Die Nationalratswal 2024 brachte einen neuerlichen Rekord an Wählerinnen und Wählern mit Wahlkarten. 1,44 Millionen Wahlkarten wurden insgesamt beantragt, was einem Anteil von 22,3 Prozent entspricht. Im Vergleich zur letzten Wahl vor fünf Jahren wurden dieses Mal um 35 Prozent mehr Wahlkarten ausgegeben. Mit der Zahl der Wahlkarten steigt auch der Aufwand in den Kommunen. Eine Hochrechnung des Gemeindebundes geht von 100.000 Arbeitsstunden in den Gemeindeverwaltungen alleine für die Briefwahl aus.
„Danke an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden und den Mitgliedern der Wahlbehörden. Die Organisation der Wahl war eine Mammutaufgabe“, betont Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl im Rahmen eines Pressegespräches, der in Sachen Briefwahl auch Klartext spricht: „Rückmeldungen aus den Gemeinden zeigen, dass es immer mehr Probleme gibt: Viele bestellte Wahlkarten kommen nicht an oder nicht zurück. Und ein durchaus erheblicher Anteil der wieder angekommenen Wahlkarten ist ungültig!“
Digitales Wählen ermöglichen
Gemeindebund-Präsident Pressl will das System neu denken und mit den Erfahrungen aus der letzten Wahl auch offen über digitales Wählen bzw. E-Voting diskutieren und verweist in diesem Zusammenhang auf die Volksbegehren: „Bis zu 80 Prozent der Unterschriften für die Volksbegehren werden heute bereits online abgegeben. Wir sollten daher auch bei künftigen Wahlen zusätzlich zur Wahl im Wahllokal auch E-Voting anbieten. Das wäre für die Menschen, die digital wählen wollen bequemer, auch weniger fehleranfällig und für die Verwaltung und Wahlbehörden enorm Steuergeld sparend. Ich wünsche mir daher mehr Mut in dieser Frage und eine offene breite gesellschaftliche und politische Diskussion zum digitalen Wählen!“ Der Präsident verweist dabei auf Erfahrungsberichte aus Estland, wo seit bald 20 Jahren E-Voting möglich ist und heute schon 60 Prozent online abstimmen. 40 Prozent der Wähler kommen in Estland ins Wahllokal.
Estland macht es vor
Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle ergänzt die Ausführungen des Präsidenten mit internationalen Erfahrungen beim E-Voting. So begann in Österreich -wie in Estland – die Geschichte des E-Votings im Jahr 2004. Damals wurde in beiden Ländern eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Die erste und bisher einzige Wahl, bei der in Österreich auch online gewählt werden konnte, war die ÖH-Wahl im Jahr 2009. Schon 2011 hat der Verfassungsgerichtshof wieder E-Voting in Österreich beendet. „In Estland ging die Entwicklung weiter und dort blickt man heute auf eine 20-jährige gute Erfahrung mit dem E-Voting zurück. Österreich sollte nun auch wieder den Schritt wagen und Pilotprojekte zulassen“, so Stainer-Hämmerle.
Gemeinden wollen digitaler werden
Zusätzlich zum Wunsch nach E-Voting führt der Gemeindebund-Präsident auch weitere Digitalisierungsvorschläge im Zusammenhang mit den Wahlen an: „So werden heute in den Wahllokalen immer noch Listen geführt, wo jeder Wähler mühsam teilweise per Hand eingetragen wird. Außerdem müssen die Wahlbehörden auch Sofortmeldungen der Ergebnisse per Telefon machen. Hier muss der Bund endlich eine zentrale Lösung schaffen, damit die Gemeinden ihre Daten in ein System eintragen und somit Fehler durch telefonische Weitergabe vermeiden.“
Der Bundesvorstand des Gemeindebundes hat erst vor zwei Wochen am Gemeindetag sein Forderungspapier an die nächste Bundesregierung beschlossen. Darin finden sich auch Vorschläge zur Digitalisierung in den Kommunen. Der Gemeindebund will die digitale Verwaltung auf die Überholspur springen, denn „mehr Digitalisierung in der Verwaltung bringt mehr Effizienz, spielt das Personal für wichtigere Aufgaben wie Bürgerservice frei und spart bares Steuergeld“, so Pressl. Um im Bürgerservice noch mehr digitale Angebote zu schaffen, brauchen in Zukunft alle Österreicherinnen und Österreicher die ID-Austria. Außerdem schlägt der Gemeindebund in Sachen Cybersicherheit eine nationale Behörde vor, die für die Sicherheit der digitalen Amtswege inkl. Datenmanagement sorgt.
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