein Risiko darstellen, können von diesem auch von der Prüfliste gestrichen werden. Dies trifft zwar nicht auf sogenannte Schlüsselparameter zu, für diese kann jedoch die Überwachungshäufigkeit verringert werden. Im Gegenzug sind die Mitgliedstaaten aber auch verpflichtet, Parameter, die nicht in der Richtlinie aufscheinen, im Auge zu behalten, wenn diese im jeweiligen Einzugsgebiet eine Gefahr darstellen.

Datenaustausch für Risikobegrenzung

Der risikobasierte Ansatz soll gewährleisten, dass die Wasserbehörden einen Überblick über die Einzugsgebiete von Entnahmestellen haben und auf jede mögliche Verunreinigung so schnell wie möglich behördlich reagieren können. Die Hauptverantwortung für diese einzugsgebietsspezifische Risikoanalyse liegt in Österreich beim Nachhaltigkeitsministerium. Die Ergebnisse der behördlichen Risikobewertung und des Risikomanagements sind den Wasserversorgern zugänglich zu machen.

Versorger, die im Rahmen ihrer Überwachung Probleme im Rohwasser feststellen, müssten derartige Beobachtungen laut Ratskompromiss den Behörden melden. Insgesamt dürfte es europaweit also zu einer besseren Datenlage über den allgemeinen Zustand der Wasserkörper kommen, zuständige Wasserbehörden und Versorgungsunternehmen müssen Daten austauschen und erkannte Risiken sind möglichst schnell zu beheben.

Gratis Leitungswasser?

Spannend wird auch das Zusammenspiel zwischen Wasserrahmenrichtlinie und Trinkwasserrichtlinie. Die Trinkwasserrichtlinie enthält mehrere Querverweise auf die Rahmenrichtlinie. Hier werden sich in der Praxis sicher noch einige Fragen auftun.

Auch der Aufreger Gratisleitungswasser in der Gastronomie scheint hochgeschaukelt. Denn zu keinem Zeitpunkt war hier von einer Verpflichtung die Rede. Am Ende wird es darauf hinauslaufen, auf nationaler Ebene Lösungen zu finden, um die Bereitstellung von Leitungswasser in Restaurants oder Kantinen zu fördern. Ob dies nun in Form des italienischen „Coperto“, eines geringen Dienstleistungsentgelts, oder kostenlos geschieht, wird letztendlich der einzelne, im Wettbewerb stehende Unternehmer entscheiden.

EU für Gemeinden

Fazit: Die Trinkwasserrichtlinie ist ein Paradebeispiel dafür, wie mit dem emotionalen Thema Wasser Politik gemacht wird. Dass dabei mitunter Dinge aus ihrem Kontext gerissen und Äpfel mit Birnen verglichen werden, trägt leider nicht dazu bei, das Vertrauen in den EU-Gesetzgebungsprozess zu stärken. Obwohl dieser – wie eingangs erwähnt – für die kommunale Ebene eigentlich recht erfolgreich verlaufen ist.

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