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Panorama

26.08.2019

Tollet: Gemeinde der WCs?

Wer bei der Gemeinde Tollet an die ähnlich klingende Sanitäreinrichtung denkt, ist auf dem Holzweg. Hinter der TOLLEN Gemeinde stecken ein Schloss, eine Kirche und eine lange Geschichte.

Die Gemeinde Tollet im Bezirk Grieskirchen in Oberösterreich ist weit mehr als nur eine kleine 900-Einwohner-Kommune im Hausruckviertel. Neben einigen Sehenswürdigkeiten hat Tollet auch eine reichhaltige Geschichte zu bieten, welche die Ortschronik eine ganz besondere werden lässt.

Kelten im Hausruckviertel?

Die Gemeinde Tollet trägt bis heute einen Namen, der seit dem Frühmittelalter heraus beibehalten wurde. Das Wort geht dabei auf Begriffe aus dem Keltischen zurück, die genaue Wortherkunft ist allerdings ungeklärt. Als mögliche namensspendende Begriffe werden die Wörter „Tol“, was „Graben“ heißt, oder auch „doll“, was mit „Pflock“ übersetzt werden kann, gehandelt.

Erste Indizien auf Ansiedlungen gehen auf das Jahr 950 zurück, worauf einzelne Fundstücke hinweisen. Der Regentschaft von Graf Ortolf von Tollet werden die ersten Befestigungsbauten zugerechnet – er regierte nicht nur die Ortschaften der heutigen Gemeinde Tollet, sondern auch weite Teile des heutigen Hausruckviertels im Kern Oberösterreichs. Danach kam es in die Hände mehrerer Geschlechter, so gehörte es auch Adam Graf Herberstorff, dem Urheber des Frankenburger Würfelspiels, dann den Grafen von Sprintzenstein und seit 1845 den Grafen Revertera.

Das Wappen der Gemeinde: Der Hahn als Symbol für Altbischof Franciscus Zauner, das Rad als Hinweis auf das einzige Wagnereimuseum in Österreich, die Plugmesser als Zeichen für die Landwirtschaft.

Tradition seit 1855

Die Kommune besteht in mehr oder weniger ähnlicher Form bereits seit mehreren hundert Jahren. Auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern gliedert sich die Gemeinde in 15 Teilortschaften, welche – natürlich gewachsen – keinen üblichen Ortskern aufweisen, sondern zusammengefasst verwaltet werden. Im Jahre 1855 wurde der erste Bürgermeister eingesetzt. Obwohl es in Tollet keine eigene Schule sowie Geschäfte gibt, entwickelte sich die Gemeinde aufgrund der Nähe zur Bezirkshauptstadt Grieskirchen zur Wohngemeinde.

Ein Schloss für den Bürgermeister

Bekannt ist Tollet vor allem für das gleichnamige Schloss zwei Kilometer nördlich von Grieskirchen. In Grundzügen immer noch erhalten, war die Burg ursprünglich ein befestigter Holzbau mit Palisaden. Während der Renaissance renoviert und umgebaut, durchlebte das Schloss vor allem während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine turbulente Zeit. Zur Zeit der deutschen Okkupation in ein Lazarett umgewandelt fungierte der Bau später auch als Kaserne für amerikanische Truppen und als Flüchtlingslager in den Nachwehen des Kriegs. Der danach schrittweise einsetzende Verfall wurde im Jahre 2002 durch Investitionen gestoppt. Die Renovierung wurde 2009 abgeschlossen, seitdem befindet sich sowohl das Gemeindeamt als auch der Bezirksheimathausverein „Kulturama“ sowie acht Privatwohnungen im Schloss Tollet.

Auch die Kirche des Ortes, welche dem Heiligen Ulrich gewidmet ist, zählt zu den wichtigen Punkten in der oberösterreichischen Gemeinde. Die gotische Kirche wird bereits 1200 zum ersten Mal urkundlich erwähnt.

Tollet ist angesichts seiner Sehenswürdigkeiten einen Abstecher allemal wert – denn welche Kommune kann schon von sich behaupten, sein Gemeindeamt in einem Schloss untergebracht zu haben?

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