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05.07.2023

Seezugänge erhitzen die Gemüter

„Betreten verboten“, „Privatgrund“, „Baden verboten“ oder „Hier baden nur Gäste des Hauses“: Schilder wie diese stehen stellvertretend für eine Debatte über einen vermeintlichen Ausverkauf unserer Seen, die seit Jahren die Gemüter erregt. Außer vereinzelten Erhebungen gibt es keine Datengrundlage, die bei der Beantwortung der Frage, welche Uferflächen überhaupt in privater oder öffentlicher Hand sind, herangezogen werden kann.

Darüber, wie zugänglich ein See ist, entscheiden nicht nur die jeweiligen Landesgesetze , sondern natürlich auch die lokalen Gegebenheiten. So hat der Wörthersee beispielsweise sehr flache Uferstrecken, die früher landwirtschaftlich genutzt wurden und die sich dadurch schon sehr lange in Privatbesitz von Landwirten befinden. Heute gehört ein Großteil der Uferstrecken zu Hotels und ist als Privatstrand für Urlauber reserviert, oder gehört zu Wohnhäusern. Insgesamt sind 82 Prozent der Uferstrecke nicht öffentlich zugänglich – das macht den Wörthersee zu jenem See, dessen Ufer für die Allgemeinheit am unzugänglichsten sind.

Besonders intensiv wird die Diskussion am Attersee geführt. 76 Prozent der Atterseer Uferstrecke liegt auf privatem Grund. Für Kritik sorgen vor allem die vielen Zweitwohnsitze. Als Reaktion auf die Situation haben sich mehrere Initiativen zur Bewahrung freier Uferflächen formiert. Besonders deutlich zeigt sich die angespannte Lage in der Gemeinde Weyregg: Seit fast sieben Jahren laufen in Weyregg am Attersee Bemühungen, auf einem Grundstück im Besitz des Landes ein Hotel zu errichten. Der Grund für die Verzögerungen: Es gibt bis heute keine Umwidmung des 15.000 Quadratmeter großen Areals durch die Gemeinde Weyregg. Das vom Käufer vorgestellte Hotelprojekt sei von einigen Mitgliedern im Gemeinderat Weyregg sehr kritisch kommentiert und diskutiert worden.

Dass es auch anders geht, zeigt etwa Vorarlberg mit seinem Bodensee, dessen Uferstrecke fast gänzlich zugänglich ist. Neben einem strengen Naturschutzgesetz, das Verbauung oft verhindert, steht im Vorarlberger Straßengesetz geschrieben: „Ein 10 m breiter Streifen am Ufer des Bodensees, ausgenommen Bauwerke, darf von Fußgängern auch ohne Einverständnis des Grundeigentümers jederzeit betreten werden. Im Bereich dieses Streifens ist es untersagt, den freien Zugang zum Bodensee durch Errichtung von Zäunen oder sonstigen Maßnahmen zu versperren oder zu behindern“. Zwar kein See, aber ein beliebtes Badegewässer stellt auch die Donau in Wien dar: In der Hauptstadt gibt es über 60 Kilometer Uferfläche zum kostenlos baden.

An fast jedem See in Österreich gibt es ein Bekenntnis zum Erhalt freier Zugänge. In Bundesländern mit vielen Privatgrundstücken an den Ufern wird gerne auf die Sünden der Vergangenheit als Ursache verwiesen. Klar ist: Heute ist es nicht mehr einfach, Privatgrundstücke zurückzukaufen. Einerseits stehen Seegrundstücke nur selten zum Verkauf, andererseits sind die Preise für die Gemeinden oft zu hoch. Aber es ist auch klar: In dieser Debatte geht es nicht nur um Freizeitvergnügen. Ein freier Zugang zu Natur – ob Wälder, Wiesen oder Seen – ist auch eine Frage der Bevölkerungsgesundheit und damit auch eine volkswirtschaftliche.

– E.AYAZ

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