Das System der Kreislaufwirtschaft wurde als ein Modell der Produktion und des Verbrauchs konzipiert. Dabei sollen bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich wiederverwendet, repariert und recycelt werden. Dies verlängert nicht nur den Lebenszyklus der Produkte, sondern generiert ein gänzlich neues System der Nachhaltigkeit, das von der EU als Kernstück des Green Deals erarbeitet wurde und von Mitgliedsstaaten mitgetragen wird. Bis 2050 soll im gesamten Unionsgebiet das System der Kreislaufwirtschaft umgesetzt sein.
Zu Beginn ist festzuhalten, dass die EU das System der Kreislaufwirtschaft, wie eingangs erwähnt, im Rahmen ihres sogenannten „Green Deals“ erarbeitet hat. Im Green Deal haben sich alle 27 EU-Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Dadurch sollen bis 2050 mindestens 55 % aller Emissionen reduziert werden (im Vergleich zu den 1990er-Standards).
Ziel ist es, so nicht nur eine Reduktion der Emissionen zu erreichen. Es sollen auf diesem Wege auch neue Jobs und Wirtschaftswachstum geschaffen, Energiearmut hintangehalten und die Abhängigkeit von externen Energieversorger reduziert werden. Zudem sollen dadurch vor allem auch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen verbessert und gesteigert werden.
Schluss mit Ressourcenverbrauch
Mit dem Modell der Kreislaufwirtschaft wird der Wegwerfwirtschaft Einhalt geboten. Bisher waren billige, leicht zugängliche Materialien und Energien im Fokus. Die Ressourcen werden immer knapper, die Bevölkerung immer mehr. Damit soll jetzt Schluss sein.
Das System der Kreislaufwirtschaft sieht vor, dass das Modell in allen Phasen einer Wertschöpfungskette Berücksichtigung findet, um eine vollständig kreislauforientierte Wirtschaft zu erreichen: von der Konzeption über die Herstellung bis hin zum Verbraucher.
Die EU produziert jährlich mehr als 2,5 Milliarden Tonnen Abfall. Aufgrund dieser enormen Summen war ein Umdenken unabdingbar. Der Weg von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft hin wurde damit geebnet.
Ziel der Kreislaufwirtschaft ist, dass Abfälle auf ein Minimum reduziert und dadurch die Lebenszyklen der Produkte verlängert werden. Nachdem ein Produkt das Ende seiner Lebensdauer erreicht hat, verbleiben die Ressourcen und Materialien so weit wie möglich in der Wirtschaft. Sie werden also immer wieder produktiv weiterverwendet, um weiterhin Wertschöpfung zu generieren.
Im Februar 2021 nahm das Parlament eine Entschließung zum neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft an, in der zusätzliche Maßnahmen gefordert werden, um bis 2050 eine CO₂-neutrale, ökologisch nachhaltige, giftfreie und vollständig kreislauforientierte Wirtschaft zu erreichen, einschließlich strengerer Recyclingvorschriften und verbindlicher Ziele für die Verwendung und den Verbrauch von Materialien bis 2030.
Im März 2022 veröffentlichte die Kommission im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft das erste Maßnahmenpaket zur Beschleunigung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft. Im Aktionsplan der Kommission werden sieben Schlüsselbereiche ausgemacht, die für die Verwirklichung einer Kreislaufwirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind: Kunststoffe, Textilien, Elektronik, Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe, Verpackungen, Batterien und Fahrzeuge, Bauwirtschaft und Gebäude. die Langlebigkeit der Produkte gefördert werden. Die EU-Abgeordneten fordern etwa in Zusammenhang mit nachhaltigem Konsum Maßnahmen, um Reparatur und Wiederverwendung zu fördern und Second-Hand-Unternehmen und regionale Werkstätten zu unterstützen.
Hier ein kurzer Überblick über die Vorhaben in den Schlüsselbereichen:
Kunststoffe
Die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft sieht vor, dass die Verwendung von Mikroplastik schrittweise auslaufen zu lassen.
Textilien
Bei der Textilproduktion werden große Mengen an Rohstoffen und Wasser verbraucht. Weniger als ein Prozent der Textilien wird recycelt. Die von der Kommission im März 2020 vorgestellte EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien zielt darauf ab, dass bis 2030 die in der EU auf den Markt gebrachten Textilerzeugnisse langlebig und recycelbar sind, so weit wie möglich aus recycelten Fasern bestehen und frei von gefährlichen Stoffen sind. Neue Maßnahmen gegen Mikrofaserverlust und strengere Normen für die Wassernutzung sind hier unabdingbar.
Elektronik, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)
Elektro- und Elektronikschrott sind der am schnellsten wachsende Abfallstrom in der EU. Die Recyclingrate liegt unter 40 Prozent. Durch das System der Kreislaufwirtschaft soll die Wiederverwendbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten in der EU gefördert und somit die Produktlebensdauer verlängert werden.
Lebensmittel, Wasser und Nährstoffe
Etwa 20 % der insgesamt erzeugten Lebensmittel in der EU gehen verloren oder werden verschwendet. Die Lebensmittelverschwendung soll bis 2030 mithilfe der Nachhaltigkeitsstrategie „Vom Hof auf den Tisch“ halbiert werden. Diese von der EU ins Leben gerufene Strategie zur nachhaltigen Lebensmittelproduktion soll dem Umweltschutz dienen, sowie gesunder Ernährung und der Sicherung des Lebensunterhalts der Landwirte.
Hauptziele sind die Verringerung des Einsatzes und des Risikos von Pestiziden um 50 %, die Verringerung des Einsatzes von Düngemitteln um mindestens 20 %, die Verringerung des Verkaufs antimikrobieller Mittel für Nutztiere und Aquakultur um 50 % sowie das Ziel einer ökologischen Bewirtschaftung von 25 % der landwirtschaftlichen Flächen.
Verpackungen
Die Menge der in Europa anfallenden Verpackungsabfälle erreichte 2017 ein Rekordniveau. Nach neuen Vorschriften sollen alle Verpackungen auf dem EU-Markt bis 2030 wiederverwendbar oder recycelbar sein.
Batterien und Fahrzeuge
Neue Bestimmungen sollen geschaffen werden, um die Nachhaltigkeit von Batterien zu fördern. Diese sehen vor, Batterien künftig mit möglichst geringen Umweltauswirkungen aus Materialien herzustellen, die unter vollständiger Einhaltung der Menschenrechte sowie sozialer und ökologischer Standards gewonnen worden sind.
Bauwirtschaft und Gebäude
Etwa 35 % des gesamten Abfallaufkommens in der EU entfallen auf das Baugewerbe. Die Kommission hat die Überarbeitung der Bauprodukteverordnung angekündigt, um die seit 2011 geltenden Vorschriften zu modernisieren. Die Lebensdauer von Gebäuden soll verlängert werden. Auch Reduktionsziele für den CO₂-Fußabdruck von Baumaterialien und Mindestanforderungen an die Ressourcen- und Energieeffizienz werden gefordert.
Abfallwirtschaft und -verbringung
Durch die enormen Mengen an Abfallproduktion, sind hier die EU-Mitgliedstaaten angehalten, hochwertiges Recycling zu fördern, Abfalldeponierung zu beenden, Müllverbrennung zu beschränken und schädlicher Chemikalien im Abfall zu reduzieren.
Wir leben in schnelllebigen Zeiten, die einem ständigen Wandel ausgesetzt sind. Und genau solch eines Wandels bedarf es nun auch. Der Paradigmenwechsel von der linearen Wirtschaft hin zur Kreislaufwirtschaft ist nicht nur ein wichtiger, sondern auch ein richtiger Schritt in die Zukunft.
Durch das System der Kreislaufwirtschaft wird nicht nur von den Mitgliedsstaaten ein Umdenken gefordert, auch der Bevölkerung wird dadurch vor Augen geführt, dass es an der Zeit ist, mit Ressourcen schonender umzugehen. Ganz nach dem Motto „back to the roots“ – also wie in früheren Zeiten – sollen Produkte wiederverwerten oder aufbereitet, repariert und so einer erneuten Verwendung zugeführt werden.
Was in früheren Zeiten aufgrund oftmals mangelnder Bonität gang und gäbe war, wurde in der heutigen Konsumwelt zu Rarität. Geht etwas kaputt, wird sofort etwas Neues angeschafft. Steigende Kaufkraft und Billigprodukte befeuern diese Lebensweise auch noch. Damit soll bald Schluss sein. Und es ist auch bitter nötig, sonst bräuchten wir bis 2050 drei Erden, um unseren Bedarf zu decken.
-P. LEUTGEB (Quelle: https://www.europarl.europa.eu)
Über die Autorin
Patrizia Leutgeb ist Juristin beim Niederösterreichischen Gemeindebund und Vizebürgermeisterin von Ernsthofen.