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Vorarlberg

12.03.2024

Bürgermeisterin und Amtsleiterin in Personalunion, geht das?

Alexandra Martin ist Bürgermeisterin und Amtsleiterin in Personalunion. Wie geht das zusammen? „In einer kleinen Gemeinde wie Raggal, ist das durchaus ein Vorteil“, meint die 53-Jährige Gemeindechefin. Wäre die Vorarlbergerin nicht neben dem Bürgermeisteramt noch Amtsleiterin, dann hätte sie einen anderen Hauptjob.

Wie alles begann

Zehn Jahre war Alexandra Martin in der 898 Einwohner kleinen vorarlberger Gemeinde tätig und hat dabei die verschiedensten Stationen durchlaufen. „Begonnen habe ich im Bürgerservice, wo ich längere Zeit tätig war. Ab 2017 hab ich dann die Buchhaltung übernommen“, sagt Martin. Seit 2019 ist die 53-Jährige Amtsleiterin, „weil der Vorgänger aufgehört hat und ich hineingewachsen bin und die Chance ergriffen habe“, erzählt sie. Ein Jahr später erhielt sie mit ihrer Liste „Zukunft Raggal“ die meisten Stimmen und hat sich dabei gegen zwei männliche Gegenkandidaten durchgesetzt. Auch das Bürgermeisteramt hat sich für Alexandra Martin „ergeben“. „Für mich war von Anfang an klar: Gemeindepolitik muss unparteiisch sein. Deswegen bin ich auch ohne Partei angetreten“, sagt sie. In der Gemeinde muss der Ort und die Bewohner:innen im  Fokus stehen“, so ihr Credo. Auf Landes- und Bundesebene sei das anders.

Amtsleiterin und Bürgermeisterin – zwei verschiedene Bereiche

Wie trennt Alexandra Martin ihre beiden Jobs – Bürgermeisterin und Amtsleiterin in einem geht das? „Das geht sehr gut und ist für mich durchaus auch ein Vorteil“, sagt sie. Durch ihre Erfahrungen in den verschiedenen Bereichen auf der Gemeinde habe sie ein gutes Hintergrundwissen, das ihr bei der Arbeit als Bürgermeisterin enorm helfe. Dazu komme, dass der Bürgermeisterinnenjob in einer kleinen Gemeinde wie Raggal kein Fulltime-Job sei. „Hätte ich den Amtsleiter-Job nicht, würde ich wo anders arbeiten.“ Auch wenn ihr bewusst sei, dass dieses Modell Bürgermeisterin und Amtsleiterin in Personalunion nicht in allen Bundesländern möglich ist, würde sie ihre Doppelfunktion sogar für kleine Gemeinden empfehlen. „Weil es in Zeiten wie diesen, wo Personal fehlt, auch eine gute Lösung ist“, ist Alexandra Martin überzeugt.

Vorbehalte gegen sie als Frau

Immer wieder hört die Vorarlbergerin bei ihrer Arbeit – egal ob als Amtsleiterin oder als Bürgermeisterin – Kritik, wieso sie das als Frau mache, wo der Job doch für Männer gemacht sei. Doch damit geht sie gelassen um. „Ich zeige jeden Tag erfolgreich vor, dass es geht und dass Frauen diesen Job genauso gut erledigen“, sagt Alexandra Martin. Natürlich gebe es Bereiche, die Männern besser zugeschnitten sind und umgekehrt. „Aber das Bürgermeisteramt und die Amtsleitung sind keine geschlechterspezifischen Jobs“, weiß sie aus Erfahrung.

Junge sehen das anders

Zuversicht gebe ihr die Tatsache, dass „die Jungen ein anderes Bild haben und nicht mehr in diesen „alten Denkmustern“ leben“, sagt sie. Sie finde die Frage auch immer sehr befremdlich, wie sie die Jobs als Frau und Mutter manage. „Meine männlichen Kollegen werden das nie gefragt“, ärgert sich Alexandra Martin.

Vielmehr wünscht sich die Bürgermeisterin mehr Akzeptanz und Toleranz für die individuellen Entscheidungen. „Jeder muss für sich einen Weg finden, wie er Beruf und Familie vereinbaren kann. Ich hatte den Vorteil, dass meine Kinder bei der Wahl zur Bürgermeisterin schon relativ groß waren (18 und 20 Jahre). Dennoch habe ich sie und auch meinen Mann gefragt, ob das auch für sie passt“, schildert Martin die Familien-Entscheidung.

Zähle keine Stunden

Hat die 53-Jährige ihre Doppelrolle anfangs nie ohne Überstunden und Wochenendeinsatz geschafft, so kann sie sich heute doch über freie Abende mit der Familie freuen. „Stunden zähle ich jedenfalls keine. Aber ich teile mir meine Zeit gut ein“, sagt sie. Im Gemeindeamt hat Alexandra Martin noch zwei Mitarbeiterinnen, die ihr bei der täglichen Arbeit helfen. Sie sei aber auch sehr froh, „mit dem Vizebürgermeister und dem Ortsvorsteher zwei engagierte Männer an ihrer Seite zu haben, mit denen sie im guten Austausch ist“, sagt Alexandra Martin. „Gemeinsam sind wir ein gutes Team. So lässt es sich bei uns für die Bürger:innen gut arbeiten“, sagt die Vorarlbergerin.

Kraft tanken in der Natur

„Arbeit nehme ich mir heute nur mehr ausnahmsweise mit nach Hause. Ich versuche immer mehr die „Jacke“ im Amt zu lassen“, erzählt Martin ihr Rezept fürs Runterkommen und Abschalten. Am meisten Kraft tankt die Vorarlbergerin bei ihrer Familie oder in der Natur. „Wichtig ist für mich, dass man immer Zeit einplant, wo man nicht an die Arbeit denkt“, sagt sie. Und das kann sie am besten in der Natur, mit der Familie beim Kartenspielen, beim Lesen oder bei Ausflügen.

 

Info:

In den meisten Bundesländern ist die Regelung, Bürgermeister und Amtsleiter in Personalunion zu sein, eine Auslaufmodell. In Kärnten, Burgenland, Salzburg und Niederösterreich wurde diese Regelung bereits verboten. In Oberösterreich wird noch diskutiert.

– S. PEISCHL

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