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19.03.2021

19 Prozent mehr Arbeitslose im Corona-Jahr

Das Jahr 2020 traf den Arbeitsmarkt hart: Das belegen nun auch offizielle Zahlen Statistik Austria. In der neu veröffentlichten Arbeitsmarktstatistik für das Jahr 2020 werden um 58.100 weniger Erwerbstätige gezählt als noch im Jahr 2019, die Zahl der Arbeitslosen stieg damit um 19%. Die Zahl erwerbstätiger Personen lag im Jahr 2020 mit 4.296.900, die Zahl der Arbeitslosen bei 243.500 Personen.

Die finalen Ergebnisse der Arbeitskräfteerhebung von Statistik Austria zeigen weiter, dass die „stille Arbeitsmarktreserve“ um 52,0% auf 154.700 Personen gestiegen ist. Die Zahl der offenen Stellen sank im Vergleich zum Vorjahr um ein Fünftel (-25.600 bzw. -20,0%) und lag im Jahr 2020 bei 102.600.

„Im Corona-Jahr 2020 ist der Rückgang der Beschäftigungszahlen wesentlich geringer ausgefallen als der von geleisteten Arbeitsstunden, die regelrecht eingebrochen sind. Dabei hat die Kurzarbeit ihre Wirkung gezeigt“, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Starker Rückgang bei Erwerbstätigen

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 stieg die Zahl der Erwerbstätigen Jahr für Jahr. Bedingt durch die COVID-19-Pandemie und den damit einhergehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen kam es erstmals seit Mitte März 2020 zu einem Rückgang: Im Jahr 2020 waren nach internationaler Definition 4.296.900 Personen erwerbstätig, um 58.100 bzw. 1,3% weniger als 2019. Vor dem Hintergrund, dass um 649 Millionen bzw. um rund 9% weniger Arbeitsstunden geleistet wurden als im Vorjahr, scheinen Kurzarbeit und Corona-Wirtschaftshilfen einen stärkeren Abbau der Beschäftigungszahlen verhindert zu haben.

Die Erwerbstätigenquote für das Haupterwerbsalter (15 bis 64 Jahre) lag bei 72,4% und somit um 1,2 Prozentpunkte unter dem Niveau von 2019. Die Erwerbstätigenquote der Frauen ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte auf 68,3% gesunken, jene der Männer dagegen um 1,5 Prozentpunkte auf 76,5%.

Einige Branchen waren von Lockdowns und Beschränkungen stärker betroffen als andere: Die stärksten Rückgänge bei der Anzahl der Erwerbstätigen im Vergleich zu 2019 wurden in den Branchen Beherbergung und Gastronomie (-15,4%), Kunst, Unterhaltung und Erholung (-5,5%) sowie Erbringung sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen (-5,2%) verzeichnet.

Arbeitslosigkeit in ÖsterreichJahresdurchschnitt 2020Jahresdurchschnitt 2019
Arbeitslose insgesamt243.500204.600
Arbeitslosenquote insgesamt5,4%4,5%
Arbeitslosenquote Männer5,5%4,6%
Arbeitslosenquote Frauen5,2%4,4%
Arbeitslosenquote Jugendliche (15 bis 24 Jahren)10,5%8,5%
Arbeitslosenquote Ältere (55 bis 64 Jahre)4,0%3,4%
Arbeitslosenquote Österreichische Staatsangehörige4,0%3,6%
Arbeitslosenquote Ausländische Staatsangehörige11,6%9,1%

Jüngere und ausländische Staatsangehörige besonders betroffen

In nahezu allen Altersgruppen sind die Erwerbstätigenquoten im Vergleich zu 2019 gesunken, am deutlichsten aber bei den 20- bis 24-Jährigen (-2,5 Prozentpunkte) und hier insbesondere bei Männern (Männer: -4,4 Prozentpunkte; Frauen: -0,7 Prozentpunkte). Die Betrachtung nach Staatsangehörigkeit zeigt, dass die Erwerbstätigenquote der Österreicherinnen und Österreicher im Jahr 2020 mit 74,1% um 0,9 Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau lag, bei den nicht-österreichischen Staatsangehörigen mit 65,1% jedoch um 1,7 Prozentpunkte darunter.

Arbeitslosigkeit deutlich über dem Vorjahresniveau

Insgesamt waren im Jahr 2020 nach internationaler Definition 243.500 Personen arbeitslos. Die Arbeitslosigkeit stieg coronabedingt somit um 38.900 Personen bzw. 19,0% über das Vorjahresniveau. Die Arbeitslosenquote nach ILO-Definition lag mit 5,4% um 0,9 Prozentpunkte über dem Vorjahr. Bedingt durch unterschiedliche Konzepte ist die Arbeitslosigkeit nach internationaler Definition niedriger als die vom Arbeitsmarktservice (AMS) veröffentlichte, der die nationale Definition von Arbeitslosigkeit zugrunde liegt (siehe Informationen zur Methodik). Beide zeigen jedoch einen deutlichen Anstieg zum Vorjahr.

In den Arbeitsmarktdaten nach internationaler Definition zeigten sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch in einer starken Zunahme der Personen in der „stillen Reserve“ des Arbeitsmarkts. Diese Gruppe umfasst Personen, die nicht erwerbstätig sind, keine Arbeit gesucht haben, aber grundsätzlich gerne erwerbstätig gewesen wären und auch innerhalb von zwei Wochen eine neue Tätigkeit aufnehmen könnten. Diese Gruppe hat sich im Jahresdurchschnitt von 101.800 Personen im Jahr 2019 auf 154.700 um mehr als die Hälfte (+52,0%) vergrößert.

Nach ILO-Definition war der Anstieg der Arbeitslosenquote bei ausländischen Staatsangehörigen mit einem Plus von 2,6 Prozentpunkten auf 11,6% deutlich stärker als bei Österreicherinnen und Österreichern (+0,4 Prozentpunkte auf 4,0%). Überdurchschnittlich stark ist die Arbeitslosenquote auch bei Personen mit höchstens Pflichtschulabschluss auf 12,7% (+1,6 Prozentpunkte) gestiegen, dabei waren vor allem Frauen häufiger arbeitslos als im Jahr zuvor (+2,2 Prozentpunkte).

Quartalsvergleich: stärkster Beschäftigungsabbau im 2. Quartal

Im 2. Quartal 2020 brach die Zahl der Erwerbstätigen im Zuge des ersten Lockdowns im Vergleich zum Vorjahresquartal um 3,0% ein. Mit dem Wiederhochfahren der Wirtschaft und dem Einsetzen des Sommertourismus verringerte sich der Beschäftigungsabbau im 3. Quartal auf -0,7% gegenüber dem Vorjahresniveau. Mit dem neuerlichen Lockdown ab November und dem Ausbleiben der Saisonbeschäftigung im Wintertourismus sank die Beschäftigung im 4. Quartal erneut und lag um 1,3% unter dem Vorjahr. Damit wurden die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 deutlich übertroffen (siehe Grafik).

Im 1. Quartal 2020 waren die Folgen der Pandemie auf den Arbeitsmarkt noch kaum spürbar, im 2. Quartal stieg die Arbeitslosigkeit aber signifikant auf insgesamt 251.600 Personen (+24,6% gegenüber 2. Quartal 2019) an. Im 3. und 4. Quartal blieb die Zahl der Arbeitssuchenden hoch. Im Vergleich zu den Vorjahresquartalen lag die Zahl der Arbeitslosen um 29,3% (3. Quartal) bzw. 31,3% (4. Quartal) über dem jeweiligen Vorjahresniveau. Die Arbeitslosenquote nach ILO-Definition rangierte im 4. Quartal mit 5,5% um 1,3 Prozentpunkte über dem Vorjahr.

Bei der „stillen Arbeitsmarktreserve“ spiegelt sich das Muster von Lockdown, Erholung und erneutem Lockdown: Im 2. Quartal 2020 hatte sich die „stille Reserve“ im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt (+116,5%). Im 3. Quartal lag sie „nur“ um 17,5% über dem Vorjahresniveau, im 4. Quartal aber mit insgesamt 150.500 Personen wieder um 80,3% über dem Vorjahresquartal.

Leichter Anstieg bei coronabedingtem Homeoffice im 4. Quartal

Im 4. Quartal 2020 hat ein Viertel der Erwerbstätigen von zu Hause aus gearbeitet (25,5% bzw. 932.200 Personen), das entspricht einem Anstieg von knapp 6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal. Ebenfalls gestiegen ist der Anteil jener, die aufgrund der Pandemie von zu Hause aus gearbeitet haben, nämlich um 7,4 Prozentpunkte auf 15,9%. Wie sich bereits in den beiden Vorquartalen gezeigt hat, wird mit steigendem Bildungsniveau und mit höherer beruflicher Qualifikation häufiger von zu Hause aus gearbeitet. Männer und Frauen waren dabei gleich häufig im Homeoffice.

-REDAKTION, (Quelle: STATISTIK AUSTRIA)

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