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27.08.2019

Teil 4: Kommunikation und Selbsthilfe-Basen

Gemeinden spielen eine zentrale Rolle bei einem Blackout, da die üblichen Kommunikationskanäle zusammenbrechen können. Wie Gemeinden dennoch kommunizieren können und wie "Selbsthilfe-Basen" funktionieren, erklärt Herbert Saurugg im vierten Teil des Expertentalks.

In Teil 3 des Blackout-Expertentalks drehte sich alles um die Frage, was die Gemeinden im Falle eines Blackouts machen können. In Teil 4 geht es um die Aufrechterhaltung der Kommunikation und um dezentrale Selbstorganisation.

Herr Saurugg, wie kann die Kommunikation mit den Bürgern aufrecht erhalten werden, wenn Handy und Co nicht mehr funktionieren?

Wenn die wichtigsten Kommunikationsmittel wie Handy oder Internet ausfallen, dann funktioniert die Kommunikation nur mehr im direkten Umfeld zum Beispiel in der Familie oder den Nachbarn. Dabei wird die Vorbereitung des Einzelnen umso wichtiger sein, denn die großflächige Versorgung der Bevölkerung mit allem, was den täglichen Bedarf anlangt, wird nicht möglich sein.

Der/die Bürgermeister/in wird im Krisenmanagement automatisch eine ganz zentrale Rolle einnehmen. Bei vergangenen Ausfällen hat sich ganz deutlich gezeigt, dass die Menschen sehr schnell vor der Tür des Bürgermeisters stehen. Damit Krisenmanagement im Notfall funktioniert, ist es ganz wichtig, dass sich nicht nur die Bürgermeister entsprechend privat auf einen möglichen Vorfall vorbereiten, sondern auch den Anstoß für eine Auseinandersetzung in der Gemeinde gibt und das Thema Vorsorge auf die Tagesordnung setzt.

Der wichtigste Baustein ist also die richtige Kommunikation bzw. Bewusstseinsbildung im Vorhinein. Dazu kann sich der Bürgermeister auch die Unterstützung der Zivilschutzverbände bzw. der Zivilschutzbeauftragten holen. Das kann zum Beispiel durch entsprechende Beiträge in der Gemeindezeitung oder den sozialen Medien erfolgen. Neben diesen präventiven Maßnahmen sind natürlich auch Überlegungen erforderlich, wie die Kommunikation mit der Bevölkerung im Ernstfall aufrechterhalten werden kann. Das muss man sich in beide Richtungen überlegen: Zum einen, wie kann die Gemeinde die Bürger informieren, zum anderen, wie kann der Bürger im Notfall Hilfe rufen.

Die Selbsthilfe bietet eine wichtige Basis. Nur für Notfälle kann bei einem Blackout die organisierte Hilfe genutzt werden.

In manchen Gemeinden gibt es ja hin und wieder noch Megafone. Das wäre wahrscheinlich ein Weg, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Gibt es aus Ihrer Sicht noch andere Möglichkeiten?

Eine wichtige Unterstützung bei der überregionalen Kommunikation können Funkamateure leisten. Diese verfügen neben der qualifizierten Ausbildung in der Regel auch über eine entsprechende notstromversorgte Ausrüstung, um auch im Krisenfall die technische Kommunikation aufrecht erhalten zu können. Gibt es in einer Gemeinde mehrere Funkamateure, können diese auch für lokale Notverbindungen eingebunden werden. In der Regel besteht eine sehr hohe Hilfsbereitschaft, wenn man sie aktiv in die Vorsorgeplanungen einbindet. Das BMVIT stellt eine Liste mit allen lizenzierten Funkamateuren Österreichs zur Verfügung (den Link dazu finden Sie in der Box „Links“).

Darüber hinaus macht es Sinn, sich mit den Funkamateuren auch über einen möglichen lokalen Notradiosender zu unterhalten. Hier wird gerade im Rahmen des Forschungsprojektes Energiezelle F ein Konzept erarbeitet. Denn im Krisenfall interessiert die Menschen vor allem die lokale Situation. Und wie sich hier zeigt, könnte mit wenig Aufwand ein lokaler Notradiosender installiert werden. Das Konzept muss natürlich noch mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden, da nicht einfach jeder einen Radiosender betreiben darf. Am einfachsten ist es dort, wo es bereits regionale Sender gibt. Diese müssten dann nur soweit aufgerüstet werden, damit sie auch im Blackout-Fall weitersenden können.

Ein anderer Ansatz sind Selbsthilfe-Basen.

Wie können diese Selbsthilfe-Basen organisiert werden?

Gemeinden und Städte können sich rechtzeitig überlegen, wo die dezentralen Anlaufstellen („Selbsthilfe-Basen“) angesiedelt sein können. Diese sollten fußläufig erreichbar sein (2-3 km, am Land eher weiter). Am Land bieten sich beispielsweise die Feuerwehrhäuser dafür an, wobei darauf zu achten ist, dass deren Betrieb durch die Einrichtung einer solchen Basis nicht gestört wird. Im städtischen Bereich bieten sich beispielsweise Veranstaltungshallen, Schulen oder auch Wahllokale an. Deren Wege kennen die Menschen bereits – dadurch verringert sich der Organisationsbedarf.

Wie der Name schon sagt, soll das eine Anlaufstelle für Menschen sein, die Hilfe brauchen, und für Menschen, die Hilfe anbieten können. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, wenn diese Selbsthilfe-Basen kommunikationstechnisch (Funk, Melder) miteinander und zu den Einsatzorganisationen hin vernetzt wären, damit auch Notrufe weitergeleitet werden können. Die Vorbereitung wird mit Unterstützung der Gemeinde zu erfolgen haben. Der Betrieb soll aber möglichst durch die örtliche Bevölkerung oder durch Vereine sichergestellt werden.

Wichtig ist, klar zu machen, dass diese Selbsthilfe-Basen nur für Notfälle da sind. Sie sollen den Einzelnen nicht aus der Verantwortung nehmen, selbst vorzusorgen.

Die gesamte Idee dahinter und Details können auch im nebenstehend zum Download bereitgestellten Leitfaden „Selbsthilfe-Basis“ nachgelesen werden. In den nächsten Beiträgen geht es um die Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie um die Gesundheitsversorgung.

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