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Kärnten

10.06.2024

Krank im Amt – Wie ein Bürgermeister mit seiner Diagnose umgeht

Hannes Primus ist Bürgermeister von Wolfsberg, 47 Jahre alt und so leicht nicht unterzukriegen. Doch die Diagnose „MDS – „Myelodysplastisches Syndrom“ – hat das Leben des Kärntners ziemlich auf den Kopf gestellt: „Ich war wirklich schockiert und wusste im ersten Moment nicht, wie ich damit umgehen soll“, erzählt Hannes Primus. Mittlerweile hat der Bürgermeister und Familienvater einen Weg gefunden – privat und auch im Amt. Seine Familie ist für ihn die stärkste Stütze und die Arbeit gibt ihm Struktur.

Aber alles der Reihe nach:

Ende des Vorjahres wurde bei einer Routine-Untersuchung festgestellt, dass der Thrombozytenwert des Kärntners auffällig niedrig war. „Eigentlich noch kein Grund zur Sorge“, sagt Hannes Primus. Das Problem dabei: Der Wert wurde über Wochen nicht besser, bis schließlich eine Knochenmarksentnahme ergab, dass er eine schwere Bluterkrankung hat. Konkret MDS – eine genetische Krankheit, die in seinem Fall eine Stammzellentransplantation erfordert.

„Natürlich habe ich auch gegoogelt, was diese Erkrankung bedeutet, auch wenn man das nicht machen soll“,

gesteht der 47-Jährige. Doch die folgenden Untersuchungen bei Fachärzten und im Krankenhaus haben ihm sehr schnell deutlich gemacht, mit welcher Krankheit er es zu tun hat und worauf er sich einstellen muss: Unzählige Untersuchungen, Infusionen und eine Chemotherapie im Zuge einer Stammzellentransplantation.

Doch wie geht das, Bürgermeister sein und eine schwere Krankheit haben?

„Nachdem ich mir nach Ostern, aufgrund meines schwachen Immunsystems eine schwere Lungenentzündung zugezogen hatte und zwei Wochen im Krankenhaus bleiben musste, habe ich die Öffentlichkeit via Facebook informiert“, erzählt Primus. So etwas könne man nicht geheim halten, er wollte auch keine Gerüchte in der Gemeinde und hat sich für den offensiven Weg nach Außen entschieden.

„Liebe Freunde – schreibt Hannes Primus auf Facebook, ich möchte euch auch auf diesem Weg mitteilen, dass ich an einer schweren Lungenentzündung erkrankt bin und aktuell im LKH Wolfsberg behandelt werde. Die vollständige Genesung kann natürlich etwas Zeit in Anspruch nehmen und in der Zwischenzeit werden der 1. Vizebürgermeister Alexander Radl sowie die 2. Vizebürgermeisterin Dr. Michaela Lientscher die Amtsgeschäfte übernehmen. Ich bedanke mich beim gesamten Team des LKH Wolfsberg für die perfekte Betreuung und freue mich darauf, wenn ich meine Arbeit im Rathaus bzw. unserer Gemeinde wieder aufnehmen kann. Vielen Dank“.

Nach seiner Genesung von der Lungenentzündung und der zunehmenden Klarheit über seine Erkrankung hat Hannes Primus schließlich den Gemeinderat und die Öffentlichkeit informiert. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich gerne weiter machen will als Bürgermeister, aber dass ich auch meine zwei Vizebürgermeister verstärkt bitten werde, mich zu vertreten“, so der 47-Jährige.

Bürgermeister hat Glück im Unglück

„Ich habe ja Glück im Unglück, weil meine Schwester als 100-prozentige Spenderin für die Stammzellentransplantation in Frage kommt und sich auch bereit erklärt hat, mir zu helfen“, freut sich Hannes Primus. Deswegen heißt es aktuell warten, bis die Betten-Kapazität im Krankenhaus in Graz frei ist und der Eingriff durchgeführt werden kann. „Ich bin nach wie vor jeden Tag im Rathaus, meide aber große Veranstaltungen und Menschenansammlungen“, sagt der Bürgermeister. Denn jetzt gelte es alles dafür zu tun, einen Infekt zu vermeiden.

Ist die Transplantation erfolgt, wird die vollständig Genesung vermutlich mehrere Monate in Anspruch nehmen, bis Hannes Primus wieder voll in sein Leben und sein Amt zurückkehren kann.

Wie geht es Hannes Primus mit der Diagnose, den Untersuchungen und dem Warten auf den Eingriff? „Die Tatsache, dass meine Schwester als Spenderin zur Verfügung steht, stimmt mich sehr positiv. Natürlich mache ich mir auch Gedanken über meine Krankheit. Man fragt sich auch: was habe ich falsch gemacht? Habe ich mich falsch ernährt? Zu wenig Sport gemacht?“, erzählt Primus. Die Ärzte haben ihm allerdings versichert, das kann jedem passieren. Das ist einfach Pech.

Wie geht es weiter?

Dankbar ist Hannes Primus für seine Familie – „seine absolute Stütze und Kraftpol in dieser Zeit“. Er freue sich aber auch enorm über die hunderten Genesungsschreiben auf allen möglichen Wegen. „Die geben mir wirklich Kraft. Ich komme nur leider nicht dazu, sie alle zu beantworten“, sagt der Bürgermeister. Und obwohl die Zeit aktuell sehr fordernd ist und Primus durch seine Erkrankung alle vier Tage Spritzen bekommt, um seine Immun-Abwehr zu stärken, ist der Kärntner einfach nur dankbar: „Ich bin ein positiver Mensch und bekomme viel positive Rückmeldungen von meinen Freunden, aus der Bevölkerung von meinem Umfeld. Das tut enorm gut. Ich bin auch sehr dankbar für unser gutes medizinisches System und in welch hoch entwickeltem Land ich mit dieser Diagnose behandelt werden kann“, sagt der Kärntner.

Wie man mit einer derartigen Diagnose umgeht, ist sehr individuell. Hannes Primus hat für sich den Weg gewählt, offen zu kommunizieren, die Krankheit anzunehmen, den Rückhalt der Familie, von Freunden und Wegbegleitern anzunehmen aber auch weiterzuarbeiten, soweit es geht. „Aufgeben ist für mich keine Option. Ich schaue positiv nach vorne“, sagt Hannes Primus.

– S. PEISCHL

 

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