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21.05.2024

Wie ein Bürgermeister seine Stadt zum Integrationsvorbild weltweit macht

Der Österreichische Gemeindebund besuchte im Rahmen seiner Bürgermeisterbildungsreise in Belgien vergangene Woche neben Brüssel auch Mechelen – eine Stadt in der Provinz Antwerpen. Sie war lange Zeit eine verrufene Stadt – heute ist sie Integrationsvorzeigemodell weltweit.

In den 90er Jahren war Mechelen nicht nur die dreckigste Stadt in Flandern, fast nirgend wo sonst, war die Kriminalität so hoch, wie in der 87.000-Einwohner Stadt zwischen Brüssel und Antwerpen. Dazu kommt, dass jedes zweite neugeborene Baby in Mechelen Migrationshintergrund hat. Eine weitere Komponente in Mechelen: 10 von 43 Gemeinderäten gehörten der extremen rechten Partei an. All das keine leichten Voraussetzungen für eine Stadt. Doch Bürgermeister Bart Somers hat es mit seinem Team geschafft, seine Stadt von einem verrufenen Ort zu einem Vorbild des Zusammenlebens und Miteinanders zu verändern. Nicht umsonst wurde er zum weltbesten Bürgermeister (2016) gewählt. Er hat es auch geschafft, dass seine Stadt heute für viele andere Städte Musterbeispiel für Integration ist. Doch wie hat er das gemacht?

Wie Mechelen zum Integrationsvorbild wurde

Das Rezept des 60-Jährigen: Eine Doppelstrategie aus Nulltoleranz und Multi-Kulti. „Unsere Stadt war eine der dreckigsten und unsichersten Städte. Mit dem Konzept der Sauberkeit und Sicherheit haben wir Mechelen nicht nur für die Bewohner besser und schöner gemacht, sondern die Stadt auch für Touristen zur Attraktion gemacht“, berichtet Björn Siffer, Stadtrat in Mechelen. Die Steuern für die Stadt sind dadurch in die Höhe gegangen, mit dem zusätzlichen Geld wurde in weitere Maßnahmen für eine bessere Stadt investiert. Gleichzeitig habe man ein neues Credo entwickelt: „Uns interessiert nicht, woher die Menschen kommen, sondern wo wir hingehen und welche Zukunft wir gemeinsam schreiben“, erzählt Stadtrat Siffer.

Das Rezept lautet „Nulltolleranz und Multi-Kulti“

Konkret haben sich die Stadtpolitiker, die gemeinsam in einer liberal-grünen Koalition in Mechelen regieren, massiv in ein Sicherheitskonzept bestehend aus viel mehr Polizei (von 160 auf 260) und Sozialarbeitern sowie einem breiten Angebot an Überwachungskameras investiert. Parallel zu einem strengen Sicherheitskonzept, setzte die Stadtpolitik und Bürgermeister Bart Somers auf neue Integrationsprojekte, in dem die Bewohner motiviert wurden, sich zu engagieren. So initiierten sie in Buddy-System für Neuankömmlinge, gaben Jugendlichen mit Migrationshintergrund einen Praktikumsjob bei der Stadt oder nahmen verstärkt die Eltern problematischer Jugendliche in die Pflicht. Dazu kommt, dass Bewohner in Vierteln mit hohem Ausländeranteil von der Stadt bis zu 500 Euro bekommen, wenn sie Straßenfeste für die Nachbarschaft organisieren. Bei kleinsten Delikten (Schulschwänzen, Ladendiebstahl oder Raufereien) schreitet die Polizei ein, in dem die Polizei mit den Tätern und deren Eltern redet und „Verträge“ mit ihnen abschließt, in denen sich Jugendliche bei den Opfern entschuldigen müssen, ihre Schäden wieder gut machen müssen, und auf der Beobachtungsliste bleiben. Eltern, die den „Vertrag“ nicht einhalten, müssen 100 Euro Strafe zahlen. Im Worst-Case können sie aber auch ihre Sozialwohnung verlieren.

„Unser Modell ist es, eine worden eine neue Form von gemeinsamer Bürgerschaft zu entwickeln, die uns zusammenbringt und nicht trennt“, sagt der Bürgermeister von Mechelen. Man habe versucht, in der Stadt die Vielfalt zu einer Realität im Leben jedes Einzelnen zu machen. „Wir arbeiteten daran, gemischte Schulen, Viertel und Sportklubs zu schaffen, wo es zu einem Treffen der verschiedenen Gruppen kommen kann“, sagt Bart Somers.

Und der Bürgermeister führt weiter aus: „Wir müssen akzeptieren, dass Vielfältigkeit die neue Realität ist. Wir werden aber auch noch viel mehr Migration vor allem Arbeitsmigration brauchen. Und hier gehen wir den Weg einer guten Willkommenskultur aber mit strengen Regeln“, sagt Björn Siffer.

Delegationen weltweit besuchen und beneiden Mechelen

Der schlechte Ruf von Mechelen von vor 20 Jahren, als die Mittelklasse die Stadt verließ und 32 Prozent die extreme Rechte wählte, ist verflogen. Mittlerweile ist Mechelen eine der saubersten Städte in Belgien, wird von internationalen Delegationen besucht und beneidet. Die Stadtregierung wird von einer liberal-grünen Spitze angeführt, die extremen Rechten haben sich von 1o auf drei Gemeinderäte reduziert.

„Natürlich gibt es auch den Weg, Hassvideos zu machen, rechts zu wählen und sich die ganze Zeit zu beschweren. Man kann es aber auch wie wir machen, nämlich Ärmel hochkrempeln und an die Arbeit gehen“, ist Björn Siffer stolz auf das Erfolgsrezept in Mechelen.

– REDAKTION (Quelle: Apa, TT, Bezirksblätter, Bild.de)

 

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