Alle Jahre wieder gibt es Bestrebungen von Verwertungsgesellschaften, vermeintlich bestehende Vergütungsansprüche gegen Gemeinden geltend zu machen. Dabei zahlen Gemeinden als Schulerhalter schon zahlreiche Urheberrechtsvergütungen.
Gemeinden sollten Schülerzahlen melden
Kurz vor Weihnachten ist die Verwertungsgesellschaft AKM an sehr viele Gemeinden mit einem Schreiben herangetreten um sie auf eine neue Vergütungspflicht nach § 42g Urheberrechtsgesetz (Digitale Unterrichts- und Lehrvergütung) aufmerksam zu machen. Die AKM hat in diesem Anschreiben sogleich die (bereits veröffentlichten) Tarife bekannt gegeben und die Gemeinden aufgefordert, neben den Schulen auch die genauen Schülerzahlen der letzten Jahre bekanntzugeben. Dass die Schülerzahlen in vielen Gemeindeämtern nicht griffbereit vorhanden sind, sondern erst recherchiert werden müssen/müssten, dürfte wohl der Unwissenheit über das österreichische Schulsystem geschuldet sein. Und dass die – auch in Anbetracht der bei Gemeinden nicht vorliegenden Zahlen – relativ kurze Frist von vier Wochen just in die Weihnachtzeit fiel, war sicherlich dem Zufall geschuldet.
Gemeinden zahlen bereits bis zu vier Vergütungen
- Gemäß § 56c UrhG dürfen unter anderem Schulen für Zwecke des Unterrichts beziehungsweise der Lehre in dem dadurch gerechtfertigten Umfang Werke der Filmkunst und die damit verbundenen Werke der Tonkunst öffentlich aufführen. Für die öffentliche Aufführung steht dem Urheber ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu (Vergütung für Filmaufführungen). Eine Vereinbarung über die Höhe der Vergütung wurde vor etlichen Jahren zur Zufriedenheit aller Gemeinden und auch der Verwertungsgesellschaften abgeschlossen.
- Gemäß § 42 Abs. 6 UrhG dürfen unter anderem Schulen für Zwecke des Unterrichts beziehungsweise der Lehre in dem dadurch gerechtfertigten Umfang Vervielfältigungsstücke in der für eine bestimmte Schulklasse beziehungsweise Lehrveranstaltung erforderlichen Anzahl herstellen (Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch) und verbreiten; das gilt auch für Musiknoten. Hierfür haben die Gemeinden als Schulerhalter die sogenannte Betreibervergütung zu leisten (§ 42b Abs. 2 Z 2 UrhG). Auch diesbezüglich wurde vor einigen Jahren eine Vereinbarung getroffen.
- Gemäß § 42b Abs. 1 UrhG hat der Urheber Anspruch auf eine angemessene Vergütung, wenn Speichermedien jeder Art, die für Vervielfältigungen geeignet sind, im Inland gewerbsmäßig in Verkehr kommen. Gleich ob Festplatten, USB-Sticks, Speicherkarten oder integrierte Speicher in PC: für all diese Speichermedien ist grundsätzlich die sogenannte Speichermedienvergütung (vormals Leerkassettenvergütung) zu zahlen, die im Kaufpreis beinhaltet ist. Je nach Verwendung gibt es hier aber die Möglichkeit einer Freistellungserklärung (§ 42b Abs. 7 UrhG) oder einer Rückvergütung (§ 42b Abs. 6 UrhG).
- Gemäß § 42b Abs. 2 Z 1 UrhG ist für ein Vervielfältigungsgerät (Multifunktionsgerät, Drucker, Kopierer), welches entgeltlich in den Verkehr gebracht wird, eine Gerätevergütung zu bezahlen. Diese Gerätevergütung ist stets im Kaufpreis, in der Leasingrate oder Miete inkludiert.
Zukünftig sollen Gemeinden als Schulerhalter der Pflichtschulen eine weitere Vergütung zahlen, jene für digitale Nutzungen in Unterricht und Lehre gemäß § 42g UrhG, die seit Anfang 2022 im Urheberrechtsgesetz verankert ist.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die AKM mit den kommunalen Spitzenverbänden in Verbindung setzt um allfällige Sach- aber auch Rechtsfragen zu klären.
In dem besagten Schreiben der AKM an zahlreiche Gemeinden ist sogleich der (von der AKM einseitig und ohne Rücksprache mit Gemeinden und deren Vertretungen) festgelegte Tarif der letzten drei Jahre genannt – mit jeweils Steigerungen von rund 30% (0,105 Euro pro Schüler im Schuljahr 2022/23; 0,133 Euro pro Schüler im Jahr 2023/24 und 0,174 Euro pro Schüler im Schuljahr 2024/25).
Zwar ist die AKM ihrer Transparenzpflicht insofern nachgekommen, als sie den Tarif auf ihrer Homepage veröffentlicht hat, der Tarif ist aber in keiner Weise nachvollziehbar und verstößt überdies auch gegen das Verwertungsgesellschaftengesetz. So hat zwar die Digitalisierung im Bildungsbereich Einzug gehalten und ist mit Einführung der „Laptopklassen“ eine Steigerung der Nutzung von digitalen Lernplattformen und Lernumgebungen evident. Es fehlen aber zur Gänze Anhaltspunkte, wie sich der Tarif mitsamt Steigerungsstufen zusammensetzt und anhand welcher Kriterien und Parameter dieser bestimmt wurde.
Sollten die Steigerungsstufen für die Folgejahre beibehalten werden, dann beträgt die Vergütung in wenigen Jahren mehr als einen Euro pro Schüler und Jahr.
Bemerkenswert ist, dass der Tarif auch gar nicht darauf abstellt, um welchen Schultypus es sich handelt, obwohl offensichtlich ist (Erhebungen dürften nicht stattgefunden haben), dass etwa in Volksschulen derartige digitale Lerneinrichtungen kaum (vereinzelt) vorkommen. Anders ist es (aber auch da in der Intensität sehr unterschiedlich) in Mittelschulen. Hinzukommt, dass dem Anschein nach nicht geprüft worden sein dürfte, ob überhaupt und in welchem Ausmaß „digitale Nutzungen in Unterricht und Lehre“ stattfinden. Auf die Intensität der Nutzung wird keine Rücksicht genommen.
Sind Gemeinden hier wirklich in der Pflicht?
Zwar gibt es keinen Zweifel, dass es die Vergütung dem Grund nach gibt, offen ist aber, ob die Gemeinden als Schulerhalter tatsächlich hinsichtlich dieser Vergütung vergütungspflichtig sind. Ebenso ist fraglich, ob es einen Vergütungsanspruch der Höhe nach gibt. Letztlich ist davon auszugehen, dass analoge und digitale Nutzungen kommunizierende Gefäße sind (je mehr digital, desto weniger analog). Das sah wohl auch der Gesetzgeber so, der in den Materialien zur Regierungsvorlage der Novelle im Jahr 2021 folgende Klarstellung im Zusammenhang mit den finanziellen Auswirkungen der Neuerungen getroffen hat: „Die geringfügige Erweiterung der freien Werknutzung für Unterricht und Lehre als solche führt nicht zu Vergütungsansprüchen und damit zu Mehrbelastungen für Schulerhalter.“
-B. HAUBENBERGER
Über den Autor
Mag. Bernhard Haubenberger ist Fachreferent beim Österreichischen Gemeindebund.
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