Zirl, September 2023: In einer Zeit, in der die GemNova-Insolvenz die Gemeinden Tirols in Atem hält und die Frage nach der Zukunft des Tiroler Gemeindeverbandes auf dem Spiel steht, hat Karl-Josef Schubert, der neue Präsident des Verbandes, die Aufgabe übernommen, die Situation zu bewältigen.
Schubert betont im Gespräch, dass trotz der Turbulenzen keine Neugründung des Verbandes notwendig sei. Auf dem Tiroler Gemeindetag im September 2023 wurden nicht nur das neue Präsidium gewählt, sondern auch die Zustimmung für erhöhte Mitgliedsbeiträge für zwei aufeinanderfolgende Jahre erlangt. Diese finanzielle Unterstützung soll dazu beitragen, die Handlungsfähigkeit des Verbandes in der GemNova-Krise aufrechtzuerhalten.
Die GemNova-Pleite führte jedoch, so Schubert, zu Verunsicherungen in vielen Gemeinden, insbesondere nach den Gemeinderatswahlen im Vorjahr, wo viele neue Mandatare und Mandatarinnen ins Amt kamen. Vor allem diese Gemeindevertreter stellten die Bedeutung des Tiroler Gemeindeverbandes in Frage, insbesondere angesichts steigender finanzieller Belastungen.
„Ich bin sehr lange dabei, bin schon 25 Jahre im Tiroler Gemeindeverband im Vorstand, daher weiß ich auch, was in der Vergangenheit geleistet wurde“, so der neue Präsident. Schubert sieht seine vorrangige Aufgabe nun darin, aufzuklären, zu informieren und den Verband als Interessenvertretung aller Gemeinden in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Aber er ergänzt auch, dass die jetzige Situation nicht das schlimmste Szenario sei, das er in den 27 Jahren als Bürgermeister erlebt habe.
Um ein Zeichen zu setzen und die Situation zu bewältigen, haben Schubert und das Präsidium beschlossen, bis zum Jahresende ohne Bezüge zu arbeiten. Diese Opferbereitschaft soll verdeutlichen, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen und den Verband in schwierigen Zeiten unterstützen möchten.
Die GemNova-Pleite und die Auswirkungen
Die Idee hinter der GemNova war, den Gemeinden eine Unterstützung bei Beschaffungsfragen zu bieten, insbesondere den kleineren Gemeinden. Doch im Laufe der Jahre entwickelte sich die Situation anders. Die Fehler lagen vor allem im Management, und das schnelle Wachstum und die Gründung von Tochterunternehmen ohne das Wissen des Gemeindeverbandsvorstands führten zu unerwünschten Entwicklungen. Dies könnte zu rechtlichen Konsequenzen führen.
Auf die Frage, ob ein Konkurs wirklich die beste Lösung ist, meint der gelernte Bilanzbuchhalter, Unternehmensberater und Controller: „Mit dem heutigen Stand (das Gespräch fand am 27. September statt, Anm. d. Red.) ist das aus meiner Sicht ein klares Ja, einfach aufgrund der vielen Finanzlöcher, die sich aufgetan haben. Ich sehe keine andere Möglichkeit.“
Auch wenn das für die GemNova ein „Ende mit Schrecken“ bedeutet, wie der Haller Bürgermeister Christian Margreiter laut der Kronen Zeitung vom 19. September gemeint hat, so hofft Schubert, dass der Gemeindeverband aus den Turbulenzen unbeschadet hervorgeht. „Natürlich wissen wir nicht, was der Masseverwalter der GemNova alles an den Gemeindeverband heranträgt. Ich hoffe, dass man dort so vernünftig agiert und das Gespräch sucht.
Schubert betont die Solidarität der Gemeinden, die von allen Rednern auf dem Gemeindetag in Zirl angesprochen wurde. Obwohl einige große Gemeinden kritisch gegenüber den erhöhten Beiträgen sind, sind sich die meisten bewusst, welchen Mehrwert der Gemeindeverband bietet.
Die Herausforderung des Transitverkehrs
Abschließend äußert sich Schubert zur Herausforderung des Transitverkehrs in Tirol, der seine Gemeinde, Vomp, betrifft. Er betont die Belastung durch die Autobahn, die seine Gemeinde praktisch zweiteilt, und den Lärm, jedoch auch die Vorteile der guten Verkehrsanbindung für die Wirtschaft.
Schubert spricht sich daher für Tempo 80 auf der Autobahn und für eine Verlagerung des überregionalen Güterverkehrs auf die Bahn aus, um die Belastungen durch den Transitverkehr zu reduzieren.
Trotz der aktuellen Herausforderungen ist Karl-Josef Schubert optimistisch und glaubt an die Zukunft des Tiroler Gemeindeverbandes. Mit Sachverstand und gutem Willen strebt er an, den Verband in eine stabile Zukunft zu führen.
Die Causa GemNova hatte die Tiroler Landespolitik dieses Jahr monatelang beschäftigt. Endgültig besiegelt hatte die Pleite eine Bürgermeisterkonferenz des Gemeindeverbandes Mitte Juli. Dort war die geforderte Zustimmung von 90 Prozent der 276 Ortschefs für die Anhebung der Mitgliedsbeiträge um 1,1 Millionen Euro – derselbe Betrag, das jetzt angestrebt wurde – nicht erreicht worden und damit die vom damaligen Gemeindeverbandspräsident Schöpf geplante Sanierung gescheitert. Schöpf zog sich letztlich zurück, er ortete und kritisierte in den vergangenen Monaten wiederholt ein Aufbauschen der Causa, verbandsinterne Intrigen und eine mediale Kampagne gegen ihn.
Geschäftsführer Alois Rathgeb meinte, dass man „auf Zuruf des Landes in Notlagen eingesprungen sei“. So habe man während der Pandemie bei der Durchführung von Massentestungen und beim Organisieren von Sommerschulen geholfen. Als ukrainische Kriegsflüchtlinge zu versorgen waren, habe man Quartiere aufgetrieben und Deutschkurse ausgerichtet.
Die GemNova war mit der Muttergesellschaft und fünf Tochtergesellschaften in die Pleite gerutscht. Die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften betrugen rund 4,3 Millionen Euro. Die Muttergesellschaft eingerechnet beliefen sich die Passiva insgesamt auf bis zu zehn Millionen Euro. Einen Großteil der Mitarbeiter der „Tochter“ Bildungspool Tirol GmbH – sie beschäftigte mit Abstand die meisten Mitarbeiter in dem Firmenkonstrukt – fing das Land über eine eigens gegründete gemeinnützige Gesellschaft auf.
– H. BRAUN, Chefredakteur KOMMUNAL