Die Zahl der Abhol- und Aufgabestationen für Pakete in Österreich explodiert. Was auf den ersten Blick wie ein Zusatzservice für den Kunden erscheint, bringt in der derzeitigen Ausgestaltung aber auch Probleme mit sich.
Während die Zahl der versandten Briefe und Postkarten in Österreich um rund zehn Prozent jährlich zurückgeht, nimmt die Menge der versandten Pakete von Jahr zu Jahr im gleichen Ausmaß zu. 2023 waren es exakt 9,4 Prozent mehr Packerl, die zugestellt wurden, als im Jahr zuvor. Kein Zweifel, der Paketverkehr boomt – und das schon seit Jahren.
Der Online-Handel ist die treibende Kraft, und Corona fungierte als Katalysator. Über 400 Millionen Pakete werden Herr und Frau Österreicher heuer voraussichtlich in Empfang nehmen. Das entspricht immerhin drei bis vier Päckchen pro Person und Monat. Doch längst nicht alle davon werden von einer Postbediensteten oder einem prekär beschäftigten Lieferanten persönlich überreicht, denn das Hinterlegen der Packerl in Paketboxen nimmt rasant zu.
Bereits tausende Abholstationen
Wie Schwammerl schießen sie aus dem Boden. So scheint es zumindest. Seit Ende 2021, also binnen gut zweieinhalb Jahren, hat sich die Zahl der Abholstationen mehr als verdoppelt. Tausende sind es mittlerweile im gesamten Bundesgebiet.
„Die Österreichische Post hatte zwar bei den Zustellmengen von Paketen in Österreich Einbußen zu verzeichnen, liegt aber mit 51,9 Prozent Marktanteil unangefochten auf Platz eins. Auf Platz zwei kam es jedoch erstmals zu einer Rochade: Amazon stellte mehr Pakete als DPD zu und überholte mit einem Marktanteil von 16,4 Prozent erstmals den bisherigen Zweiten DPD“, berichtete Telekom-Regulator Klaus Steinmaurer über den Wechsel bei den Marktanteilen, der sich Anfang 2023 vollzog.
Die Post und Amazon sind auch jene beiden Betreiber von Paketboxen, die nur ihre eigenen Pakete über diese Boxen abwickeln. Die anderen Anbieter betreiben hingegen offene Systeme. Eine Anmeldung bei den jeweiligen Anbietern ist nach wie vor notwendig.
Und von denen gibt es viele: Easy Paketstation, Renz, Rosy’s, Storebox, TableConnect, Tamburi und Variocube sind die gängigsten, wobei die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Der Markt ist hochvolatil. MyFlexBox, ein weiterer Anbieter, der als Corporate Start-up 2018 von der Salzburg AG gegründet wurde, verkündete zum Beispiel Anfang September eine Kooperation mit der Post, die Abholfächer in allen der rund 550 MyFlexBox-Paketstationen einrichtet.
DPD, das neben 1.900 klassischen Paketshops auch schon 900 Paketstationen betreibt, kooperiert wiederum mit Tamburi, das über 300 Standorte mit einbringt. Kurz gesagt, es herrscht Goldgräberstimmung und auf dem Markt der Paketboxen geht es ganz schön zu. Doch was bedeutet der Wildwuchs an Abholstationen von x verschiedenen Anbietern für die Gemeinden und deren Bevölkerung?
Die durch das Abholen zusätzlich entstehenden Fahrten der diversen Empfänger verursachen Lärmbelästigungen, Schadstoffemissionen und eine Zunahme des Individualverkehrs und wirken somit auch der Erreichung der Klimaziele entgegen. Die Paketboxen sollten dahingehend mit Bedacht und Weitblick positioniert werden. Momentan ist das aber nicht der Fall.
Gegenwärtig ist es vielmehr so, dass jeder Paketdienst oder Zustellservice seine eigene Boxen dort aufstellt, wo es ihm beliebt. Die Gemeinde hat dabei kaum eine Handhabe. Sofern die Unternehmen ihre Paketboxen auf Privatgrund aufstellen, können sie im Prinzip machen, was sie wollen. Das geschieht auch vielfach bei Supermärkten, Tankstellen etc. Regelungen gibt es diesbezüglich praktisch keine. Es gibt übrigens auch keine Statistik, in welcher Gemeinde wie viele Paketboxen vorhanden sind.
Im öffentlichen Bereich sieht es ein bisschen anders aus. Auf öffentlichem Grund benötigen die Betreiber grundsätzlich eine Gebrauchserlaubnis, also eine Genehmigung der Gemeinde. Und eine solche ist im Prinzip auch zu erteilen, wenn dem nicht öffentliche Interessen entgegenstehen. Das könnte zum Beispiel eine etwaige Unterschreitung der Gehsteigmindestbreite sein oder die Flüssigkeit des Verkehrs. In der Altstadt könnte man gegebenenfalls mit dem Ortsbild argumentieren. In einzelnen Fällen könnte es noch eine baurechtliche Relevanz geben. Letztendlich ist aber auch auf öffentlichem Grund dem Paketbox-Wildwuchs wenig entgegenzusetzen.
Betreiberunabhängige Übergabeeinheiten
Eine Möglichkeit, den Fleckerlteppich an Paketboxen zu vermeiden und ihm gegenzusteuern, besteht unter Umständen darin, dass sich die Gemeinde aktiv um die Installation von „White-Label-Boxen“ bemüht. Das sind betreiberunabhängige, nutzeroffene Übergabeeinheiten für Warensendungen.
Unter diesem Begriff werden Paketboxen zusammengefasst, die eine flexible und diskriminierungsfreie Hinterlegung von Waren durch unterschiedliche Dienstleistungsunternehmen, Handeltreibende und andere Personen zulassen und damit eine zeitlich unabhängige Einlieferung und Abholung ermöglichen. Sie könnten gerade für den stationären Einzelhandel eine neue zukunftsträchtige Schnittstelle zur näheren oder auch weiter entfernten Kundschaft bedeuten.
Wie dabei am besten vorzugehen ist, beschreibt der Leitfaden „White Label Paketboxen“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
– A. HUSSAK(Quelle: KOMMUNAL)
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