Aktuell gibt es 227 Bürgermeisterinnen ist Österreich. Das sind nur knapp 10 Prozent bei 2093 Gemeinden. Auch wenn die Anzahl der Frauen an der Spitze der Gemeinde stetig im Steigen ist, haben es die weiblichen Spitzenvertreterinnen in der Kommunalpolitik nicht leicht – wie auch eine Studie von Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle bestätigt. Demnach ist das Bürgermeister:innenamt wenig frauenfreundlich, die Parteienkultur noch immer zu männlich geprägt und Frauen müssen für das Amt immer öfter überredet werden. Sabine Dorner-Leyerer, Bürgermeisterin aus Winklarn in Niederösterreich wird Ende Juni als Bürgermeisterin zurücktreten – nicht ganz freiwillig – sondern, weil ihr der Bürgermeisterinnenjob zuletzt immer schwieriger gemacht wurde.
Winklarns Bürgermeisterin tritt überraschend zurück
Sabine Dorner-Leyerer zieht überraschend einen Schlussstrich als Bürgermeisterin von Winklarn:
„Leider musste ich schmerzlich erleben, dass es herzlose Menschen gibt, die dir nahe stehen, dich im Hintergrund bekämpfen, dir ins Gesicht lügen und dich los haben wollen um jeden Preis“,
schreibt die 53-Jährige am 19. Mai auf Facebook. Interne Querelen in ihrer Fraktion haben dazu geführt, dass die Bürgermeisterin und Gemeindebedienstete ihren Rücktritt am 16. Mai 2024 in einer ÖVP-internen Sitzung mit 30. Juni sowie ihre Kündigung als Gemeindebedienstete bekannt gab. Der Grund: „Mir wurde vorgeworfen, ich kommuniziere zu wenig mit meiner Fraktion und mache alles im Alleingang. Mit dieser Kritik kann ich schwer umgehen, da für alle Entscheidungen, Beschlüsse des Gemeindevorstandes oder des Gemeinderates notwendig sind“, erzählt Sabine Dorner-Leyerer.
Vorwürfe gegen die Bürgermeisterin aus den eigenen Reihen
Im Juni letzten Jahres habe sie diese Vorwürfe das erste Mal in einer internen Klausur gehört. „Mich haben die Anschuldigungen schon getroffen, denn ich kommuniziere sehr gerne“, sagt die Winklarnerin. Als Bürgermeisterin und zugleich Bedienstete sei es eben so, dass sich immer und zu jeder Zeit alles um die Gemeinde dreht. Doch ich habe nie Informationen zurückgehalten“, verteidigt sich die Bürgermeisterin. Sie habe aber versucht, auf die Kritik zu reagieren und hat begonnen Newsletter zu schreiben und sich regelmäßig in der Fraktion auszutauschen.
Alle fünf bis sechs Wochen hat sich die Fraktion getroffen und über wichtige Themen und Vorhaben gesprochen.
„In der Strategiesitzung Ende April, haben wir uns auch gemeinsam darauf verständigt, dass ich wieder als Spitzenkandidatin und mein Vizebürgermeister Peter Ebner als Vizebürgermeister in die Gemeinderatswahl 2025 antreten werden“, erzählt Sabine Dorner-Leyerer.
„Ich habe jedoch nicht geahnt, dass hinter meinem Rücken, Treffen von 13 Fraktionsmitgliedern stattfanden und Pläne für die Zukunft geschmiedet wurden“, sagt Sabine Dorner-Leyerer. Und so kam am 14. Mai alles anders: „Mein Vizebürgermeister stürmte an diesem Tag in mein Büro und teilte mir mit: „So könnten wir nicht weiter machen. Entweder er wird Bürgermeister oder er geht und möchte sofort eine Abstimmung in der Fraktion“, hat er ihr gesagt. Dorner-Leyerer habe sich mit der Bezirkspartei beraten, was sie machen soll, wie sie mit dieser Situation umgehen soll. Ich solle doch ein Stimmungsbild der Fraktionskollegen abfragen. „Ich habe versucht, mit einigen Fraktionskollegen und -kolleginnen zu sprechen, aber bis auf einen blockten alle ab und sagten, „wir reden in der nächsten Sitzung am Donnerstag“. „Da war mir klar, es stimmt etwas nicht, ich muss handeln“, sagt Dorner-Leyerer. Als die geplante Sitzung am 16. Mai begann, ergriff Sabine Dorner-Leyrer gleich das Wort und überraschte die Fraktion mit ihrem Rücktritt.
Bürgermeisterin überraschte ihre Fraktion mit Rücktritt
„Ich war einerseits erleichtert, andererseits aber unendlich enttäuscht, wie falsch und skrupellos die eigenen Fraktionskollegen und -kolleginnen mit mir umgegangen sind. Ich habe mich gefühlt, wie ein Baum, den man mit den Wurzeln ausreißt“, erzählt die 53-Jährige. Außer einer Kollegin, die von all dem auch nichts wusste, habe sich niemand bei ihr gemeldet. „Du stehst plötzlich ganz alleine da“, sagt sie. Dabei ist Sabine Dorner-Leyrer seit 2018 Ortschefin der niederösterreichischen Gemeinde Winklarn, fünf Jahre übte sie davor das Amt der Vizebürgermeisterin aus, seit 2011 ist sie Parteiobfrau der ÖVP Winklarn, 20 Jahre war sie in der Partei.
Familie als Stütze
„Mein Mann und meine Kinder waren und sind für mich eine große Stütze in dieser Zeit. Das ist das einzige, was für mich zählt“, sagt sie.
Aber auch aus der Bevölkerung werde sie angeschrieben, angesprochen und ermutigt. „Es tut sehr gut zu wissen, dass die Bevölkerung hinter mir steht und sie wertschätzen und wissen, was ich als Bürgermeistern geleistet habe“, sagt Sabine Dorner-Leyrer. Und darauf kann die Bürgermeisterin sicher stolz sein: So zählen neben dem neuen Feuerwehrhaus samt neuem Tanklöschfahrzeug, eine fünfte Kindergartengruppe, PV-Anlagen auf allen Gemeinde-Gebäuden, ihr Engagement für die erste Natur im Garten Gemeinde im Bezirk, ihre familienfreundlichen Angebote aber auch die Umstellung der LED-Beleuchtung sowie Wohnungen für junge Menschen und leistbarer Wohnraum für ältere Menschen zu ihren Herzensprojekten und damit wichtigsten Errungenschaften in Winklarn.
Neuer Plan nach dem Gemeindejob
Auch wenn es für die 53-Jährige nicht leicht ist, Abschied zu nehmen, hat Sabine Dorner-Leyrer bereits einen fixen Plan für die nächsten Wochen: „Ich werde jetzt nach Steyr zu meinem Mann ziehen, schreibe bereits die ersten Bewerbungsschreiben und werde neu durchstarten“, sagt sie. In die Politik werde sie sicher nie mehr gehen. „Man steckt so viele Jahre so viel Herzblut hinein und wird dann so enttäuscht. Das will ich nicht noch einmal erleben“, sagt sie enttäuscht.
Vizebürgermeister: „Menschlicht tut es mir leid um Sabine“
Vizebürgermeister Peter Ebner und damit der künftige Bürgermeister von Winklarn sagt über seine Bürgermeisterin und Parteikollegin: „Sabine hat sicher eine super Arbeit für die Gemeinde und die Bevölkerung geleistet“, sagt er. Es gehe ihm bei seiner Kritik auch weniger um die Person, als die Art und Weise, wie sie ihr Amt ausgeführt habe. „Das sind lauter interne Themen. In erster Linie geht es um Kommunikationsprobleme. Und darüber haben sich viele Fraktionskolleginnen und -kollegen immer mehr bei mir über sie beschwert“, erzählt er. Ebner habe das Amt des Bürgermeisters nicht unbedingt angestrebt. „Ich bin selbständig, habe drei Kinder bin im Verein – da ist eigentlich nicht viel Zeit. Aber die Fraktion steht hinter mir“, sagt Peter Ebner. „Menschlich tut es mir um Sabine leid“, sagt er.
– S.PEISCHL
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