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Recht

11.12.2020

Nationalrat beschließt Hass-im-Netz- Paket

Gestern Mittwoch, hat der Nationalrat das neue Gesetzespaket zu „Hass im Netz“ beschlossen. Am 1. Jänner 2021 sollen die neuen Regeln dann in Kraft treten. Kernpunkt des neuen Pakets ist das Kommunikationsplattformen-Gesetz: Plattformen mit mehr als 100.000 registrierten Usern und einem Umsatz von zumindest 500.000 Euro (im Vorjahr) werden dazu verpflichtet, klar rechtswidrige Inhalte binnen 24 Stunden nach Meldung zu entfernen. In nicht eindeutigen Fällen haben die Betreiber eine Woche Zeit, die Inhalte im Detail zu prüfen. Forenbeiträge bei österreichischen Medienunternehmen und Wikipedia sind im Gesetz aber explizit ausgenommen.

Von Hass im Netz sind in den vergangenen Jahren und Monaten zunehmend auch Bürgermeister und Gemeindemandatare betroffen. Die Hälfte der Beschimpfungen und Verleumdungen gegen Bürgermeister kommen dabei aus dem Netz. Das ist nicht nur in Österreich so, sondern international zu beobachten. Daher sind die straf- und medienrechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz auch aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes ein notwendiger Schritt.

Um welche Straftatbestände geht es?

Konkret genannt werden als Straftatbestände von Hass im Netz unter anderem

  • Nötigung,
  • gefährliche Drohung,
  • beharrliche Verfolgung,
  • fortdauernde Belästigung (Cybermobbing),
  • Beleidigung,
  • Erpressung,
  • verschiedene Terrorismus-Tatbestände,
  • Verhetzung und
  • Verstöße nach dem NS-Verbotsgesetz.

Strafrahmen zehn Millionen Euro

Betroffene können künftig ein Formular, das von der Website des Justizministeriums heruntergeladen werden kann, ausfüllen und an das Gericht schicken. Der Richter kann ohne mündliche Verhandlung und Anhörung der Gegenseite einen Unterlassungsauftrag erteilen, wenn sich die Rechtsverletzung schlüssig aus den Angaben ableiten lässt. Der Auftrag richtet sich gegen den Täter und die Plattform. Sollten sie die Beleidigungen nicht löschen, drohen den Plattformen Strafen bis zu zehn Millionen Euro.

Plattformen, auf die das Gesetz zutrifft, müssen einen verantwortlichen Beauftragten ernennen, dem zum Beispiel Klagen zugestellt werden können. Bisher war es oft schwierig, einen Verantwortlichen ausfindig zu machen, sodass Opfer von Hasspostings lange auf die Löschung warten mussten.
Zudem müssen die Betreiber regelmäßig Berichte vorlegen, wie oft Meldungen über Hasspostings eingehen und wie viele davon gelöscht werden. Diese müssen viermal jährlich veröffentlicht und ständig auffindbar sein, wie es im Gesetzesentwurf heißt.

Wer kann gegen Hasspostings vorgehen?

Das Gesetz sieht auch strafrechtliche Verschärfungen vor. Der Tatbestand der Verhetzung bezieht sich künftig nicht mehr nur auf Völkergruppen, sondern wird auf einzelne Personen, die diesen Gruppen angehören, ausgeweitet.

Ebenfalls neu ist, dass nun jene Personen, die Hasspostings ausgesetzt wurden, zivilrechtlich – ähnlich dem strafrechtlichen Mandatsverfahren – dagegen vorgehen können.

Recht auf Auskunft

Es ist aber auch ein Schutz gegen „Overblocking“ vorgesehen: Damit ist gemeint, dass ein User das Recht hat, eine Überprüfung anzufordern, wenn er der Meinung ist, dass sein Kommentar oder Posting zu Unrecht gelöscht worden ist. Dieses Recht auf Auskunft haben auch jene, die einen vermeintlichen Hasskommentar melden, ohne dass die Seitenbetreiber reagieren.

„Rechtsstaat gilt auch im Internet“

Mit den Maßnahmen soll die „Gesprächskultur im Netz“ wieder zurückgewonnen werden, sagte Justizministerin Alma Zadić bei der Präsentation des Gesetzespakets. Es werde klargestellt, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, sondern auch dort der Rechtsstaat gelte, betonte Zadić.

„Die Meinungsfreiheit wird weiter gewährleistet. Strafen gibt es nicht, wenn eine Plattform einmal ein Posting nicht löscht, sondern nur bei systematischen Verletzungen.“ – Verfassungsministerin Karoline Edtstadler

Hass im Netz aus Sicht des Gemeindebundes

Sehr zu begrüßen ist grundsätzlich die in §20 Abs 2 ABGB vorgesehene Aktivlegitimation des Arbeitgebers, der vom Betroffenen unabhängig Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend machen kann, wenn durch die Verletzung seine eigene Rechtssphäre beeinträchtigt wird.

Auch die Gemeinde als Arbeitgeber ist von allen in den Erläuterungen angesprochenen Problemen betroffen. Es finden sich zunehmend weniger Menschen, die bereit sind, die verantwortungsvolle und für die Demokratie unerlässliche Funktion des Bürgermeisters oder Gemeinderats zu übernehmen. Jede Entscheidung der lokalen Verantwortungsträger kann zu Bedrohung und Beschimpfungen führen. Dies schadet dem Ansehen der Gemeinde als Arbeitgeber und Institution. Auch Gemeindemandatare und Funktionäre sind nicht immun gegen psychische Erkrankungen. Viele in den Gemeinden tätige Personen üben ihre Funktion ehrenamtlich aus.

Forderung nach Stellungsnahme

Ob die Gemeinde in diesem Fall als Arbeitgeber iSd vorliegenden Entwurfs gilt, ist nicht klar.
Der Österreichische Gemeindebund fordert daher in seiner Stellungnahme an das Justizministerium in den Erläuterungen zum Gesetzespaket zu Hass im Netz klarzustellen, dass auch die Gemeinde in Bezug auf die bei ihr tätigen Personen aktivlegitimiert ist, unabhängig von einem klassischen Dienstverhältnis.

Warum Vereine und Gebietskörperschaften weniger schutzbedürftig als Unternehmen und deren Arbeitnehmer sind, ist nicht nachvollziehbar, sind doch vielfach ehrenamtlich tätige Funktionäre und Organe ungleich stärker exponiert.

Persönlich Betroffene fühlen sich oft nicht in der Lage, selbst gegen die Schädiger vorzugehen. Das Wissen, dass der „Arbeitgeber“ selbst gegen die Schädiger vorgehen kann, stellt für viele Betroffene eine Erleichterung dar.

Auch Gebietskörperschaften und Vereine haben ein maßgebliches Interesse, weiterhin Menschen zu finden, die Tätigkeiten ehrenamtlich ausführen. Der vorliegende Gesetzesentwurf verkennt offensichtlich den Wert dieser Tätigkeiten, wenn Gemeinden und ihre Gemeindemandatare, Feuerwehren und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr oder Rettungsorganisationen und ihre ehrenamtlichen Rettungssanitäter schlicht nicht berücksichtigt werden. In diesem Bereich bleibt also eine Erweiterung zu wünschen übrig, in Summe ist das strengere Vorgehen gegen Hass im Netz allenfalls ein wichtiger Schritt.

-S.PEISCHL/H.REINDL

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