© ZVG

Recht

11.09.2019

Geldstrafe für Ex-Bürgermeister in NÖ

Ein niederösterreichischer Ex-Bürgermeister im Bezirk Lilienfeld wurde in einem Prozess um Amtsmissbrauch zu einer Geldstrafe von 1.080 Euro verurteilt, weil er nicht für die Richtigkeit des Melderegisters sorgte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Niederösterreich ist neben dem Burgenland das einzige Bundesland in Österreich, das ein eigenes Wahlrecht für Nebenwohnsitzer hat. Durch die Änderung des Landesbürgerevidenzgesetzes, das 2017 vom niederösterreichischen Landtag beschlossen wurde, dürfen Nebenwohnsitzer allerdings nur dann zur Wahlurne schreiten, wenn sie in die Gemeinschaft der jeweiligen Gemeinde integriert sind. Diese Entscheidung obliegt dem jeweiligen Bürgermeister.

Das wurde dem ehemaligen Ortschef der niederösterreichischen Gemeinde Ramsau bei Hainfeld, Raimund Reichel, zum Verhängnis. Reichel wurde am 14. Mai 2018 zu einer Geldstrafe von 1.080 Euro verurteilt. Er wird beschuldigt eine Streichung von vier Personen aus dem Melderegister unterlassen zu haben. Freigesprochen wurde er von dem Vorwurf, unrichtige Eintragungen ins Melderegister veranlasst zu haben.

Von örtlicher Bürgerliste angezeigt

Die Vorwürfe gegen Raimund Reichel beziehen sich auf die Gemeinderatswahl im Jänner 2015. „Die Anzeige wurde von der örtlichen Bürgerliste eingebracht. In der Folge gab es eine Flut von Anzeigen gegen mich, meine Fraktionskollegen, meinen Vorgänger und gegen einige Gemeindebedienstete“, erklärt der Ex-Bürgermeister auf Nachfrage von Kommunalnet.

„Die Anschuldigungen sind frei erfunden“

Vier Personen – zwei, die an einer Betriebsstätte gemeldet waren und ein Paar, das das Haus an der Nebenwohnsitzadresse vermietet hatte – wären aus dem Melderegister zu streichen gewesen. Der Angeklagte hätte die Streichung veranlassen müssen, sagte der Richter bei der Verhandlung: „Sie sind als Bürgermeister verpflichtet, für die Richtigkeit des Melderegisters Sorge zu tragen.“

Der 57-Jährige ist sich dagegen keiner Schuld bewusst: „Die Anschuldigungen sind frei erfunden und wurden von den Anzeigern nur gemacht, um mir persönlich zu schaden.“ Es steht also Aussage gegen Aussage.

Erinnerungslücken und Änderungen von Zeugenaussagen

Manche Zeugenaussagen wurden im Nachhinein geändert, worauf der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag ebenfalls verwies. Er habe „selten ein Verfahren erlebt, in dem so viele Zeugen so eklatant lügen“. Er verwies auch auf Erinnerungslücken von zahlreichen Befragten.

„Ich bin einerseits erleichtert, andererseits enttäuscht. Erleichtert deshalb, weil ich in den wichtigsten Punkten als unschuldig erkannt wurde. Damit wird bestätigt, dass ich keine widerrechtlichen Anmeldungen vorgenommen habe. Enttäuscht bin ich wiederum, weil es nicht zu einem kompletten Freispruch gekommen ist“, kommentiert Reichel den Prozessausgang.

Die Verteidigung meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil nicht rechtskräftig.

© Copyright - Kommunalnet