DER SCHADENFALL

Wir befinden uns im Amtszimmer einer Kleingemeinde in Österreich. Es geht konkret um die letzten Formalitäten zur Anschaffung einer neuen Energieversorgungsanlage. Nach langen internen Diskussionen und budgetärem Ringen steht man endlich vor dem finalen und vermeintlich unspektakulären Schritt: der Vertragsunterzeichnung.

Die Vertragsunterlagen wurden gemäß der üblichen Verkehrspraxis bereits vorab in vollem Umfang übermittelt, die wichtigsten Eckpunkte geprüft und dem erfolgreichen Vertragsschluss steht nichts mehr entgegen.

Doch wie sooft steckt der Teufel im Detail – genauer gesagt im Detail des 20seitigen Anhangs zum Kaufvertrag.

Genauer gesagt wird in diesem Vertragsanhang die Verlängerung der vertraglichen Garantie geregelt. Gut versteckt zwischen schier endlosen juristischen Phrasen wird mit Unterzeichnung verbindlich geregelt, dass die Garantie sich nach dem ursprünglich vereinbarten Zeitraum von 3 Jahren nur dann um jeweils 1 weiteres Jahr verlängert, wenn die Wartung über den Hersteller erfolgt.

Es kommt wie es kommen muss – der unverschuldete Betriebsschaden passiert beinahe punktgenau nach Ablauf des regulären Garantiezeitraums.

Nichtsahnend macht sich die erfahrene und juristisch vorgebildete Amtsleitung an die Arbeit den Garantiefall abzuwickeln.

Doch die unheilvolle Ablehnung lässt nicht lange auf sich warten. Dieser unverschuldete innere Betriebsschaden, zwar grundsätzlich durch die Garantie abgedeckt, tritt außerhalb des Garantiezeitraums auf. Die Reparaturkosten in Höhe von knapp EUR 19.000, – müssen also von der Gemeinde bestritten werden. Ein klassischer „Reiner Vermögensschaden“ und aufgrund der Qualifikation als Eigenschaden auch von der standardmäßigen Gemeinde-Haftpflicht nicht gedeckt.

DIE HAFTUNG

Wir spulen etwas vor: Was auf den ersten Blick nach einem unglücklichen Zufall aussieht, wird bei näherer Betrachtung kurzer Hand zu einem möglichen persönlichen Haftungsfall für die Amtsleitung.

Die rechtliche Grundlage1 lässt sich vereinfacht so darstellen: Das Organ wird der Gemeinde gegenüber ersatzpflichtig, wenn es dieser einen unmittelbaren Schaden zufügt. In dem Fall also der Schaden durch die entstandenen Reparaturkosten und die damit verbundene Vermögensminderung. Nun kämen zwar grundsätzlich in dem Fall die Haftungserleichterungen des DHG (Dienstnehmerhaftpflichtgesetz) zum Tragen, doch auch hier gilt der erweiterte Sorgfaltsmaßstab des Fachmanns.

Der Amtsleitung, welche den Vertrag entsprechend „vorgeprüft“ und zur Unterschrift freigegeben hatte, hätte auffallen müssen, dass diese vertragliche Bestimmung und die damit verbundene Garantieverlängerung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.

ERKENNTNISSE – WAS ERGIBT SICH DARAUS FÜR DIE PRAXIS

  • Der Haftungsmaßstab, an dem die leitenden Angestellten und Gemeindeorgane gemessen werden birgt ein enormes persönliches Haftungsrisiko – Unwissenheit schützt nicht!
  • Das persönliche Haftungsrahmen beläuft sich sowohl auf die Bereiche der Hoheitsverwaltung als auch der Privatwirtschaftsverwaltung.
  • Reine Vermögensschäden und Regressforderungen im Innenverhältnis sind in der Regel nicht oder nur zu einem verschwindend geringen Teil in der Gemeinde-Haftpflichtversicherung gedeckt.
  • Die D&O Versicherung (die persönliche „Manager-Haftpflichtversicherung“) oder die Eigenschaden Versicherung schützt leitende Angestellte und Gemeindeorgane vor Rückgriffen ins Privatvermögen.

Hinweis: Die Details des Schadenfalls wurden aufgrund laufender Verfahren entsprechend reduziert und/oder verändert.

 

 1 Vgl. dazu Kathrein im Rahmen Gemeinde Enquete – Gemeindebund und Justizministerium am 3. Oktober 2017

weiterführend Oppl, Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen – Schutz und Versicherbarkeit im Haftungsfall, in KWG (Hrsg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen sowie

Artmann, Die zivilrechtliche Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen, in KWG (Hrsg), Haftung von Bürgermeistern und Gemeindeorganen

– I.WEIPPL (Quelle: Sivag Komunale, Entgeltliche Einschaltung)

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