Eine Gemeinderatswahl der anderen Größenklasse fand am Sonntag in Wien statt: Die Bundeshauptstadt hat gewählt und die Ergebnisse werden auch über die Stadtgrenzen hinaus mitverfolgt, denn sie geben unter anderem einen Einblick in die politische Stimmung in der Corona-Krise.
Hochrechnung zeigt klare Gewinner und Verlierer
Wenngleich die – coronabedingt vergleichsweise zahlreichen – Wahlkarten wohl erst Montagabend oder Dienstag ausgezählt sein werden, gibt es bereits erste Hochrechnungen mit Wahlkartenprognose:
Demnach kommt die Wiener SPÖ auf 42,2 Prozent der Stimmen und legt um 2,6 Prozentpunkte zu. Die Roten haben damit die Wahl klar für sich entschieden und haben nun mehrere Koalitionsoptionen. Die ÖVP konnte sich im Vergleich zur letzten Wahl 2015 verdoppeln und kommt auf 18,8 Prozent. Mit 14 Prozent und einem Zuwachs von 2,2 Prozentpunkten kommen die Grünen auf den dritten Platz und auch die NEOS legen von 6,2 auf 7,8 Prozent zu. Die ehemals starke FPÖ stürzt von 30 auf 7,7 Prozent ab. Heinz-Christian Strache dürfte mit seiner Partei den Einzug in den Gemeinderat verpasst haben. Laut Hochrechnung kommt das Team Strache auf 3,6 Prozent. Die übrigen Kleinparteien (LINKS, SÖZ und die Bierpartei) sind überraschend stark und kommen gemeinsam auf über fünf Prozent der Stimmen.
Laut vorläufigen Ergebnissen entfallen auf die SPÖ 47 Mandate – das sind drei mehr als bisher. Die bisher zweitstärkste Partei im Gemeinderat, die FPÖ, verliert 25 Mandate und bekommt nur mehr 9. Die ÖVP gewinnt indessen 7 Mandate und kommt auf 20. Die Grünen bekommen 5 Mandate mehr und haben jetzt 15 und die NEOS kriegen 9 (plus vier Mandate).
Große Anzahl an Wahlkarten erschwert Prognose
In den Hochrechnungen ist bereits eine Schätzung der Briefwahlstimmen inkludiert, die ab Montag ausgezählt werden. Dieses Jahr gab es einen Rekord an Briefwählern: Insgesamt wurden in Wien 382.214 Wahlkarten ausgestellt, was auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist. Laut Hochrechnern entspricht das etwa 40 Prozent der Stimmen. Aus diesem Grund sind die Prognosen in der Hochrechnung nicht ganz so sicher wie üblich.
Größte Partei sind die Nichtwähler
Im Vergleich zur letzten Wahl dürfte die Wahlbeteiligung gesunken sein. Waren es 2015 noch knapp drei Viertel der Wienerinne und Wiener, die zur Urne geschritten sind, wird die Wahlbeteiligung diesmal auf 62,7 Prozent geschätzt.
Das bedeutet auch, dass rund 435.000 Menschen keine oder eine ungültige Stimme abgegeben haben. Damit ist die Gruppe der Nichtwähler dieses Jahr die größte Partei. Laut Wählerstromanalyse des Sozialforschungsinstituts SORA wanderten viele, die ehemals SPÖ oder FPÖ gewählt haben, ins Lager der Nichtwähler.
Endgültiges Ergebnis frühestens Montagabend zu erwarten
Erst Montagfrüh beginnt die Auszählung der zahlreichen Wahlkarten, das Endergebnis wird frühestens Montagabend erwartet, es kann aber auch Dienstag werden. Denn auch für jene, die die Stimmen auszählen, gelten CoV-Sicherheitsmaßnahmen wie Mindestabstände und Ähnliches.
Das Coronavirus hat übrigens nicht nur Einfluss auf die Stimmabgabe, sondern macht auch den Parteien bei der Gestaltung des Tages einen Strich durch die Rechnung: Sämtliche Wahlfeiern wurden abgesagt.
(ORF, APA)