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Bundesländer

Recht

25.06.2024

Nicht alles was laut ist, ist Lärm

Der Sommer ist da, viele Aktivitäten werden ins Freie verlagert. Nicht alle davon erfolgen im Stillen, so gehört die wärmere Jahreszeit erfahrungsgemäß zu jener Zeit im Jahr, bei welcher Beschwerden wegen störender Lärmerregung häufiger auftreten als sonst.

Beginnend beim Rasenmähen am Sonntag in der Früh, den ersten Übungsversuchen am neuen Klavier bei offener Balkontür bis hin zur Grillfeier des Nachbarn, der gerne die ganze Umgebung an den musikalischen Vorlieben seiner Gäste teilhaben lassen möchte.

Zahlreiche dieser Beschwerden landen – unbeschadet, ob diese zuständig sind oder nicht – bei den Hausverwaltungen, Gemeinden, manche bei der Polizei und trotz entsprechender Vermittlungsbemühungen kann nicht immer verhindert werden, dass der eine oder andere Fall bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Magistrat  (als zuständige Strafbehörde nach dem Verwaltungsstrafgesetz), einem Verwaltungs- oder Zivilgericht landet. Rechtsvorschriften, welche vor ungebührlichem Lärm schützen sollen, gibt es zahlreiche – beginnend vom ABGB über die entsprechenden Bestimmungen in den Landessicherheits- bzw. Landespolizeigesetzen der einzelnen Bundesländer, bis hin zu diversen Regelungen in ortspolizeilichen Verordnungen der Gemeinden.

„Störender Lärm reicht nicht für Strafbarkeit“

In einer Entscheidung (Ra 2020/03/0171 vom 24. Februar 2021) des Verwaltungsgerichtshofes zum Thema „Lärm“ hob dieser die Entscheidung der Vorinstanz mit der Begründung auf, dass für eine Bestrafung eine störende Lärmerregung auch „ungebührlich“ sein muss.

Konkret ging es um eine automatische Schussanlage, die untertags mehrmals in unregelmäßigen Abständen einen Knall abgab und durch welche ein Fischzüchter im Bezirk Leibnitz hoffte, Kormorane und Fischreiher zum Schutz seiner Fischzucht abzuhalten. Anrainer fühlten sich durch diesen Lärm gestört und erstatteten bei der Bezirkshauptmannschaft Anzeige. Diese verhängte eine Verwaltungsstrafe von € 400 mit der Begründung, dass durch den Betrieb der Schussanlage in ungebührlicher Weise störender Lärm erregt und somit gegen § 1 Abs. 1 Steiermärkisches Landes-Sicherheitsgesetz (StLSG) verstoßen wurde. Nachdem das Landesverwaltungsgericht Steiermark die Beschwerde des Fischzüchters abgewiesen hat, erhob dieser Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH). Mit Erfolg: der VwGH hob die Entscheidung auf und verwies auf seine ständige Rechtsprechung, nach welcher für eine Bestrafung wegen Lärmerregung der Lärm nicht nur störend, sondern auch ungebührlich sein muss.

Störender Lärm sind wegen ihrer Lautstärke für einen – normal empfindenden – Menschen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche. Für die verwaltungsrechtliche Strafbarkeit ist aber zudem Voraussetzung, dass der Lärm in ungebührlicher Weise erregt wird. Dabei ist ein objektiver und kein subjektiver Maßstab anzusetzen. Unter einem ungebührlichen Verhalten ist ein solches Verhalten zu verstehen, das jene Rücksichten vermissen lässt, welche von anderen verlangt werden können. Der VwGH führt das Beispiel eines Landwirtschaftsbetriebes an: ein dort erzeugter Lärm, der notwendig und nicht über das übliche, mit der Führung eines solchen Betriebes verbundene Maß hinausgeht, kann nicht ungebührlich sein.

Im konkreten Verfahren hat sich das Landesverwaltungsgericht Steiermark zu sehr auf das subjektive Empfinden der betroffenen Anrainer gestützt, zudem schenkte es auch der Argumentation des Mannes zu wenig Beachtung, die Schussanlage sei notwendig, um Schäden an seinen Fischereigebieten zu verhindern. Auf Grund dieses Begründungsmangels wurde das Straferkenntnis der BH Leibnitz vom VwGH aufgehoben – zur Freude des Fischzüchters, zum Leidwesen der Anrainer, Kormorane und Fischreiher.

– M. HUBER

 

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