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27.03.2024

Der Schadenersatz in der Umsatzsteuer

Betrachtet man das Thema Versicherungsmanagement, kommt auch immer die Frage auf, wie Schadensfälle und deren Vergütung aus umsatzsteuerlicher Sicht behandelt werden müssen.

Im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist zu beachten, dass nicht jeder Schadenersatz oder jede Entschädigung nicht steuerbar gemäß § 1 UStG ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob gemäß § 1 Abs. 1 UStG dem Schadenersatz eine Leistung gegenübersteht oder nicht. In der Rechtsprechung und herrschenden Lehre haben sich hierbei die Begriffe echter und unechter Schadenersatz entwickelt:

Beim echten Schadenersatz werden Ersatzleistungen erbracht, weil entweder ein Schaden verursacht wurde oder für einen Schaden einzustehen ist, wie der VwGH in einem Urteil vom 27.04.2006 (2005/17/0163) festgehalten hat. Er wird für den entstandenen Schaden aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung geleistet. Der Schadenersatz ist weder Entgelt für eine Lieferung noch für eine sonstige Leistung. Sowohl die Verrechnung als auch Verbuchung hat somit ohne Umsatzsteuer bzw. Vorsteuerabzug zu erfolgen.

Als Beispiele können genannt werden:

  • Versicherungsentschädigungen (nähere Informationen siehe unten)
  • Schadenersatz wegen der Nichterfüllung eines Kaufvertrages
  • Ersatz gerichtlicher Mahn-, Prozesskosten oder Exekutionsgebühren
  • Stornogebühren
  • Zahlungen nach vorzeitiger Auflösung von einem Leasingvertrag

Unechter Schadenersatz liegt vor, wenn die Ersatzleistung des Schädigers als Gegenleistung für eine besondere Leistung des Geschädigten angesehen werden kann. Der unechte Schadensatz ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG als steuerbarer Umsatz einzustufen und unterliegt der Umsatzsteuer. Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG liegen steuerbare Leistungen vor, bei: Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Für die richtige Betrachtung eines unechten Schadenersatzes ist zunächst zu eruieren, ob die Gemeinde Empfänger oder Zahlender der Ersatzleistung ist:

Ist die Gemeinde Empfänger der Ersatzleistung und somit Leistungserbringer, ist in diesem Zusammenhang die Einordnung der erbrachten Leistung bzw. der erhaltenen Leistung zu einem bestehenden BgA, dem Hoheitsbereich oder einem neu entstehenden BgA gemäß § 2 Abs. 1 KStG zu überprüfen. Abhängig von deren Erfüllung kommt es zu einer unternehmerischen Einstufung der Leistung bei der Gemeinde, welche in einer Umsatzsteuerpflicht für die Gemeinde resultieren kann.

Bezahlt die Gemeinde als „Schadensverursacher“ beim unechten Schadenersatz die Ersatzleistung, ist wiederum zu überprüfen, ob der Gemeinde aus dieser ein Vorsteuerabzug im gegenständlichen Tätigkeitsbereich zusteht.

Versicherungsentschädigung

Versicherungsleistungen für einen Schadensfall, welche aufgrund eines bestehenden Versicherungsverhältnisses zu einer Versicherung ausbezahlt werden, werden in der Regel als echter Schadenersatz angesehen.

Die von der Versicherung bezahlten Geldbeträge stehen in keinem Zusammenhang mit den bezahlten Prämien aus dem Versicherungsvertrag. Der Leistungsaustausch aus dem Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsgesellschaft und Gemeinde besteht darin, dass die Versicherung gegen ein bezahltes Entgelt das Risiko für die Gemeinde übernimmt.

Des Weiteren kommt es zu keiner Gegenleistung, wenn zerstörte oder beschädigte Güter an die Versicherung übereignet werden müssen. In diesem Zusammenhang ist bei der Übermittlung der Versicherungsmeldung auf die Angabe hinsichtlich Zuordnung zum hoheitlichen oder unternehmerischen Tätigkeitsbereich der Gemeinde zu achten:

Hoheitlicher Bereich:

Da der Gemeinde im hoheitlichen Bereich aufgrund der fehlenden unternehmerischen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 3 UStG der Vorsteuerabzug nicht zusteht, vergütet die Versicherung den Bruttobetrag aus den Reparaturrechnungen bzw. Rechnungen für Ersatzgeräte.

Unternehmerischer Bereich:

Kommt es in einem unternehmerischen Bereich zu einem von der Versicherung zu ersetzenden Schaden, vergütet das Versicherungsunternehmen lediglich den Nettobetrag von allfälligen Reparaturrechnungen. Der Vorsteuerabzug steht der Gemeinde bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 UStG zur Gänze aus der Reparaturrechnung zu.

Verrechnung eines Schadens durch die Gemeinde

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Schäden, welche Autofahrer im Straßenverkehr verursachen, Gemeindevermögen – vor allem Straßenlaternen, Straßenschilder – betreffen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie dieser Schadenersatz an die Verursacher zu verrechnen sind. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Beispiel:

Autofahrer (A) beschädigt bei einem Verkehrsunfall eine Straßenlaterne der Gemeinde (G), wodurch ein Schaden in Höhe von 1.200 Euro entsteht.

  1. A lässt den Schaden an der Laterne von einem dritten Unternehmer reparieren.
  2. G behebt den Schaden OHNE Auftrag von A selbst und bekommt von A einen Geldersatz von 1.200 Euro.
  3. G lässt den Schaden OHNE Auftrag von A durch ein fremdes Unternehmen reparieren und bekommt einen Geldersatz von 1.200 Euro.
  4. Die Straßenlaterne ist auf einem Lagerplatz untergebracht, die Reparatur derzeit nicht notwendig, G lässt sich durch eine Zahlung in Höhe von 1.200 Euro abfinden.
  5. A beauftragt G mit der Reparatur der Straßenlaterne, G stellt eine Rechnung über 1.200 Euro.

Lösung:

ad 1) Es kommt zu einem Leistungsaustausch zwischen A und dem Reparaturunternehmen. Zwischen A und G kommt es zu keinem steuerbaren Umsatz.

ad 2) Da A die Behebung des Schadens NICHT beauftragt hat, kommt es zu keiner Gegenleistung. Die Zahlung des Geldersatzes ist ein echter nicht steuerbarer Schadenersatz.

ad 3) Der Leistungsaustausch kommt zwischen G und dem fremden Unternehmen zustande. Der Geldersatz von A stellt daher einen echten nicht steuerbaren Schadenersatz dar.

ad 4) Mangels Gegenleistung handelt es sich bei dem Geldersatz um echten nicht steuerbaren Schadenersatz.

ad 5) Aufgrund der Beauftragung durch A kommt es zwischen G und A zu einem Leistungsaustausch, welcher grundsätzlich gemäß § 2 Abs. 1 UStG als steuerbarer Umsatz anzusehen ist.

Bei der Gemeinde ist wiederum zu berücksichtigen, in welchem Bereich hier Tätigkeiten ausgeführt werden: Bei einem Leistungsaustausch aus einem bereits bestehenden BgA ist die Rechnung mit Umsatzsteuer auszustellen. Bei einem Leistungsaustausch aus einem hoheitlichen bzw. nicht unternehmerischen Bereich ist außerdem zu kontrollieren, ob hier ein BgA gemäß § 2 Abs. 1 KStG entstehen kann, wenn solche Reparaturleistungen in Folge eines Schadens im Auftrag des Verschuldners ausgeführt und verrechnet werden.

– U. STINGL-LÖSCH

Über die Autorin

Ursula Stingl-Lösch ist Steuerberaterin und Geschäftsführerin bei NÖ Gemeinde Beratungs & SteuerberatungsgesmbH.

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