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29.08.2019

Mit PR-Gag gegen Landflucht

Was vor zehn Jahren als PR-Gag begann, stellt sich nun als einer der besten Einfälle der Gemeindegeschichte Rapottensteins heraus: Durch das Verschenken von Bauland hoffte man lediglich auf eine Milderung der Landflucht - die Folge war allerdings eine ganz andere.

In der Waldviertler Gemeinde Rappottenstein hatte man lange Zeit Angst vor einer immer stärker werdenden Landflucht: Immer mehr junge Familien zogen es vor, nach Wien und Umgebung zu ziehen, als in der 1.700-Einwohner-Gemeinde zu bleiben. Der Gemeindevorstand wusste, dass Handlungsbedarf bestand. Es musste etwas unternommen werden, um die Ortschaft im Waldviertler Hochland nicht aussterben zu lassen.

Beherzter Vorstoß

Vom damaligen Vizebürgermeister Manfred Preiser kam vor zehn Jahren die Idee, man solle doch leer stehende Baugründe an Familien verschenken, die sich ihre Existenz in Rappottenstein aufbauen möchten. Durch die Kopplung an eine Baupflicht sollte verhindert werden, dass die Immobilien aus der Gemeindehand gegeben werden und danach immer noch brach liegen. Der Vertrag besagt, dass die Zugezogenen spätestens nach zehn Jahren zu dritt in einem Haus auf dem Grundstück leben müssen.

Vizebürgermeister Preiser erinnert sich: „Ich dachte mir, er [der damalige Bürgermeister Friedrich Wagner, Anm.] wird am nächsten Tag anrufen und fragen ob ich verrückt geworden bin. Aber nein, das Telefon hat geläutet und er hat mich gefragt, ob ich Zeit hätte – der Notar sei wegen des Verschenkens der Bauplätze da.“ Der Vorschlag des Vizebürgermeisters wurde direkt angenommen – und brachte eine Reaktion, mit der in dieser Art nicht gerechnet wurde.

Anfragen aus Australien und Korea

Die Anfragen bezüglich der „Gratis-Grundstücke“ kamen rasch aus der ganzen Welt. Manfred Preiser erinnert sich: „Angebote sind gekommen aus zum Beispiel Korea, Holland, Mexiko und Australien“. Aber auch heimische Familien gab es, die das Angebot wahrnehmen wollten: Die Familien Bauer und Almeda profitierten am Ende von der Gratisaktion und leben bis heute in der Ortschaft Rappottenstein. Barbara Bauer, die mit ihrem Ehegatten und Kindern einen der Gratis-Liegenschaften bezogen hat, meint rückblickend: „Es war eine riesige Ersparnis. Wir leben jetzt seit sieben Jahren im Haus, die Nachbarschaft ist super, die Infrastruktur passt perfekt. Wir haben hier alles – Schule, Kindergarten und Geschäfte.“

Unerwartete Wirkung

Die Verschenk-Aktion brachte die gewünschte Reaktion – allerdings trat sie anders als erwartet ein. Die Initiative der geschenkten Gründe löste einen regelrechten Bau-Boom in Rappottenstein aus, allerdings nicht auf den kostenlosen Grundstücken: Seit der Initiation wurden 35 Baugründe regulär verkauft und bebaut, auch Unternehmen haben sich im Umkreis der Gemeinde im Bezirk Zwettl angesiedelt. Viele nehmen auch den Weg nach Wien oder Krems in Kauf, um in der Gemeinde Rappottenstein leben zu können.

Bürgermeister Josef Wagner erklärt: „Viele Leute sind dadurch [durch das Verschenken der Gründe, Anm.] erst auf uns aufmerksam geworden. Die Leute kommen sich die Gemeinde anschauen, und wenn es gefällt, kaufen sie auch die Grundstücke.“ Rappottenstein bietet rund 400 Arbeitsplätze – seinen Lebensmittelpunkt ins Waldviertel zu verlegen ist also kein Ding der Unmöglichkeit.

Aufschwung für den ganzen Ort

Bürgermeister Josef Wagner freut sich über die erfolgreiche Umsetzung der Idee. Das Verschenken von eigentlich nur zwei Grundstücken hat ganz Rappottenstein einen Aufschwung verliehen. „Wenn einmal in den Kindergartengruppen kein Platz mehr ist und es im Schulbus eng wird, dann weiß man, man hat es geschafft“, resümiert Wagner.

Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass insgesamt immer noch fünf Baugründe zu verschenken sind – dass volle Kontingent ist also bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.

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