03.09.2019

Erste Bürgermeisterin einer arabischen Hauptstadt

Souad Abderrahim ist die erste Bürgermeisterin von Tunis. Somit wird erstmals in der Geschichte eine arabische Hauptstadt von einer Frau regiert.

Souad Abderrahim hat geschafft, was noch keiner Frau in der gesamten arabischen Welt vor ihr gelungen ist: Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes wurde eine Frau an der Spitze der tunesischen Hauptstadt Tunis gewählt. „Diesen Sieg widme ich allen Frauen, der Jugend und Tunesien“, verkündete die 53-Jährige nach ihrem Wahlsieg im Juli 2018.

Seit 2015 gibt es mit der Bauingenieurin Zekra Alusch zwar eine Bürgermeisterin an der Spitze der irakischen Hauptstadt Bagdad, sie wurde aber nicht gewählt, sondern von der irakischen Regierung eingesetzt. Schon länger finden sich vereinzelt Frauen in Ministerposten, aber kein einziger arabischer Staat wird von einer Frau geführt.

Von der Pharmazie in die Politik

Abderrahim wurde 1964 in der südtunesischen Hafenstadt Sfax geboren. Sie studierte Pharmazie und stieg daraufhin bei einem Pharma-Konzern als Managerin ein. Mittlerweile ist sie Geschäftsführerin und Mutter von zwei Kindern.

Ihren Weg in die Politik begann sie schon während ihrer Studienzeit, als sie sich in einer islamischen Studentenorganisation engagierte. Nach dem Sturz des damaligen Diktators Zine el-Abidine Ben Ali 2011 wurde sie schließlich bis 2014 in die verfassungsgebende Versammlung eines Wahlbezirks von Tunis gewählt.

Wahlrecht schreibt 50 Prozent Frauen vor

Trotz der Umwälzungen durch den Arabischen Frühling hat sich Tunesien in den letzten Jahren als einziges der Region gesellschaftlich positiv entwickelt: Demokratisierung, Dezentralisierung, Kommunalwahlen und ein Wahlrecht, das eine 50-prozentige Frauenquote bei den Kandidaten vorschreibt, sind einige Beispiele. Und so kommt es, dass nicht nur Abderrahim alleine als weibliche Bürgermeisterin das Amt innehat: 50 weitere Frauen im ganzen Land zogen bereits in ebensolcher Funktion an die Spitze ihrer Kommunen. Zudem sind nicht zuletzt durch das Wahlrecht knapp die Hälfte der insgesamt 7.200 gewählten Gemeinderäte Frauen.

Keine unumstrittene Kandidatin

Abderrahim ist in ihrer Stadt nicht unumstritten. Die Managerin, die ihr Haar offen trägt, ist Mitglied des Politbüros der islamistischen Ennahda-Partei. Kritiker werfen ihr vor, sie werde von der Partei eingesetzt, um Modernität und Weltoffenheit vorzutäuschen.

Bei der Bürgermeisterwahl blieben beispielsweise linke und säkuläre Politiker der Abstimmung aus Protest gegen die Ennahda fern, doch Abderrahim setzte sich mit den Stimmen der Islamisten-Partei und einiger Verbündeter durch.

Tunis soll grüner werden

Für Tunis hat Abderrahim bereits klare Prioritäten. Sie will den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, mehr Geld in Schulen stecken und das Müllproblem, mit dem die Stadt seit Langen zu kämpfen hat, in den Griff bekommen. Zudem verfolgt sie einen ganz besonderen Plan, wie sie vernachlässigte Parks wieder aufpeppeln will: Sie verlangt für straffällig gewordene junge Menschen mehr gemeinnützige Arbeit anstatt Gefängnisstrafen.

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