In seiner Novembersitzung hat der oberösterreichische Landtag ein ganzes Paket von Neuregelungen im Bereich des Gemeinderechts beschlossen. Konkret wurden die Oö. Gemeinderechts-Novelle 2018, die Oö. Gemeindeverbändegesetz-Novelle 2018, das Oö. Gemeinde-Dienstrechtsänderungsgesetz 2018 und die Oö. Gemeinde-Bezüge-Novelle 2018 verabschiedet. Was sind die wichtigsten Änderungen? Zentral kam es zu einer Neuausrichtung der Gemeindeprüfung, Änderungen im Aufsichtsrecht und verschiedenen Anpassungen in der oberösterreichischen Gemeindeordnung.
Neuausrichtung der Gemeindeprüfung
Die neue Prüfgruppe, bestehend aus zehn vollbeschäftigten Prüferinnen und Prüfern, ist auf vier Bezirkshauptmannschaften aufgeteilt und wird so in ganz Oberösterreich für die Gebarungsprüfungen tätig. Diese Prüfgruppe wird zukünftig mindestens 40 Gemeinden pro Jahr prüfen.
Die IKD (Direktion Inneres und Kommunales) beim Amt der Oö. Landesregierung ist weiterhin fachlich zuständig und somit die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Die Erstellung der Prüfpläne und Prüfziele wird mit dem zuständigen Landesrat Elmar Podgorschek akkordiert. Die Fachteamleitung ist bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung angesiedelt. Die neue Aufbauorganisation soll nach ein bis 1,5 Jahren evaluiert werden, um etwaige Potentiale, die sich aus der Praxis zeigen, zu adaptieren.
In Zukunft wird dem/der Bürgermeister/in ein vorläufiger Prüfungsbericht übermittelt. In einer Schlusspräsentation wird dieser Prüfungsbericht vom Prüfer präsentiert. Dieser Präsentationstermin wird binnen vier Wochen ab Zusendung abgehalten. Zu diesem Termin hat der/die Bürgermeister/in die Fraktionsobleute einzuladen. Danach gibt es für den/die Bürgermeister/in eine vierwöchige Frist, eine Stellungnahme abzugeben. Diese wird dem vorläufigen Prüfungsbericht angeschlossen.
Der endgültige Prüfungsbericht wird dann innerhalb von vier Wochen an den/die Bürgermeister/in zur Vorlage an den Gemeinderat übermittelt. In der darauffolgenden GR-Sitzung ist dieser zu behandeln, dafür ist auch ein eigener Tagesordnungspunkt vorzusehen.
Nach der Behandlung im Gemeinderat wird der Bericht an den Prüfungs- bzw. Kontrollausschuss zur weiteren Umsetzung zugewiesen. Bis zur Veröffentlichung im Internet und der Behandlung im Gemeinderat ist der Bericht als vertraulich zu behandeln.
Im Zuge der Neuausrichtung wird auch die Gemeindeprüfungsordnung an den Ablauf der Gebarungsprüfungen angepasst, welche mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten wird. Die Prüfmöglichkeiten des Landesrechnungshofs besteht daneben unverändert weiter.
Änderungen im Aufsichtsrecht
– Aufsichtsbeschwerde NEU: Es werden nur noch Beschwerden über die Amtsführung von Gemeindeorganen behandelt, die schriftlich bei der Aufsichtsbehörde eingebracht werden. Das betroffene Organ bzw. dessen Mitglied ist vom/von der Bürgermeister/in von der Beschwerde in Kenntnis zu setzen und hat die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Die Aufsichtsbehörde beurteilt, ob durch das Handeln Gesetze oder Verordnungen verletzt wurden. Die Beantwortung der Aufsichtsbeschwerde soll innerhalb von sechs Monaten erfolgen und ist dem Gemeinderat in der nächstfolgenden Sitzung zur Kenntnis zu bringen.
Folgende Aufsichtsbeschwerden werden künftig nicht mehr behandelt:
- Angelegenheiten, die aufgrund einer Aufsichtsbeschwerde desselben Beschwerdeführers bereits erledigt wurden.
- Angelegenheiten, die einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedürfen.
- Angelegenheiten, die Gegenstand eines anhängigen oder abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens sind.
– Belehrung NEU: Wenn die Gemeinde bei der Besorgung des eigenen Wirkungsbereichs Gesetze oder Verordnungen verletzt, den Wirkungsbereich überschreitet oder die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben nicht erfüllt, kann die Aufsichtsbehörde nun mit Bescheid feststellen, wie rechtmäßig vorzugehen ist. Das ist eine Art „gelbe Karte“, somit können eingriffsintensivere Aufsichtsmittel im Optimalfall vermieden werden. Nach erteilter Belehrung ist bei Rechtsverstößen gleicher Art von einer Wissentlichkeit nach § 302 StGB (Amtsmissbrauch) auszugehen. Damit besteht dann eine Anzeigepflicht nach § 78 StPO. Der/die Bürgermeister/in hat den Bescheid jenem Organ, dem der Rechtsverstoß anzulasten ist, ehestmöglich zur Kenntnis zu bringen. Ebenso ist der Gemeinderat in der nächsten Sitzung zu informieren.
– Ersatzvornahme NEU: Die Ersatzvornahme ist ein bescheidmäßiger Auftrag zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben binnen angemessener Frist. Erst nach ungenützter Frist oder bei Gefahr in Verzug kann die Aufsichtsbehörde eine Sitzung des Gemeinderats einberufen und anberaumen.
Zu Sitzungen des Gemeinderats, die aufgrund eines Verlangens der Aufsichtsbehörde vom/von der Bürgermeister/in oder durch die Aufsichtsbehörde einberufen werden, kann ein Vertreter der Aufsichtsbehörde mit beratender Stimme entsendet werden.
– Adaptierung durch das System der Gemeindefinanzierung NEU: Zudem konnten bereits durch die Einführung der Gemeindefinanzierung NEU wesentliche Schritte zur Adaptierung der Gemeindeprüfung NEU gesetzt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Oö. Gemeindeordnung dahingehend präzisiert, dass eine aufsichtsbehördliche Genehmigung für Bauvorhaben ausschließlich vor Baubeginn erteilt werden kann. Nachträgliche Genehmigungen schließt bereits die Systematik der Gemeindefinanzierung NEU, die mit 1. Jänner 2018 in Kraft getreten ist, aus. Darüber hinaus erfolgte zudem eine Klarstellung in den Richtlinien zur „Gewährung von Gemeinde-Bedarfszuweisungsmitteln“.
Novellierung der Oö. Gemeindeordnung
Nach ausführlichen Diskussionen wurde weiters eine zeitgemäße Novellierung der Gemeindeordnung umgesetzt. Nachfolgende, zentrale Punkte wurden in der Novelle der Gemeindeordnung in der Sitzung des Oö. Landtags beschlossen:
– Neuregelung der Gemeinderatsgrößen: Auf Wunsch vieler Gemeinden werden die Schwellenwerte für die Größe des Gemeinderates neu definiert. Aktuell gibt es in Oberösterreich 9.369 Gemeinderäte. Durch diese Novellierung können ab den Gemeinderatswahlen 2021 564 Gemeinderäte eingespart werden, die Statutarstädte sind nicht betroffen. In diesem Zusammenhang wird eine Erhöhung der Einwohnerzahl in den einzelnen, für die Anzahl der Mitglieder des Gemeinderats maßgeblichen Staffelungen vorgenommen. Zudem wird für die Erhebung der Anzahl der Mitglieder des Gemeinderats zukünftig nicht mehr auf die nur alle zehn Jahre stattfindende Volkszählung, sondern auf die für den Finanzausgleich heranzuziehende Volkszahl, zurückgegriffen. In der aktuell laufenden Periode wird es, auch bei allfälligen Neuwahlen, zu keiner Änderung bei der Anzahl der Gemeinderäte kommen. (siehe Grafik links)
– Änderung der Anforderungen an Amtsleiterinnen und Amtsleiter: In Gemeinden mit über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wird es zu einer Änderung der Anforderungen an die Amtsleiterinnen bzw. Amtsleiter kommen. Um die Servicequalität zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu steigern, sind für diese Position rechtskundige Gemeindebedienstete heranzuziehen. Diese Änderung bezieht sich nicht auf bereits aufgenommene bzw. bestellte Amtsleiterinnen und Amtsleiter sondern auf neu zu besetzende Stellen.
– Verbesserungen im Bereich der Informationsrechte der Mitglieder von Kollegialorganen: Um die Transparenz in Oberösterreichs Gemeinden zu maximieren, wird im Zuge dieser Novelle nun jeder Fraktion die Möglichkeit eingeräumt, im Falle der Verhinderung in einem Ausschuss, in dem sie nicht vertreten ist, eine Ersatz-Fraktionsvertreterin bzw. einen Ersatz-Fraktionsvertreter zu entsenden, der ebenso wie die offizielle Fraktionsvertreterin bzw. der Fraktionsvertreter auch Ersatzmitglied des Gemeinderates sein kann. Dieser Vertreterin bzw. diesem Vertreter kommen die gleichen Rechte, inklusive des Anhörungsrechts zu. Zudem wird für Fraktionen, die nur durch ein Mitglied im Gemeindevorstand vertreten sind, eine Informationsmöglichkeit im Verhinderungsfall geschaffen. Sofern eine Stimmrechtsübertragung an eine andere Fraktion nicht gewollt ist, kann eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Fraktion, zumindest mit beratender Stimme, teilnehmen.
– Möglichkeit der sektoralen Ehrung des Ehrenamts: Die Novellierung der Gemeindeordnung räumt Oberösterreichs Gemeinden nun die Möglichkeit ein, Ehrungen vorzunehmen, die nicht mehr rein mit der umfassenden Würdigung der Persönlichkeit verbunden sind, sondern auch Personen für einzelne, konkret erbrachte Leistungen oder für eine länger andauernde, bestimmte Tätigkeit zu würdigen. Dabei handelt es sich um eine sogenannte sektorale Ehrung.
Im Zuge der Gemeindeordnungsnovelle wurden auch rechtliche Klarstellungen zur Veröffentlichung Gemeinderatssitzungen und elektronischen Amtstafeln getroffen. Diese werden gesondert in einem eigenen Artikel auf Kommunalnet vorgestellt.
Fazit: Ausbalancierter Entwurf
Der OÖ Gemeindebund war in die Vorbereitung dieser Novelle von Beginn an mit einbezogen. Gerade im besonders sensiblen Bereich der Gemeindeaufsicht neu ist – auf Basis der Empfehlungen des Landesrechnungshofs OÖ dazu – auch aus unserer Sicht mit der vorliegenden Novelle ein ausbalancierter Entwurf umgesetzt worden. Damit reagiert der Gesetzgeber zum einen auf die sattsam bekannten, vereinzelten Problemfälle der letzten Jahre, unterstützt die Gemeinden aber auch z.B. durch die Einführung des soweit ich sehe österreichweit neuen Instruments der „Gelben Karte“ und respektiert insgesamt die für uns fundamental wichtigen verfassungsrechtlichen Grundsatz der Autonomie der Gemeinden.