Im Hobbygartenbereich aber auch in der öffentlichen Grünraumpflege herrscht leider nach wie vor die übliche Praxis, nach der Entfernung eines Astes Wundverschlussmittel auf die verbleibende Wunde aufzutragen. Leider schadet das dem Baum in den meisten Fällen mehr als es ihm nutzt!
Woher kommt dann aber dieses Bestreben den Baum quasi zu „verbinden“? Vielleicht spielt da eine falsch verstandene Analogie zur Wundversorgung beim Menschen eine Rolle. Verletzt sich etwa ein Kind, wird die Wunde desinfiziert und mit einem Pflaster oder einem Verband versorgt.
Ein Mensch besteht jedoch im Gegensatz zu einem Baum aus lebendigem Gewebe. Wunden verschließen sich mit einer Blutkruste, darunter bildet sich Narbengewebe und neue Haut.
Baumschnitt: so nicht! (Foto: Daniela Tüchler)
Wie ist der Baum aufgebaut:
Ein ausgewachsener Baum besteht jedoch zu einem großen Teil aus toten, abgestorbenen Zellen. Dieses sogenannte „Kernholz“ im Inneren des Stammes oder dicker Äste verleiht dem Baum die notwendige Stabilität, ist aber nicht regenerationsfähig. Nur ein schmaler Ring zwischen der äußeren Schutzschicht, die aus Borke und Bast besteht, und dem Kernholz setzt sich aus teilungsfähigem Gewebe (dem Kambium) zusammen. Schneidet man einen Ast ab, so hat der Baum nur die Chance, diese Wunde mit dem Kambium zu überwachsen, indem in diesem Bereich verstärkt Wundholz gebildet wird. Dieses Überwallen kann mitunter Jahre dauern, bis die Wunde komplett verschlossen wurde. Je länger das tote Holz offen liegt, desto eher können Bakterien oder Pilze das Holz besiedeln und zersetzen. Diese Zersetzung schreitet im Laufe der Zeit ins Innere des Baumes fort und es entstehen Hohlräume. Genau aus diesem Grund sollten dickere Äste nicht abgeschnitten werden!
Daran ändert auch der Einsatz von Wundverschlussmitteln nichts. Durch den Einfluss von Witterungsbedingungen wie Hitze, Kälte, Frost, UV Licht entstehen erst recht Risse im Wundverschluss, durch die Feuchtigkeit eindringen kann. Abgesehen davon ist die Schnittstelle von Beginn an ja nicht steril. Durch das Aufbringen der Mittel werden immer auch Mikroben eingeschlossen, welche in dem geschützten, oft feuchten Milieu erst recht gut wachsen können und das Holz zersetzen. Ähnlich wie Brot im Plastiksackerl eher verschimmelt als an offener Luft!
Grundvoraussetzung für eine gute Wundheilung ist, dass keine größeren Äste abgeschnitten werden (Durchmesser max. 10 cm), dass ein sauberer Schnitt ohne Verletzung des Astkragens durchgeführt wird, sowie der richtige Schnittzeitpunkt gewählt wird, wie wir das im letzten Beitrag ausgeführt haben.
Nähere Informationen zum Thema „Baumschnitt“ finden Sie unter https://www.naturimgarten.at/gehoelze.pdf
Weitere Informationen erhalten Sie beim Grünraumservice von „Natur im Garten“ 02742-74333
– I.WEIPPL (Quelle: Natur im Garten, entgeltliche Einschaltung des Landes Niederösterreich)