Manchmal kommt es Schlag auf Schlag. In einer Gemeinde im Bregenzerwald wollten der Bürgermeister und der Vizebürgermeister ihr Amt nicht weiter ausüben und überreichten einander gegenseitig ihre Rücktrittserklärungen. Aus dem politischen Rückzug wurde für einen der beiden jedoch vorerst nichts. Die Gemeindeaufsichtsbehörde ließ einen gleichzeitigen Rücktritt von Bürgermeister und Vizebürgermeister nicht zu.
Der Grund dafür liegt im Vorarlberger Gemeindegesetz. Dieses ermöglicht es zwar Bürgermeister:innen und Vizebürgermeister:innen, vor Ablauf der Funktionsperiode auf die weitere Ausübung ihres Amtes zu verzichten, allerdings muss die Verzichtserklärung gemäß § 63 Abs. 2 Vorarlberger Gemeindegesetz dem Bürgermeister/der Bürgermeisterin (und sofern es sich um den Bürgermeister/die Bürgermeisterin handelt, dem Vizebürgermeister/der Vizebürgermeisterin) persönlich übergeben werden.
Empfänger muss selbst im Amt sein
Mit der Übergabe ist der Verzicht sodann grundsätzlich rechtswirksam. Und hier liegt nun die Krux für einen gemeinsamen Rückzug. Nachdem der Bürgermeister/die Bürgermeisterin einen Verzicht gegenüber dem Vizebürgermeister/der Vizebürgermeisterin zu erklären hat und umgekehrt, setzt ein gültiger Rücktritt voraus, dass der Empfänger/die Empfängerin der Verzichtserklärung in Amt und Würden ist.
Wenn nun aber neben dem Bürgermeister/der Bürgermeisterin ebenso der Vizebürgermeister/die Vizebürgermeisterin mit sofortiger Wirkung das Amt niederlegen will, hat dies zur Folge, dass eine der beiden Personen nicht rechtswirksam auf ihr Amt verzichten kann.
Jene Person, die zuerst ihre Verzichtserklärung übergibt, hat dadurch bereits wirksam auf ihr Amt verzichtet, sodass die andere rücktrittswillige Person dieser mangels Amtsinnehabung ihren Verzicht nicht mehr rechtsgültig erklären kann. Denn eine der beiden Personen ist nach der erfolgten Amtsniederlegung nicht mehr Bürgermeister:in oder Vizebürgermeister:in. Die zweite Verzichtserklärung kann deswegen nicht wirksam erfolgen.
Wer war als erster dran?
Im gegenständlichen Fall hätte die Gemeindeaufsichtsbehörde deshalb zu prüfen gehabt, wer von den beiden Rücktrittswilligen als Erster die Verzichtserklärung übergab. War es der Bürgermeister oder der Vizebürgermeister?
Möglicherweise eine Frage zu zwei Handlungen, die mit nur wenigen Sekunden Zeitunterschied erfolgten. Einzig und allein derjenige, der zuerst seine Erklärung überreichte, hatte wirksam auf sein Amt verzichten können.
Doch zu eine solchen Prüfung musste es erst gar nicht kommen. Der Bürgermeister erklärte sich in verantwortungsvoller Weise bereit, das Amt bis zur Neuwahl eines neuen Vizebürgermeisters/einer neuen Vizebürgermeisterin weiter auszuüben. Erst nachdem der neue Vizebürgermeister gewählt war, konnte der Bürgermeister seinen Verzicht diesem gegenüber rechtswirksam erklären und damit sein Amt niederlegen.
Gleichzeitiges Ausscheiden war nicht möglich
Im gegenständlichen Fall mussten die beiden Gemeindevertreter erfahren, dass ein sofortiges und gleichzeitiges Ausscheiden aus ihrem Amt nicht möglich war.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang aber, dass die rücktrittswillige Person nach § 63 Abs. 2 letzter Satz Vorarlberger Gemeindegesetz die Wirksamkeit der Verzichtserklärung auf einen späteren Zeitpunkt festlegen kann. Mit Übergabe der Verzichtserklärung tritt dadurch nicht sogleich der Amtsverzicht ein, sondern erst zum selbst gewählten Termin.
Wäre das im vorhin geschilderten Fall passiert, hätte die Gemeindeaufsicht aus meiner Sicht zu einem anderen Ergebnis gelangen können. Beide Amtsträger wären bei der Übergabe ihrer Verzichtserklärungen noch im Amt gewesen und hätten diese daher wirksam als Bürgermeister bzw. Vizebürgermeister entgegennehmen können.
Das Ende ihrer Funktionen wäre jedoch erst zum in den Verzichtserklärungen festgelegten Zeitpunkt eingetreten. Bürgermeister und Vizebürgermeister hätten also gemeinsam ihren Rücktritt erklären können, wenngleich beide erst mit dem selbst gewählten Zeitpunkt ihres Amtes entledigt gewesen wären.
Verzicht bedarf einer schriftlichen Erklärung
Das Leben bringt immer wieder Umstände und Situationen mit sich, in denen ein übernommenes Amt nicht weiter ausgeübt werden kann. Neben dem Vorarlberger Gemeindegesetz sehen auch die Gemeindeorganisationsgesetze in den übrigen Bundesländern für diese Fälle die Möglichkeit des Verzichts auf das Amt vor.
Allgemein kann dazu festgehalten werden, dass nach den Gemeindeorganisationsgesetzen der Amtsverzicht jederzeit und ohne Angabe von Gründen zulässig ist. Der Verzicht bedarf einer schriftlichen Erklärung, die – je nach Bundesland – beim Bürgermeister/bei der Bürgermeisterin (bzw. im Falle des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin beim Vizebürgermeister/der Vizebürgermeisterin), beim Gemeindeamt oder bei dem/der Vorsitzenden der Gemeindewahlbehörde einzubringen ist, und wird mit deren Einlangen bzw. Übergabe wirksam, wenn nicht die Erklärung einen späteren Zeitpunkt festlegt.
Lediglich in Niederösterreich wird der Verzicht mit dem auf den Tag des Einlangens folgenden Tag und in Tirol eine Woche nach dem Einlangen der Erklärung beim Gemeindeamt verbindlich. Einem raschen Abtritt stehen somit rechtlich keine Hürden im Weg. Durch die gesetzlich vorgesehenen Vertretungsregelungen soll eine Fortführung der Amtsgeschäfte gewährleistet sein. Dessen ungeachtet sollte dennoch auf einen verantwortungsvollen Abgang mit einer geordneten Übergabe geachtet werden. Alles hinschmeißen ist keine Lösung.
– M.Pichler, Jurist im Österreichischen Gemeindebund