Mit der Beschlussfassung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) im Sommer 2021 leitete der österreichische Gesetzgeber die Energiewende im Strombereich ein. Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2040 gilt es gleichermaßen im Wärmesektor die Wende voranzutreiben.
Kurz vor dem Sommer 2022 schickte das Klimaschutzministerium den Entwurf eines Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWG) in Begutachtung. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens konnte der Österreichische Gemeindebund einen ersten Blick auf das Gesetzesvorhaben werfen.
Aus für fossile Heizsysteme bis spätestens 2040
Das Ölkesseleinbauverbotsgesetz 2019 (ÖKEVG 2019) verbietet bereits seit 2020 den Einbau von Öl-, Kohle- und Flüssiggasheizungen in Neubauten.
Ab 1. Jänner 2023 soll das ÖKEVG 2019 durch das EWG abgelöst werden. Mit dem Inkrafttreten des EWG soll dann in Neubauten neben Öl-, Kohle- und Flüssiggasheizungen weiters der Einbau von Gasheizungen verboten sein. Das EWG nimmt sich zudem auch die bestehenden Heizungsanlagen in bestehenden Baulichkeiten vor und wird eine Pflicht zur Stilllegung beziehungsweise zum Austausch von Öl-, Kohle- und Gasheizungen bringen. Konkret werden von dieser Verpflichtung rund 1,9 Millionen mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizungsanlagen betroffen sein.
Eingriff in bestehende Rechte
Für die betroffenen Anlageneigentümer bedeutet dies einen nicht unbedeutenden Eingriff in bestehende Rechte. Im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährte Grundrecht auf Eigentumsfreiheit wie auch auf den Vertrauensschutz muss der Bundesgesetzgeber für so ein Vorhaben angemessene Übergangsfristen berücksichtigen. Der Entwurf zum EWG sieht deshalb einen zeitlich gestaffelten Stufenplan zum Ausstieg aus fossilen Energien in der Raumwärmeversorgung vor.
Ab 2025 werden fossile Heizsysteme, die ein bestimmtes Alter erreicht haben, klassifiziert nach Altersgruppen innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums dauerhaft außer Betrieb zu nehmen sein; dies ungeachtet ihrer Funktionsfähigkeit und der technischen Möglichkeit für einen Weiterbetrieb. Bis spätestens 30. Juni 2035 sollen dann sämtliche Öl- und Kohleheizungen und bis spätestens 30. Juni 2040 sodann die letzten mit fossilem Gas betriebenen Heizungen stillgelegt sein. Damit sollen spätestens ab dem 1. Juli 2040 sämtliche Gebäude in Österreich nur noch mit erneuerbaren Energieträgern beheizt werden.
Oft fehlt es an Fernwärmeanschlüssen
Auf die Gebäudeeigentümer – und damit auch auf die Gemeinden mit ihren rund 60.000 gemeindeeigenen Gebäuden – werden in den nächsten Jahren große Herausforderungen zukommen. Sie werden bis zu den gesetzlich festgelegten Terminen ihre mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungsanlagen stillzulegen und durch Anlagen, die mit erneuerbaren Energieträgern zu betreiben sind, zu ersetzen haben.
Diese Aufgabe stellt sich derzeit alles andere als trivial dar. Nicht in jedem Gebäude findet sich bis dato der für alternative Heizsysteme benötigte Raumbedarf. Viele Gebäude sind fernab von Anschlussmöglichkeiten für Nah- oder Fernwärme. Ganz zu schweigen davon, woher all die benötigten erneuerbaren Energieträger künftig kommen sollen.
Aber auch die aktuelle Marktsituation mit den Engpässen in den Lieferketten und der Fachkräftemangel sind herausfordernd. Nach einer aktuellen Einschätzung müsste allein zur Erreichung der Gasfreiheit bis 2040 in den nächsten 18 Jahren durchschnittlich alle 20 Minuten – auch nachts und am Wochenende – eine Gastherme ausgetauscht werden. Zum anderen stehen die betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer aber auch noch vor finanziellen Herausforderungen. In Zeiten einer ohnehin hohen Inflation und Teuerung werden sie zusätzlich finanziell belastet.
Herausforderungen für Gemeinden
Welche behördlichen Aufgaben kommen mit dem EWG auf die Gemeinden zu?
Neben der Verpflichtung zur Umrüstung der bestehenden Heizungen ist zu erwarten, dass mit dem EWG zudem behördliche Aufgaben auf die Gemeinden zukommen werden. Nachdem das EWG für die behördlichen Aufgaben keine Zuständigkeiten normiert, sondern dies den Landesgesetzgebern überlässt, kann zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht ausgeführt werden, mit welchen zusätzliche Verwaltungsaufgaben die Gemeinden konkret beauftragt werden.
Abseits der grundsätzlichen – von den Landesgesetzgebern zu regelnden – Frage, welche Behörde das EWG zu vollziehen haben wird, enthält der Gesetzesentwurf mit der Mitteilungs-, der Informationsverpflichtung und der Datenerfassung sowie der Vollziehung von Ausnahmetatbeständen konkrete behördliche Aufgaben.
- Mitteilungs- und Informationsverpflichtung: Die Mitteilungsverpflichtung sieht vor, dass die erstmalige Inbetriebnahme von Heizungen mit fossilen Brennstoffen und deren wesentliche Änderung und Stilllegung in bestehenden Gebäuden der zuständigen Behörde unter Angabe des eingesetzten Brennstoffs oder Energieträgers, des Standorts sowie der Eigentümer des Gebäudes zu melden sind.
Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass ohne Kenntnis der Behörde kein fossiles Heizsystem mehr eingebaut wird. Demgegenüber hat die zuständige Behörde in geeigneter Form die Gebäudeeigentümer in ihrem Zuständigkeitsbereich über die Verpflichtung zur Stilllegung ihrer fossilen Heizungsanlagen zu informieren. Die konkrete Ausgestaltung dieser Informationsverpflichtung obliegt einmal mehr den Landesgesetzgebern. Nach den Erläuterungen kann die Information beispielsweise im Wege von Gemeindeschreiben, Veröffentlichungen in der Gemeindezeitung oder der Amtstafel erfolgen. - Datenerfassung: Spätestens drei Jahre nach dem Inkrafttreten des EWG sollen den zuständigen Behörden zu sämtlichen im Zuständigkeitsbereich befindlichen Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen zumindest die Daten zum Standort, zum Alter der Anlage, zum eingesetzten Brennstoff, zur Leistung sowie zur Art der Anlage (zentral oder dezentral) vorliegen.
Nachdem die Daten in diesem Umfang aktuell nicht vorliegen, wird es in den nächsten Jahren umfangreicher Erhebungen bedürfen. Der Landesgesetzgeber wird darzulegen haben, welche Behörde oder Stelle (z. B. die Rauchfangkehrer) die Daten zu erheben und zu verarbeiten hat.
Ebenso bleibt vorerst spannend, ob sich die Länder auf eine gemeinsame Datenbank einigen werden können. Aus Sicht des Österreichischen Gemeindebundes wäre eine bundeseinheitliche Datenbank jedenfalls wünschenswert. - Vollziehung von Ausnahmetatbeständen: Wie bereits erwähnt, bringen die mit dem EWG verbundenen Verpflichtungen große Herausforderungen mit sich. Zur Abfederung unbilliger Härten im Einzelfall enthält der Entwurf deshalb Ausnahmetatbestände. Auf Antrag der Gebäudeeigentümer:innen kann die Behörde von den Stilllegungs- und Austauschverpflichtungen für einen befristeten Zeitraum absehen.
Diese Ausnahmetatbestände sind:
- Objektiver Ausnahmetatbestand: Nachweis, dass im Anlassfall keine Heizungsanlage gemäß dem Anhang I zum EWG-Entwurf eine zumutbare Form der Sicherstellung einer funktionierenden Wärmeversorgung darstellt. Der Nachweis ist von einer befugten Fachperson zu erstellen und zu unterzeichnen.
- Technischer Notstand: Wenn aufgrund eines technischen Gebrechens die Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage nicht mehr gegeben ist und die Umstellung auf eine alternative Heizungsanlage zu einer unvertretbar langen Unterbrechung der Wärmeversorgung führen würde. In diesem Fall kann eine vorübergehende Überbrückung der Wärmeversorgung durch eine mit einem fossilen Brennstoff betriebene Heizungsanlage von höchstens 12 Monaten zulässig sein.
- Persönlicher Ausnahmetatbestand: Eine Gesamtbeurteilung der individuellen Lebenssituation einer Person in einem Ein- oder Zweifamilienhaus ergibt, dass dieser Person aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit oder ihres gesundheitlichen Zustands der Umstieg auf eine alternative Heizungsanlage nicht zugemutet werden kann. Diese Ausnahme richtet sich beispielsweise an bettlägerige Personen, für die Umbauarbeiten zu einer zusätzlichen Belastung führen würden, die aus medizinischer Sicht nicht vertretbar wäre.
Auf dem Weg zur Wärmewende werden die Gemeinden eine zentrale Rolle einnehmen. Das Klimaschutzministerium möchte mit dem vorliegenden Entwurf zum EWG ein äußerst ambitioniertes Vorhaben umsetzen.
Zur Erreichung der angestrebten Klimaneutralität bis 2040, aber auch in Bezug auf eine Reduktion der Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern bedarf es unzweifelhaft nach der bereits eingeleiteten Wende des Stromsektors nun der Transformation des Wärmebereichs.
Ein solches Vorhaben mit seinen knappen Zeiträumen darf jedoch nicht die Realität und die Machbarkeit außer Acht lassen. Nicht jede technisch verfügbare Alternative lässt sich an jedem Standort technisch und finanziell umsetzen. Die Bevölkerung darf bei der Umsetzung der sich aus dem EWG ergebenden Verpflichtungen nicht alleine gelassen werden. Hier braucht es praktikable Lösungen und Unterstützungen.
Stilllegung betrifft auch Gemeinden
Auch der Vollzug des EWG wird angesichts der großen Anzahl der Heizungsanlagen – laut Schätzung des Umweltbundesamtes werden jährlich bis zu 80.000 Heizungen stillzulegen sein – die zuständigen Behörden massiv treffen. Die Gemeinden werden ganz wesentlich davon betroffen sein.
Es liegt an den Landesgesetzgebern, klare und praktikable Regelungen zu schaffen, die einen Vollzug ohne unnötigen Verwaltungsaufwand zulassen.
Für die Gemeinden muss sichergestellt werden, dass die Kosten für die Administration und Abwicklung der ihnen mit dem EWG und den dazu erlassenen Landesgesetzen übertragenen behördlichen Aufgaben ersetzt werden. Vor Beschlussfassung des EWG sollte der vorliegende Entwurf in dieser Hinsicht noch nachgeschärft werden.
-M. PICHLER
Über den Autor
Mathias Pichler ist Fachreferent in der Abteilung Recht & Internationales des Österreichischen Gemeindebundes.