In einer seiner jüngsten Entscheidungen (Ra 2024/09/0018 vom 18. Juni 2024) setzte sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit der Rechtsfrage auseinander, ob es sich bei einer Ermahnung vor dem Hintergrund des Doppelbestrafungsverbotes um eine Disziplinarstrafe handelt, die eine Sperrwirkung für spätere Disziplinarverfahren entfaltet. Der VwGH bildete zu diesem Verfahren einen verstärkten Senat, da die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde.
Der Sachverhalt
Im Juni 2023 erteilte der Dienstvorgesetzte eines Exekutivbeamten diesem eine als Ermahnung zu wertende schriftliche Belehrung. Die Vorwürfe, die zur Ermahnung geführt haben, waren a) eine herablassende Bemerkung gegenüber einer Kollegin, b) dass er gegenüber einem Kollegen auf Nachfrage geantwortet habe, er suche im Internet nach Ausrüstungsgegenständen für einen Amoklauf sowie c) dass durch den Kommentar, dass endlich einmal einer seinen Chef erschossen habe, der Mord an einem Postenkommandanten auf einer Polizeiinspektion ins Lächerliche gezogen worden sei. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Beamten wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung (zum 2. Vorwurf – § 107 Abs. 1 StGB) wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Die Bundesdisziplinarbehörde sprach über die von der Dienstbehörde gegen den Beamten eingereichte Disziplinaranzeige aus, dass gem. § 118 Abs. 1 Z 3 in Verbindung mit § 109 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) kein Disziplinarverfahren eingeleitet werde.
Strafrechtliche Ermittlungen gegen Beamten eingestellt
Die Bundesdisziplinarbehörde begründete dies damit, dass das Disziplinarverfahren nach dem Grundsatz des Wiederholungsverbotes („ne bis in idem“) wegen entschiedener Sache einzustellen sei, wenn bereits eine Ermahnung in der gleichen Sache erteilt worden sei. Auch die Beschwerde des Disziplinaranwaltes des BMI vor dem Bundesverwaltungsgericht führte zu keinem anderen Ergebnis und wurde vom BVwG die Beschwerde abgewiesen. Erfolg hatte schließlich die außerordentliche Revision des Disziplinaranwaltes des BMI beim VwGH, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufhob. Die Höchstrichter befanden, dass es sich bei Ermahnungen um personalpolitische Führungsmittel im Rahmen des Weisungsrechts handelt und nicht um mit Bescheid auszusprechende Disziplinarstrafen im Sinn des § 92 Abs. 1 BDG 1979. Durch eine Ermahnung bzw. schriftliche Belehrung entsteht keine entschiedene Sache und wird dadurch die weitere disziplinarrechtliche Verfolgung nicht behindert. Damit wurde klargestellt, dass die vom Vorgesetzten des Beamten vorgenommene Ermahnung einer weiteren Disziplinarverfolgung nicht im Weg steht.
– Salzburger Gemeindeverband