Wem der Brunnen der Gemeinde Desselbrunn das Leben rettete und weshalb man dort jährlich seine Pferde weiht erfahren Sie im Text.
Tassilo der Dritte ist – vor allem Historikerinnen und Historikern – durch viele Merkmale und Errungenschaften bekannt: Er ist Vetter Karl des Großen, letzter bayrischer Herzog aus dem Geschlecht der Agilofinger und Klostergründer. Weniger bekannt, aber nicht minder wichtig, ist seine sagenumwobene Grundsteinlegung der heute 1.800 einwohnerstarken Gemeinde Desselbrunn im oberösterreichischen Bezirk Vöcklabruck. Eingebettet im Hausruckviertel zwischen Traun und Ager an ländlicher Idylle kaum zu übertreffen, umfasst Desselbrunn 17 Ortschaften, von denen Hofstätten mit einer überschaubaren Größe von drei Häusern die kleinste ist. Wie die Gemeinde zu ihrem Namen kam und was sie heute ausmacht ging Kommunalnet auf den Grund.
Herzog auf Irrwegen
Im Bezirk Vöcklabruck findet sich ein reicher Sagenschatz, so auch in der Gemeinde Desselbrunn. Die örtliche Kirche soll der Erzählung nach eine Stiftung des bayrischen Herzogs Tassilo gewesen sein, der sich auf der Jagd in den Wäldern zwischen der Ager und Traun verirrte und dort endlich eine Quelle entdeckte, an der er seinen brennenden Durst löschen konnte. Von ihr aus fand Tassilo auch wieder die Orientierung. Die Leute, die sich hier ansiedelten, nannten die Quelle Tassilobrunnen, heute als Kirchbrunnen bekannt. Aus diesem Namen entstand schließlich der Name Desselbrunn. Die Siedlungsentstehung wird somit auf das 8. Jahrhundert zurückgeführt, die Geburtsstunde der politischen Gemeinde wird im Jahr 1849 datiert. Die endgültige Bildung in der heutigen Form dauerte allerdings bis ins Jahr 1875.
In Desselbrunn wiehert es
Heute kennt man Desselbrunn über die Gemeindegrenzen hinweg nicht nur durch den atemberaubenden Traunfall, sondern auch durch das ausgelassene Feiern des Leonhardiritts. Die Prozession zu Pferde ist vor allem in Westösterreich und in Bayern als Brauchtum verbreitet. Sie findet zu Ehren des Leonhard von Limoges statt. Er wird nicht nur als Heiliger der römisch-katholischen Kirche verehrt, der fränkische Adelssohn, der im 6. Jahrhundert lebte, ist auch Schutzpatron der Gefangenen und des landwirtschafltichen Viehs – insbesondere für die Pferde. Daher werden im Rahmen der Leonhardifahrt auch Tiersegnungen unternommen. Das hält auch diese alte Bauernregel fest: „Nach der vielen Arbeit Schwere, an Leonhardi die Rösser ehre.“
Vom Wasserfall und Märchenschloss
Neben dem Traunfall ist auch das Schloss Windern untrennbar mit dem Namen Desselbrunn verbunden. Dieses Kulturgut aus dem 16./17. Jahrhundert erlangte insbesondere durch die Bauernkriege im 17. Jahrhundert traurige Berühmtheit – nämlich wurde der Bau von verheerenden Bränden heimgesucht. Heute befindet sich das Schloss im Privatbesitz und wurde in den letzten Jahren liebevoll renoviert.
Der Wasserfall an der Traun wurde übrigens im Jahr 2017 zum schönsten Platz Oberösterreich von den ORF Landesstudios ausgezeichnet.
Gründungsvater im Wappen verewigt
Auch das Ortswappen erinnert an die Gründungslegende. Auf grünem Schild ist nämlich ein Brunnen abgebildet. Darüber schwebt ein goldenes Hufeisen, an den Seiten verlaufen weiße und blaufe Streifen, die die Lage der Gemeinde zwischen Ager und Traun symbolisierien. Das Hufeisen verweist auf den seit 1946 zu Ehren des Pfarrpatrons abgehaltenen Leonhardiritt.
-E.AYAZ