Nach den Turbulenzen im Zuge der GemNova-Pleite ist am Dienstag beim Gemeindetag des Tiroler Gemeindeverbandes in Zirl eine „Revolution“ ausgeblieben. Der Vomper Bürgermeister Karl-Josef Schubert (ÖVP) wurde zum Präsidenten gewählt, eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge mit großer Mehrheit angenommen. Schubert versprach eine Aufarbeitung der Vergangenheit und Transparenz. Der scheidende Präsident Ernst Schöpf (ÖVP) verabschiedete sich: „Es hat mich sehr gefreut, das war’s“.
Neuer Präsident aus Vomp
Schubert erhielt 222 von 255 abgegebenen Stimmen, 33 Stimmen waren ungültig. Somit votierten für den 1966 geborenen Vomper Ortschef 87 Prozent aller Stimmberechtigten bzw. er erhielt 100 Prozent der gültig abgegebenen Stimmen. Schubert, seit 1997 Bürgermeister seiner Gemeinde, folgt damit auf den langjährigen Gemeindeverbandschef Schöpf. Als Stellvertreter wurden Daniela Kampfl (ÖVP, Mils), Florian Klotz (ÖVP, Holzgau) und der Zammer Bürgermeister und LAbg. Benedikt Lentsch gewählt.
Die vom neuen Präsidium angestrebte Erhöhung der Mitgliedsbeiträge für 2023 und 2024 auf zwei Euro pro Einwohner, unter Berücksichtigung einer „Deckelung“ mit 10.000 Einwohnern, wurde anschließend mehrheitlich angenommen. 252 Stimmen wurden abgegeben, 241 davon waren gültig. Davon stimmten 215 Gemeindevertreter für und 26 gegen die Erhöhung. Nötig geworden war sie im Zuge der Pleite des Gemeindeverbandsunternehmens GemNova und entsprechender Haftungen.
Beitragserhöhung mit Mehrheit beschlossen
In der Diskussion waren jedoch auch Stimmen für ein Sanierungsverfahren des Gemeindeverbands laut geworden. Ohne ein solches könne er der Mitgliedsbeitragserhöhung nicht zustimmen, verkündete etwa der Haller Bürgermeister Christian Margreiter. Der Wörgler Stadtchef Michael Riedhart (ÖVP) hingegen warb – wie die Mehrheit der Redner – darum, dem neuen Präsidium mit einer „Ja“-Stimme für die Mitgliedsbeitragserhöhung ein „Signal zu geben“. Dem schloss sich schlussendlich die Mehrheit an.
Schubert hatte zuvor um die Zustimmung des Gemeindetages geworben und eine Aufarbeitung der Vergangenheit versprochen. Die GemNova-Pleite hätte, begleitet von medialen Schlagzeilen, zuletzt zu Vertrauensverlust geführt. Unklarheit, Chaos und Finanzdruck seien die Folge gewesen. Nun brauche es „Transparenz, wo es Unklarheit gibt“, so Schubert. Außerdem sei ein „Finanzplan“ nötig. Die Vergangenheit müsse „rechtlich geklärt werden“, bekannte der Vomper Bürgermeister. Immerhin seien bei der GemNova mehr als 700 Mitarbeiter zwischenzeitlich auf der Straße gestanden. Manche Entscheidungen „hätten so wahrscheinlich nicht fallen dürfen“, kritisierte Schubert. Bei der Aufarbeitung dürfe es „keine Tabus“ geben, sondern „Transparenz“ und niemand dürfe „sakrosankt“ sein.
Jährliche externe Wirtschaftsprüfung
Künftig solle außerdem jährlich ein externer Wirtschaftsprüfer das Finanzgebaren im Gemeindeverband prüfen und am Gemeindetag Bericht erstatten, versprach Schubert. Schlussendlich solle es zu einer „Summe an wirksamen Kontrollmechanismen“ kommen, um nicht erneut in eine solche Lage zu geraten. Neben einem Reformprozess, der auch eine Überarbeitung der Statuten beinhalten sollte, und einem Finanzplan kündigte Schubert auch an, teilweise auf das dem Gemeindeverbandspräsidenten bisher zustehende Gehalt zu verzichten. Dieser erhalte aktuell so viel wie ein Klubobmann im Tiroler Landtag – also zwölfmal 10.000 Euro im Jahr. Schubert wollte dies einerseits auf den Bezug eines Landtagsabgeordneten reduzieren und andererseits bis Jahresende auf sämtliche Bezüge verzichten.
Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) hatte zuvor in einer Ansprache die Wichtigkeit des Gemeindeverbandes als Interessensvertretung der Gemeinden, auch in Verhandlungen mit dem Land Tirol, betont. „Der Gemeindeverband ist nicht nur eine Servicehotline, er verhandelt“, betonte Mattle. Die 276 Gemeinden bräuchten „eine Stimme“. Der Tiroler ÖVP-Landesparteichef dankte dem scheidenden Präsidenten Schöpf für den „großen Einsatz für die Gemeinden“, sowie dem neuen Präsidium für die „Bereitschaft, in einer schwierigen Situation Verantwortung zu übernehmen“. Von der Präsidentschaft Schöpfs solle nicht „nur das Negative“ in Erinnerung bleiben, bekundete auch Schubert. Vielmehr habe Schöpf viel für die Gemeinden geleistet. „Ich verneige mich vor dem politischen Lebenswerk von Ernst Schöpf“, so der neu gewählte Präsident. Mit einer Einschränkung: „Abseits der GemNova“.
Schöpf selbst warb ebenfalls für den Gemeindeverband und zog teils selbstkritisch Bilanz. Möglicherweise sei sein Agieren oder jenes seiner Vizepräsidenten „nicht glücklich“ gewesen, er habe jedoch versucht, immer das beste für die Gemeinden herauszuholen. Sehr vieles sei „recht passabel gelungen“. Auch von seiner damaligen Entscheidung für die GemNova sei er weiterhin „unverändert überzeugt“, so Schöpf in seiner Abschiedsrede.
Neuaufstellung verspricht Besserung in Causa GemNova
Der Söldener Ortschef und ÖVP-Urgestein hatte nach der Insolvenz des von ihm initiierten Dienstleistungsunternehmens GemNova seinen Rückzug angekündigt. Auch der Gemeindeverband selbst war durch die Causa in finanzielle Schieflage geraten. Forderungen von 2,9 Millionen Euro und drohende Haftungsansprüche von weiteren vier bis fünf Millionen Euro waren die Folge gewesen.
Eine Gratulationsbekundung für das neue Präsidium kam nach dem Gemeindetag unterdessen von SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer. „Ich bin überzeugt, dass die Mitglieder des Gemeindeverbandes wichtige und richtige Weichenstellungen für die Zukunft ihrer Interessensvertretung vorgenommen haben“, meinte Dornauer in einer Aussendung.
Die Causa GemNova hatte die Tiroler Landespolitik dieses Jahr monatelang beschäftigt. Endgültig besiegelt hatte die Pleite eine Bürgermeisterkonferenz des Gemeindeverbandes Mitte Juli. Dort war die geforderte Zustimmung von 90 Prozent der 276 Ortchefs für die Anhebung der Mitgliedsbeiträge um 1,1 Millionen Euro – derselbe Betrag und dasselbe Vorgehen, das jetzt angestrebt wurde – nicht erreicht worden und damit die von Gemeindeverbandspräsident Schöpf geplante Sanierung gescheitert. Schöpf zog sich letztlich zurück, er ortete und kritisierte in den vergangenen Monaten wiederholt ein Aufbauschen der Causa, verbandsinterne Intrigen und eine mediale Kampagne gegen ihn.
Die GemNova war mit der Muttergesellschaft und fünf Tochtergesellschaften in die Pleite gerutscht. Die Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaften betrugen rund 4,3 Millionen Euro. Die Muttergesellschaft eingerechnet beliefen sich die Passiva insgesamt auf bis zu zehn Millionen Euro. Einen Großteil der Mitarbeiter der „Tochter“ Bildungspool Tirol GmbH – sie beschäftigte mit Abstand die meisten Mitarbeiter in dem Firmenkonstrukt – fing das Land über eine eigens gegründete gemeinnützige Gesellschaft auf.
-APA