Im Auftrag des Österreichischen Gemeindebundes hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) einen Rückblick auf das Jahr 2021 sowie eine Vorschau auf die Entwicklung der Budgetsituation der österreichischen Gemeinden in den Jahren 2023 und 2024 erstellt. „Im Rückblick zeigt sich deutlich: Trotz der vielen Herausforderungen durch die COVID-Pandemie, hat sich die finanzielle Lage der Kommunen im Jahr 2021 deutlich entspannt. Die Rechnungsabschlüsse zeigen nicht nur steigende Einnahmen für die Gemeinden und Städte, sondern einen erfreulichen Rekord bei den kommunalen Investitionen. Als regionale Konjunkturmotoren haben die Gemeinden ohne Wien auch im Jahr 2021 insgesamt 3,07 Milliarden Euro in den Regionen investiert. Eine Steigerung von 11,1 Prozent. Damit haben wir mehr als 30.000 Arbeitsplätze gesichert und in der Krise vor allem die lokale Wirtschaft gestärkt. Die Zahlen bestätigen schwarz auf weiß, dass die Hilfspakete des Bundes und der Länder genau zur richtigen Zeit den Gemeinden unter die Arme gegriffen haben“, erläutert Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl.
Blick zurück aufs Jahr 2021
Einige interessante Kennzahlen: Gemäß den Rechnungsabschlüssen erzielten die Gemeinden (ohne Wien) im Jahr 2021 Gesamteinnahmen von 23,01 Milliarden Euro (+7,3 Prozent zu 2020). Die Gesamtausgaben der Gemeinden (ohne Wien) beliefen sich auf 22,39 Milliarden Euro (+4,9 Prozent). Ein Blick auf die Ausgabengruppen zeigt, dass etwa die Aufwendungen der Gemeinden für Kindergärten, Schulen und Co. um +9,4 Prozent gestiegen sind. Mit einem Wachstum von +11,1 Prozent gegenüber 2020 haben die Gemeinden (ohne Wien) auch 3,07 Milliarden Euro in den Bau von Kindergärten, Schulen und kommunale Infrastrukturen investiert. Der Blick auf die Schuldenentwicklung zeigt, dass die Gemeinden wichtige Stabilitätsfaktoren im gesamtwirtschaftlichen Gefüge sind. Die Finanzschulden sind trotz der gestiegenen Investitionen minimal auf 13,1 Milliarden Euro angestiegen. Noch im Jahr 2020 hatten die Gemeinden einen Schuldenzugang von 978 Millionen Euro. Der Gemeindeanteil an den gesamtstaatlichen Schulden ging um 0,1 Prozent auf 3 Prozent zurück. Mit fast 84.000 Beschäftigten (= Vollzeitäquivalente) wird auch die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gemeinden als Arbeitgeber deutlich sichtbar. Im Durchschnitt beschäftigen die Gemeinden 12 Vollzeitäquivalente je 1.000 Einwohner.
Konjunkturelle Entwicklung 2023 bis 2024
Nach der Bewältigung der COVID-Krise zeichnete sich das abgelaufene Jahr 2022 durch unvorhersehbare geopolitische und ökonomische Entwicklungen aus. Hohe Inflationsraten sorgten für ein starkes Wachstum der Steuereinnahmen auch auf Gemeindeebene. „Nach einem durchaus starken BIP-Wachstum von +4,7 Prozent im Jahr 2022 erwarten wir für dieses Jahr de facto eine Stagnation der Wirtschaft (+0,3 Prozent) und für 2024 ein BIP-Wachstum von +1,8 Prozent. Von zentraler Bedeutung für die Gemeinden ist die Prognose der gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Es lässt sich klar feststellen, dass sich das inflationsgetriebene Wachstum der Steuereinnahmen weiter fortsetzen wird. Es wird nur durch die ökosoziale Steuerreform und die Abschaffung der kalten Progression eingebremst“, erklärt WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr.
Ertragsanteile und Kommunalsteuer
Im Jahr 2021 gab es bei den Gemeindeertragsanteilen ein Einnahmen-Plus von 16,6 Prozent, das die Verluste aus dem Jahr 2020 mehr als ausgleichen konnte. Im letzten Jahr stiegen die Einnahmen aus den Ertragsanteilen um +9 Prozent. Für die folgenden Jahre erwartet das WIFO Steigerungen von +4 Prozent (2023) und +4,3 Prozent (2024). Kam es im Jahr 2020 noch zu einem Rückgang bei der Kommunalsteuer, so stiegen die Einnahmen im Jahr 2021 um +5,9 Prozent auf 2,63 Milliarden Euro. Für 2022 wird ein Zuwachs von 9,1 Prozent erwartet. Das prognostizierte starke Lohn- und Beschäftigungswachstum wird 2023 und 2024 zu weiteren kräftigen Zuwächsen von +8,7% und +8,1% führen. Im Jahr 2023 könnte das Kommunalsteueraufkommen der Gemeinden ohne Wien erstmals die 3 Milliarden Euro Marke durchbrechen. Das Kommunale Investitionsprogramm für 2023 und 2024 unterstützt die Gemeinden und Städte mit neuerlich 1 Milliarde Euro bei den wichtigen Investitionen.
Wiewohl die Einnahmen der Gemeinden vor allem Inflationsbedingt steigen, weist WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr auch auf die steigenden Ausgaben der Gemeinden hin: „Aufgrund höherer Lohnabschlüsse spüren die Gemeinden auch einen Ausgabendruck bei den Personalaufwendungen. Desgleichen belasten steigende Energiepreise und höhere Kosten auch die kommunalen Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Auch steigende Zinsen belasten die Budgets der Kommunen, da ein großer Teil der Kredite der Gemeinden variabel verzinst sind.“ Die Zinsbelastung der Gemeinden ohne Wien lag im Jahr 2021 bei 134 Millionen Euro.
„Die Blick auf die Gemeindefinanzen zeigt für unsere Gemeinden ein durchaus divergierendes Bild. Wir sind gut durch das Krisenjahr 2021 gekommen. Die Entwicklungen des Jahres 2022 werden uns alle auch in den nächsten Jahren noch intensiv beschäftigen. Man kann es auch einfacher sagen: Die steigenden Einnahmen werden durch die steigenden Kosten für Energie, Bauen und Personal wieder aufgefressen“, ergänzt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. In Richtung FAG-Verhandlungen stellt Riedl außerdem neuerlich fest, dass die Gemeinden „mit dem Blick auf die Prognosen des WIFO und die vielen Aufgaben eindeutig mehr Geld brauchen werden.“ Im Zuge der FAG-Verhandlungen wird sich der Gemeindebund unter anderem für mehr Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung, für den öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum, für kleine und strukturschwache Gemeinden und einen raschen Glasfaserausbau einsetzen.