Laut einer Studie des Verkehrsclub Österreich (VCÖ), wird jedes fünfte Kind in Österreich mit dem Auto in die Schule gebracht. Die sogenannten Elterntaxis münden dabei nicht selten in ein Verkehrschaos vor den Schulen. Um die Verkehrssituation vor den Bildungseinrichtungen in den Griff zu bekommen, hat die Stadt Salzburg zum Beispiel seit November 2017 dreißig Minuten vor Unterrichtsbeginn ein Zufahrtsverbot zu den Schulen für PKWs eingeführt.
Etwas anders hat das die Stadt Bregenz gelöst und für die nachhaltige und zukunftsorientierte Lösung „Gut-Geh-Raum“ sogar im Juni 2018 den Österreichischen Verkehrssicherheitspreis „Aquila“ verliehen bekommen.
„Gut-Geh-Raum“ entschärft Gefahrensituation
Das „Problemkind“ war die Schule Schendlingen in der Wuhrwaldstraße in Bregenz. Durch die Zusammenlegung der Volks- und Mittelschule im Jahr 2017, wuchs die Schule auf die doppelte Schülerzahl an. Das Verkehrsaufkommen bei den nunmehr 600 Schüler/innen wurde damit zur täglichen Herausforderung und es brauchte dringend eine Lösung.
„Die Wuhrwaldstraße ist sehr schmal und die Eltern kamen von allen Seiten. Teilweise konnten die Kinder nicht bei den geöffneten Autotüren vorbeigehen, es herrschte Chaos“, schildert Petra Dominguez vom Stadtamt Bregenz die Ausgangssituation. Sie leitete gemeinsam mit Ing. Helmut Freuis das Vorzeige-Projekt „Gut-Geh-Raum“.
Erklärtes Ziel des Projekts ist die Reduktion und Entschärfung der Gefahrensituationen im Schulumfeld Schendlingen. Außerdem soll Bewusstseinsbildung und dadurch ein anderes Verständnis für den Verkehr geschaffen werden.
Fahrverbot auf Zufahrtsstraße
Daher wurde ein Fahrverbot, welches werktags von 7:15 bis 17 Uhr gültig ist, auf der Wuhrwaldstraße verhängt. Ausgenommen davon ist der Anrainer- und Lieferverkehr. Mit der Schaffung dieses Gut-Geh-Raumes ist die Schule nun sicher und gut zu Fuß erreichbar und die Eltern müssen sich keine Sorgen mehr um die Sicherheit ihres Nachwuchses machen.
Der erwartete Aufschrei der Eltern blieb aus, das Projekt kommt übraus gut an. „Den Eltern wurde das Problem bei einem Elternabend anhand des Films „Selbstständig zur Schule“ deutlich gemacht“, erklärt Dominguez.
Der Film zeigt eine fürsorgliche Mutter, die ihr Kind zur Schule fährt. Sie fährt selbstverständlich und unbeirrt über den Schulhof, hinein in das Schulgebäude und durch den Gang bis ins Klassenzimmer. Die Fürsorge ist überspitzt formuliert, wirkt dadurch komisch und regt zum Nachdenken an. „Der Film hat sogar dazu geführt, dass es mittlerweile als peinlich gilt, mit dem Auto in die Schule gebracht zu werden“, schmunzelt die Projektleiterin.
Zu Beginn des neuen Schuljahres im Herbst wird der Film, der vom Land Vorarlberg finanziert wurde und mit dem Landesschulrat, den plan-b-Gemeinden, der Initiative „Sicheres Vorarlberg“ und der Multimedia-Agentur Christoph Skofic entwickelt wurde, in den Vorarlberger Schulen und sogar im ORF gezeigt. Hier können Sie sich den Film anschauen:
Busverbindung eingestellt
Freie Fahrt haben hingegen der öffentliche Verkehr sowie die Radler/innen. Die Schüler/innen und Lehrer/innen sollen vor allem durch vermehrte Radabstellanlagen dazu motiviert werden mit dem Rad in die Schule zu kommen. Um die Lehrer/innen verstärkt in das Projekt zu involvieren, gibt es auf dem gesamten Areal außerdem lediglich fünf Parkmöglichkeiten.
Wie gut allerdings die Idee des zu Fuß in die Schule gehens ankommt, zeigt die Abschaffung einer Busverbindung zur Schule. „Der Bus wurde nicht von den Schülern benutzt und deshalb eingestellt“, erzählt Petra Dominguez.
Erster Platz beim Verkehrssicherheitspreis
Die Wichtigkeit und Aktualität des Vorarlberger Projekts wurde außerdem durch die Verleihung des Verkehrssicherheitspreises „Aquila“ bestätigt. Dieser wird alle zwei Jahre vom Kuratorium für Verkehrssicherheit und vom Österreichischen Gemeindebund verliehen. Er zeichnet Projekte mit außergewöhnlichem Engagement und Kreativität zur Steigerung der Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen aus. „Gut-Geh-Raum“ landete in der Kategorie Gemeinde und Städte auf dem ersten Platz.