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Oberösterreich

02.07.2024

Wenn das Bürgermeisteramt in der Familie bleibt

Geplant war der Bürgermeisterrücktritt von Mario Mühlböck, Bürgermeister in Wilhering (Oberösterreich) nicht. Doch gesundheitliche Beschwerden zwangen den 65-jährigen zum Rücktritt: Ein Kopftumor, schwarzer Hautkrebs, ein schwerer Autounfall sowie ein Lungeninfarkt in Folge einer Coronaerkrankung prägten die Serie seiner gesundheitlichen Probleme. Im März 2024 entschloss sich der Oberösterreicher schließlich, nach 26 Jahren an der Spitze der 6000 Einwohner großen Gemeinde, sein Amt endgültig nieder zu legen.

„Mit 65 Jahren hast du dein Lebenszeitkonto schon deutlich überschritten. Ich habe in meiner Zeit als Bürgermeister so viele Menschen zu früh für immer von dieser Erde gehen sehen. Da habe ich nach über 26 Jahren, die ich dieser schönen Gemeinde als Bürgermeister vorstehen durfte, beschlossen, ich ziehe mich aus der Politik zurück“, erklärt Mario Mühlböck seine Entscheidung.

Nachfolgerin war rasch gefunden

Eine Nachfolgerin war in Wilhering rasch gefunden: Tochter Christina Mühlböck-Oppolzer, seit 2018 Vizebürgermeisterin, führte die Amtsgeschäfte als geschäftsführende Bürgermeisterin stellvertretend für ihren erkrankten Vater bereits seit März. Am 9. Juli stellte sie sich gemeinsam mit Kandidat und Vizebürgermeister Markus Langthaler der Wahl und konnte sich mit 50,2 Prozent gegen ihren Konkurrenten durchsetzen. Damit hat die Gemeinde Wilhering die Besonderheit, dass das Bürgermeisteramt in „Familienhand“ bleibt –  quasi vom Vater zur Tochter. Doch wie geht das? Wird das von der Bevölkerung goutiert? Und wie sieht das die neue Bürgermeisterin?

„Mir gefällt es eigentlich gar nicht, dass ich auf die „Tochter“ reduziert werde“, sagt Christina Mühlböck-Oppolzer. Schließlich wurde die 38-Jährige von der Bevölkerung gewählt. „Ich habe es als Frau und Tochter doppelt schwer, und muss mich eigentlich doppelt beweisen“, sagt die neue Ortschefin.

Mit der Kommunalpolitik aufgewachsen

Dabei hat die Oberösterreicherin seit ihrem 12. Lebensjahr – damals wurde ihr Vater zum Bürgermeister gewählt – Kontakt mit der Kommunalpolitik. Während ihrer Lehre zur Bürokaufffrau trat sie der jungen Generation der SPÖ bei und 2015 stieg die 38-Jährige in den Gemeinderat ein. 2018 wurde sie zur Vizebürgermeisterin gewählt. Sechs Jahre später – am 9. Juni 2024 – erfolgte schließlich die Wahl zur Bürgermeisterin.

„Für mich war relativ rasch klar, man kann nur was bewegen, wenn man selber politisch aktiv ist. Das habe ich auch bei meinem Vater sehr gut mitbekommen“, sagt Christina Mühlböck-Oppolzer.

Kommunalpolitik hat für die Mutter eines 1,5-jährigen Buben auch wenig mit Parteipolitik, „sondern damit zu tun, gemeinsam etwas zu bewegen und zu schaffen.“ „Für mich ist die Gemeindepolitik wie eine größere Familie, in der man zusammenkommt, gemeinsam Dinge bewegt, nicht immer einer Meinung ist, aber gemeinsam Lösungen findet, um etwas weiterzubringen“, sagt Mühlböck-Oppolzer. Klar ist der Neo-Bürgermeisterin schon jetzt: „Man kann den Bürgern nicht alles recht machen. Und das muss man ihnen auch sagen und sich trauen zu sagen“, sagt sie. Sie sei ein Fan von direkter und ehrlicher Politik und Kommunikation. „Und ich möchte immer alle Seiten hören – die Anliegen der Bürger:innen, aber auch die Anliegen der Verwaltung und der Politik. Deswegen versuche ich gut zuzuhören“, sagt die Ortschefin.

Bevölkerung hat nichts gegen das Bürgermeisteramt in Familienhand

Die Wahl zur Bürgermeisterin ist für die 38-Jährige Bestätigung genug, dass die Bürger:innen sie unterstützen und auch kein Problem darin sehen, dass sie die direkte Nachfolge für das Bürgermeisteramt von ihrem Vater übernimmt.  Natürlich höre sie da und dort kritische Stimmen, weil sie als junge Mutter den Bürgermeisterjob übernimmt. „Mein Mann und ich haben uns das so ausgemacht, dass er in Karenz geht und wir unseren Sohn beide erziehen – unabhängig von meiner Kandidatur und dem Bürgermeisteramt jetzt“, sagt Christina Mühlböck-Oppolzer. Allerdings wolle sie ihr Kind – und das habe sie auch im Wahlkampf bewusst gemacht – aus der Politik raushalten. „Meine Eltern haben das auch so gehandhabt, man bekommt eh so noch genug davon mit“, findet sie.

Positive Rückmeldung auch von den Frauen

Von den Frauen in ihrer Umgebung bekomme die Oberösterreicherin nur positive Rückmeldungen.

„Die Frauen im Gemeinderat, meiner Arbeit und in den Vereinen sagen mir immer wieder, dass ich ein Vorbild für sie bin. Und dass sie mittun, weil „die Christina dabei ist“. Das bestärkt mich auch in meinem Tun. Und ich mache das nicht nur für mich, für andere Frauen, sondern auch für meinen Sohn“, sagt sie.

Nicht umsonst ist auch ihr Credo „Wo Frauen tätig sind, zieht es mehr Frauen hin“, so die Bürgermeisterin.

Bei ihren Vorhaben in der Gemeinde will die 38-Jährige einerseits ihre Arbeit fortsetzen, die sie bereits im Ausschuss und als Vizebürgermeisterin innehatte: Kindergärten ausbauen, eine Krabbelstube errichten, die Öffnungszeiten adaptieren. Genauso wichtig sei ihr aber auch die Vereine zu unterstützen, ÖV und Straßen auszubauen sowie die Schulen zu sanieren.

– S. Peischl

 

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