Mitte September machte sich eine Delegation des Präsidiums des Österreichischen Gemeindebundes gemeinsam mit dem Europaausschuss auf nach Deutschland, um mit Kolleginnen und Kollegen vor Ort die aktuellen kommunalen Herausforderungen zu diskutieren. Normalerweise besucht der Gemeindebund das aktuelle EU-Vorsitzland. Die Reise nach Tschechien steht erst im Oktober am Programm, aber der Besuch bei den Kollegen in Deutschland musste aufgrund der Corona-Pandemie mehrmals verschoben werden.
Unser großes Nachbarland führte den EU-Vorsitz schon im zweiten Halbjahr 2020. Nichtsdestotrotz war es dem Gemeindebund ein wichtiges Anliegen, in und rund um Berlin mit Gemeindevertretern zusammenzutreffen. Abgerundet wurde die Bildungsreise mit einem Besuch der Gemeinde Teltow, des Brandenburger Landtags in Potsdam, des Deutschen Bundestags, des DDR-Museums und des ehemaligen Flughafens Teltow.
Deutsche Gemeinden mit denselben Problemen wie wir
Über unser Nachbarland Deutschland braucht man an dieser Stelle wahrscheinlich nicht allzu viel erzählen. Die Bundesrepublik ist wichtigster Handelspartner Österreichs und damit wirtschafftlich eng verwoben. Ein geflügeltes Sprichwort bringt die starken Verbindungen auf den Punkt: „Wenn der große Nachbar hustet, hat Österreich Schnupfen!“ Bei einer gemeinsamen Diskussion mit dem Präsidenten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Ralph Spiegler und Vertretern der Geschäftsstelle zeigte sich auch klar und deutlich, dass die kommunalen Probleme und Herausforderungen hier wie dort eins zu eins dieselben sind. Die insgesamt 10.796 Gemeinden leiden auch unter der Inflation und horrend steigenden Energiekosten. Der Städte- und Gemeindebund warnt bereits vor einer Erschöpfung der Kommunen, die ihre Leistungen bald nicht mehr stemmen werden können.
Vier Milliarden Euro Energiekosten
In Sachen Energiesparen sind die Gemeinden in Deutschland auch gefordert, wie bei uns. Unterschied ist, dass sie verpflichtet sind mindestens 20 Prozent an Energie einzusparen. Mit den 176.000 kommunalen Gebäuden haben die Gemeinden gesamt bisher vier Milliarden Euro an Energiekosten aufgewendet. So hat eine mittelgroße Stadt in Brandenburg eine Steigerung der Energiekosten von 200.000 Euro pro Jahr auf zwei Millionen Euro zu stemmen. Die Stromkosten steigen von 5,8 Cent auf 55 Cent pro kWh. Der Bürgermeister der 28.000-Einwohner-Gemeinde Teltow, Thomas Schmid, berichtete, dass seine Gemeinde nach der vierten Ausschreibung immer noch keinen Energieanbieter hat, was die Situation für das Budget noch unberechenbarer macht.
In Sachen Erneuerbarer Energie gibt es intensive Debatten zwischen Bund, Ländern und Kommunen. So sollen zwei Prozent der Gesamtfläche für den Ausbau von Windenergie zur Verfügung stehen. Die Gemeinden – hier am Beispiel Teltow im Berliner Umland – sehen auch viele Standortvorteile durch den Ausbau von Erneuerbaren Energien, wiewohl sie genauso wie in Österreich immer wieder mit sogenannten „NIMBY-Debatten“ („Not in my backyard“ – Übers. „Nicht in meinem Garten“) zu kämpfen haben.
Es fanden auch Gespräche mit Kommunalsprechern des Brandenburger Landtages und des Deutschen Bundestages statt. Bernhard Daldrup, Mitglied des Bundestages und Kommunalsprecher der regierenden SPD führte unsere Delegation durch das Bundestagsgebäude und diskutierte im Anschluss mit uns über aktuelle Themen, wie Energiesparen, Finanzen und Datenschutz.
-A. STEINER