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Infrastruktur

27.03.2024

Diese Themen fordert der Gemeindebund von Arbeitsminister Kocher ein

Seinen Reigen der Antrittsbesuche bei den Ministerinnen und Ministern der Bundesregierung als neuer Präsident des Österreichischen Gemeindebundes startete Johannes Pressl Mitte März bei Arbeitsminister Martin Kocher. Die wichtigsten Themen aus Gemeindebundsicht: Die Nacheichfrist von Wasserzählern verlängern, die Eichpflicht von Schulwaagen abschaffen, das überbordende Normenwesen, der Lehrberuf Kommunalfacharbeiter sowie langfristig Wettbewerbsregeln bei Daseinsvorsorgeinfrastruktur und kritischer Infrastruktur überdenken.

Wasserzähler müssen in Österreich alle fünf Jahre getauscht werden. Das kostet Geld – für den Tausch aber auch für die Wasserzähler und das alles zahlen wiederum die Bürgerinnen und Bürger, die einen der 1,7 Mio. Wasserzähler im Keller haben. Die „Nacheichfrist“ muss deutlich verlängert werden, fordert der Gemeindebund seit Jahren.

„Frankreich hat eine Nacheichfrist bei Wasserzählern von 9 bis 15 Jahre, Italien und Schweden 10 Jahre, Belgien 16 Jahre, in Finnland gibt es gar keine Nacheichfrist und in der Schweiz gibt es gleich überhaupt keine Eichpflicht für Wasserzähler“, sagt Gemeindebund-Präsident Pressl.

Da sei in Österreich in dem Bereich ein enormes Effizienzpotenzial zu heben. In den österreichischen Haushalten sind rund 1,7 Mio. Wasserzähler eingebaut. Aufgrund der kurzen Nacheichfrist von nur fünf Jahren müssen österreichweit jährlich 340.000 Wasserzähler getauscht werden. „Das ist nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch eine „Meisterleistung“, findet Johannes Pressl. Deswegen fordert der Gemeindebund eine Nacheichfrist von mindestens 10 Jahren.

Nacheichfrist von Wasserzählern und Eichpflicht von Schulwaagen ärgert Bürgermeister

Neben den Wasserzählern gab der Gemeindebund-Präsident dem Minister auch das Thema der Schulwaagen mit auf den Weg. „Wir haben massiven Ärger wegen der Schulwaagen, die bei den schulärztlichen Untersuchungen zum Einsatz kommen. Obwohl diese nur einmal im Jahr verwendet werden, und bei den Untersuchungen meist das geschulte Auge des Mediziners eine sichtbare – Über- oder Untergewichtigkeit des Schülers feststellen kann, müssen auch diese Geräte alle fünf Jahre nachgeeicht werden. Und das sehr kostenintensiv“, sagt der Gemeindebund-Chef. Deswegen forderte Pressl den Minister nochmals eindringlich auf, eine Verlängerung der Nacheichfrist der Wasserzähler von fünf auf zehn Jahre zu erwirken und die Eichpflicht von Schulwaagen überhaupt ersatzlos zu streichen.

Normen eindämmen und kostenfrei machen

Einen mittlerweile kostenpflichtigen „Überbürokratismus“ sieht der neue Gemeindebundchef im Normenwesen. Da ersuchte Johannes Pressl den Minister die Normenflut einzudämmen und diese kostenlos zu machen. „Uns ist bewusst, dass Normen eine wichtige Rolle spielen und auch notwendig sind – gerade wenn ich an die Ö-Normen, EN-Normen oder ISO-Normen denke. Aber nicht immer handelt es sich um technische Normen, und hier müssen wir eingreifen“, fordert der Gemeindebund-Chef. Seit Jahren mache sich eine „Zertifikatitis“ breit, wonach für alles und jedes ein Zertifikat (etwa ISO-Zertifizierung) erworben werden kann und auch zunehmend dafür bezahlt werden muss. Wir glauben oft, wir würden es besser machen, wenn wir „zertifizieren“.  Aber wir machen es in der ohnehin schon komplexen Welt dadurch nur noch komplizierter. Und da müssen wir dagegenhalten“, fordert Johannes Pressl.

Lehrberuf Kommunaler Facharbeiter

Hinsichtlich des zunehmenden Personalproblems in den Gemeinden, machte Johannes Pressl auch auf das Thema „Lehrberuf Kommunaler Facharbeiter“ aufmerksam. Der derzeit bestehende Lehrberuf „Straßenerhaltungsfachmann“ werde leider den Anforderungen auf Gemeindeebene nicht gerecht. „Deswegen wäre es uns umso wichtiger österreichweit den Lehrberuf „Kommunaler Facharbeiter zu forcieren“, so der Gemeindebund-Chef. Ziel dabei sei es einen neuen Lehrberuf zu schaffen, der ein breites Feld der Aufgaben abdeckt (Instandhaltung von Gebäuden, Plätzen und Grünanlagen, Erhaltung von Straßen, Beleuchtung, Wasserversorgung, Müllentsorgung, Winterdienst etc.).

Nicht GEWINNE privatisieren und Verluste sozialisieren

Schließlich ortet Pressl immer mehr falsch verstandenen Wettbewerb bei kommunalen und Daseinsvorsorgeinfrastrukturen. Am Beispiel Glasfaserverlegung erläuterte er dem Minister, dass es wohl der falsch verstandene Wettbewerb sei, wenn für Glasfaserleitungen gleich mehrmals neben- und übereinander in einer Straße aufgegraben würde. Es würde reichen, wenn einmal gegraben wird und der Wettbewerb dann auf einer Leitung, die der Betreiber für alle öffnen muss, stattfindet. „Bei Stromleitungen geht´s ja auch“, sagte Pressl und verwies darauf, dass es mittlerweile einen Wettbewerb unter dutzenden Stromanbietern auf einem einzigen Netz gibt, das von einem konsequenten Regulator normiert wird. „Gesamt gesehen führt gerade diese immer mehr zu spürende Tendenz, dass auch bei Infrastrukturen wie der Glasfaser GEWINNE privatisiert und Verluste sozialisiert werden, zu „Infrastrukturlücken“ im ländlichen Raum. Da müssen wir langfristig dagegenhalten, will Pressl hierzu eine Diskussion anspornen.

Minister Kocher zeigte Interesse und Verständnis

Minister Kocher zeigte für alle Themen Interesse und Verständnis und versicherte, diese an seine Fachabteilungen weiter zu geben. Vor allem das Thema Bürokratieabbau und Effizienzen zu heben, seien sicher gemeinsame Ziele.

Bewusstsein auch für Gemeindemilliarde schaffen

Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl erneuert beim Antrittsbesuch mit Bundeskanzler Karl Nehammer die Forderung nach einer Gemeindemilliarde für die Städte und Gemeinden. „Wir haben zwar im Vorjahr einen guten Finanzausgleich für die Kommunen verhandelt. Mittlerweile sind allerdings für uns unvorhersehbare Faktoren dazugekommen, die uns das tägliche Leben in den Gemeinden enorm schwer machen“, sagt der Gemeindebund-Präsident.

Aktuell stehen 30 bis 40 Prozent der österreichischen Gemeinden vor der Situation, zur Abgangsgemeinde zu werden. Das heißt, dass sie den laufenden Betrieb nicht mehr ausgleichen können. „Wenn wir nicht rasch zu Verhandlungen kommen, schaut es in ein paar Monaten wirklich düster aus“, warnt der Gemeindebund-Chef. Die Gründe liegen auf der Hand: Die allgemeine Stagnation der Wirtschaft und dadurch fehlende Ertrags- und Kommunalsteuereinnahmen, um rund zehn Prozent gestiegene Personalkosten seit Jahresbeginn, dazu enorme Steigerungen bei Gesundheit, Sozialem und Pflege. „Alleine durch die seit 25 Jahren fehlende Anpassung der Grundsteuer B entgehen den Gemeinden jährlich 380 Mio. Euro – Geld, dass die Gemeinden dringend benötigen“, schildert Pressl die Sorgen der Gemeinden umfassend.

Der Gemeindebund-Chef ist gleichzeitig aber auch reformbereit. „Denn es geht um unser aller Steuergeld und das ist in den Gemeinden das Gleiche wie auf der Bundesebene. Ich habe dem Bundeskanzler zugesagt, dass wir in den Gemeinden selbstverständlich auch den Sparstift ansetzen. Vor allem mit „Vergleichssystemen“ möchte ich, dass wir auch in den Kommunen von den Besten lernen“, so der Chef der österreichischen Gemeinden.

– S.PEISCHL

 

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