Grünbach am Schneeberg kannte man im Laufe der Jahrhunderte unter vielen Namen. Heute werden dort Bergmanderl digitalisiert, man radelt entlang des „schwarzen Goldes“, und weiß: Der Ursprung allen Seins endet dort, wo er angefangen hat.
Grünbach am Schneeberg, das hört sich nach einem verwunschenen Ort aus einem alten Märchen an. Wohnt dort die krümelnde Hexe oder der schöne Prinz? Muss der holde Knabe von der tapferen Maid vor dem feuerspeienden Drachen gerettet werden? Das vielleicht nicht, aber zu Füßen des Schneebergs findet man etwas noch viel spannenderes: den Anfang und Verlauf der Menschheitsgeschichte – zumindest auf den Info-Tafeln der Wanderroute „Vom Urknall nach Grünbach.“ In nur knappen fünf Stunden durchwandert man die Geschichte unserer Existenz, um letztendlich wieder in der idyllischen, 1.600 einwohnerstarken Gemeinde zu landen.
Die Zeit im Kreis durchwandern
Am Rande des kleinen Ortes Grünbach im Bezirk Neunkirchen, an der Wandstraße, beginnt das Abenteuer mit der explosiven Geburt des Kosmos, führt einem an der Hohen Wand die Entstehung des Lebens und der Landschaft zu Gemüte und klärt die Naturbegeisterten am Plackles über die ungemütlichen Urstände vor vier Milliarden Jahren auf. Mit Sonne im Gesicht und Brennen in den Schenkerln lernt man entlang teils steiler Serpentinen, teils fast flachem Waldweg von Flora und Fauna quer durch die Zeiten. Über den Segen Gottes, den steilen Krumböcksteig und den Hausstein geht’s entlang des Geländes wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Keine Angst: der Bär am G’länd beißt nicht
In einer kleinen Bärenhöhle in der Nähe der „G’länd-Hütte“ wurden fossile Reste von Bären, Waffen und uralten Menschensiedlungen gefunden, die darauf schließen lassen, dass das Gebiet bereits in der Steinzeit besiedelt war. Heute erinnert der Höhepunkt des geschichtsträchtigen Wanderweges daran: In naturgetreuer Nachbildung stehen sich am „G’länd“ ein Höhlenbär und ein Jäger aus der Eiszeit gegenüber. Fürchten muss man sich aber nicht, die Figuren sind bloß aus Holz geschnitzt.
Vom grünen Bach zur springenden Ache
Auch sprachhistorisch ist Grünbach ein interessantes Pflaster. Bis ins 20. Jahrhundert verfügte der Ort über zwei Namen, die nebeneinander gebräuchlich waren. Einerseits das ältere mittelhochdeutsche „Gumplaha“, das „springende Ache“ bedeutet, andererseits das von den bayrischen Siedlern im 12. Jahrhundert mitgebrachte neuhochdeutsche „Grunebach.“ Zwei Namen also, die auf das Gewässer verweisen.
Der bayrische Ortsname tauchte zuerst im Jahre 1140 urkundlich auf und war nicht vielen Änderungen ausgesetzt. So wurde „Grunebach“ im 14. Jahrhundert zu „Gruempach“ und im 18. schließlich zum heute offiziellen „Grünbach“. Das alte „Gumplaha“ hingegen durchlief von „Gumpla“ bis „Gumplach“, über „Gimpla“ und sogar „Gienplach“ viele Änderungen. Im 19. Jahrhundert war schließlich die letzte Fassung „Geambla“ gebräuchlich.
Das knisternde, schwarze Gold
Vor fast 200 Jahren fand laut Legende ein Kogelbauer beim Ackern am Grünbacher Felde schwarze Steine. Nach anfänglicher Verwirrung wurden die Fundstücke von einem weitgereisten Schustergesellen in einen Ofen gesteckt. Das Prasseln und Knistern und Brennen versetzte jedoch all die Hausbewohner in Angst und Schrecken. In Vergessenheit geriet das Kohlestück jedoch nicht: Kurze Zeit später begannen Gewerke aus Wiener Neustadt mit der Kohlegewinnung im „Geambla.“ Der Steinkohlebergbau wurde in Grünbach bis 1965 betrieben, das Werk prägte den Ort und die Bewohner aber in solch außerordentlichem Maß, dass bis heute ein intensives Interesse für die Bergmannstraditionen gepflegt wird.
So findet man in Grünbach am Schneeberg heute etwa die Mountainbike-Strecke „Schwarzes Gold.“ Auf fast 19 Kilometern können dort begeisterte Bergradler ihre Kondition testen und die Aussicht genießen. Wer sich intensiver mit der „schwarzen“ Vergangenheit Grünbachs auseinandersetzen will, findet im ortsansässigen Bergbaumuseum sein Glück. Dort erfährt man mehr zur Chronologie des Grünbacher Steinkohlebergwerks und es werden unterhaltsame „Museumsführungen wie im Kabarett“ angeboten.
Das Bergmanderl am Smartphone drückt G’schichterln
Auch das Gemeindewappen erinnert an das wichtige Ortskapitel. Auf dem schwarzen Schild symbolisiert ein weißes Viereck den Schneeberg, ein grüner Fluss ebendiesen und Schlögl und Hammer das Steinkohlebergwerk. Mithilfe eines digitalisierten „Bergmanderl“ in einer App ist die Bergbau-Geschichte in der technischen Gegenwart angelangt. Diese App erweckt die Info-Tafeln entlang einer weiteren Wanderroute von Grünbach ausgehend zum Leben. Einmal erzählt es eine Sage oder Geschichte aus dem Dorfleben, dann spielt’s Musik, zeigt schöne Bilder oder auch einen kurzen Film.
Ganz fehlt dem Ort das Märchenhafte also doch nicht.
-E. AYAZ