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Niederösterreich

27.03.2020

Das Gemeindeamt als Kommunikations-Drehscheibe

Der Ardagger Bürgermeister Johannes Pressl hat die Kommunikation mit seinen Gemeindebürgern gut im Griff: Via Blog informiert er alle regelmäßige über die Situation im Ort. Er vernetzt die Helfer mit den Hilfesuchenden, gibt den Betroffenen der Krankheit eine Plattform, und fordert auch mehr Transparenz zwischen Behörden und Gemeinde.

Bürgermeister sehen sich gerade einer Reihe enormer Herausforderungen gegenüber gestellt. Bereits in ruhigen Zeiten braucht es wahre Tausendsassa, um das Amt gewissenhaft auszuführen. In einer Krise multiplizieren sich die Anforderungen.

In der Gemeinde Ardagger im niederösterreichischen Bezirk Amstetten stand das gesellschaftliche Leben bereits ein bisschen früher still, als im Rest Österreichs. Derzeit gibt es dort 15 verifizierte Corona-Fälle, etwa 150 befinden sich in Quarantäne. Viele Unternehmen mussten wegen der hohen Anzahl an Mitarbeiter in Quarantäne bereits letzte Woche schließen, Schulen und Kindergärten wurden letzten Freitag, also einen Werktag bevor die Maßnahme bundesweit griff, geschlossen.

Bürgermeister in „Sandwich-Position“ zwischen Bürger und Behörden

Der heilige Gral bei der Bewältigung liegt für Bürgermeister Pressl in der Kommunikation. „Ich würde jeden Bürgermeister raten, ganz offen mit den Infos umzugehen. Man ist oft vorsichtig, aber am Ende des Tages wird man immer an den Punkt kommen, die Sorge bei den Menschen bewältigen zu müssen.“

Dass es in der derzeitigen Situation keine Informationspflicht der Behörden für Gemeinden gibt, kritisiert Pressl. „Hier im Bezirk Amstetten mussten wir erst dafür kämpfen, offizielle Fallzahlen von der Behörde zu bekommen. Dabei ist das für die Bürgermeister extrem wichtig. Immerhin sind wir es, die diese hoch emotionalisierten Situationen handeln müssen und auch immer in der Handlungsverpflichtung sind. Meine Forderung an die Behörden ist daher: Nehmt’s die Bürgermeister mit! Wir können auch eine Riesenhilfe sein, wenn das ganze Summen annimmt, die wir bisher noch nicht kennen.“

Die Dringlichkeit der Digitalisierung

Diese hochsensible Kommunikation bewältigt auch Pressl selbst von zu Hause aus. Via Telefon und Internet steht er mit all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch vielen Bürgern in engem Kontakt. Gerade wird in Ardagger auch daran gearbeitet, die nächste Gemeinderatssitzung via Skype abzuhalten.

Damit alle Ardagger Bürgerinnen und Bürger gut informiert sind, hat Pressl vor kurzem auch seinen Blog wiederbelebt. „Das Leben stellt sich wirklich auf den Kopf, und ich lerne gerade, alles virtuell zu organisieren. Wir machen ohnehin viel online, ich bin ein Mensch der Digitalisierung, aber nun besteht noch mehr Dringlichkeit“, so Pressl.

Betroffene nicht als Aussätzige behandeln

Die Aufrechterhaltung der alltäglichen Verwaltung und Gemeindeaufgaben funktioniert sehr, vor allem weil etwa Kläranlagen, die Wasserversorgung und die Müllabfuhr in einem Verband organisiert sind. Neu sieht Pressl besonderen Bedarf in drei Bereichen:

Zum einen die Hol- und Bringdienste der freiwilligen Helfer. Die sind in Ardagger nicht zentral organisiert, stattdessen wird auf Pressls Blog eine Liste mit Hilfebietenden veröffentlicht. So können sich die Menschen selbst untereinander vernetzen.

Zum zweiten sieht er Aufholbedarf in der Beratung der Betroffenen. „Alle, die in Quarantäne stehen, sollen angerufen werden. Ich frage alle, wie es ihnen geht, und stehe sehr dahinter, die Scheu zu nehmen, um Hilfe zu bitten. Es ist auch wichtig, den ersten Coronafällen zu versichern: Du bist nicht aussätzig, brauchst keine Schuldgefühle haben. Du gehörst weiter zu uns.“

Als dritte Herausforderung der Coronakrise in der Gemeinde sieht er Wege zu finden, mit dem ausgangsbeschränkten Alltag zurecht zu kommen. „Wir müssen erst lernen, mit dieser Entschleunigung umzugehen“, so Pressl. Über kreative Ideen, wie einem nicht die „Decke auf den Schädl fällt“, freut sich Johannes Pressl immer.

– E. AYAZ

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