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20.11.2024

Wie sich Bürgermeister gegen Rufmord zur Wehr setzen können

Im Zusammenhang mit Vergaben sind Bürgermeisterinnen und Bürgermeister immer wieder dem Vorwurf der Freunderlwirtschaft ausgesetzt. Oft ist es Geplänkel. Aber wenn strafrechtlich relevante Vorwürfe im Raum stehen, sollten Sie handeln.

Das ist zu tun

Getuschelt wird bald einmal. Warum hat gerade diese Firma den Zuschlag für den Bau des neuen Kindergartens bekommen? Gibt es nicht auch andere Unternehmen, die das günstiger hätten machen können? War das womöglich ein Freundschaftsdienst, kassiert der Bürgermeister am Ende selbst mit?

Ja: Solche klebrigen Deals sind in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen. Aber das sind Ausnahmen. Viel öfter kommt es vor, dass solche Vorwürfe aus der Luft gegriffen sind: Weil ein unterlegener Bewerber Unwahrheiten verbreitet. Weil politische Gegnerinnen und Gegner mit schmierigen Methoden Ihren Ruf zerstören wollen. Oder weil Leute, die wenig Ahnung von den komplizierten Vorgängen in einer Amtsstube haben, gerne am Stammtisch lästern. Wenn man an der Spitze einer Gemeinde steht, braucht man eine dicke Haut. Wer alles persönlich nimmt, sollte sich vielleicht besser einen ruhigeren Beruf suchen.

Aber es gibt Grenzen

Denn es kommt immer wieder vor, dass aus missgünstigem Geplänkel über das Gemeindeoberhaupt Rufmord wird: Wenn Ihnen zu Unrecht besonders fragwürdige oder gar strafbare Handlungen unterstellt werden, sollten Sie handeln.

Oft steckt dahinter auch eine gezielte Kampagne. Die Vorwürfe werden bewusst gestreut und laufend wiederholt: im persönlichen Gespräch, in den sozialen Medien, manchmal sogar über Postwurfsendungen. Erschwerend kommt dazu, dass sich die Urheber der falschen Vorwürfe oft gar nicht so einfach ausfindig machen lassen. Kommen sie aus den Reihen der Opposition? Sind es Querulanten in der Gemeinde, die eine persönliche Rechnung mit Ihnen offen haben?

Die Vorwürfe bleiben picken

Fest steht: Spätestens wenn in der Gemeinde über angebliche strafbare Handlungen des Ortschefs geredet wird, ist es Zeit zu handeln. „So etwas geht nicht weg. Wenn man nichts tut, wird es nur schlimmer“, sagt der auf Medienrecht spezialisierte Wiener Rechtsanwalt Thomas Höhne. „Gerade auch durch die Dynamik der sozialen Medien werden böse Gerüchte von anderen aufgegriffen und geteilt.“ Und selbst wenn sich der Sturm scheinbar gelegt hat: Spätestens vor der nächsten Wahl wird die alte Suppe wieder aufgekocht – vorausgesetzt, die Anschuldigungen werden nicht rechtzeitig entkräftet.

Juristische Unterstützung holen

Wie aber geht man gegen falsche Vorwürfe vor? Wenig überraschend empfiehlt der Anwalt Höhne, sich frühzeitig juristische Beratung zu holen, am besten von einem Rechtsanwalt, der die Mechanismen der Medien kennt. Denn je eher man reagiert, desto leichter lässt sich ein Flächenbrand vermeiden. Und Höhne nennt noch einen weiteren Grund: „Es ist auch wichtig für die eigene Psychohygiene. Nicht jeder steckt es weg, wenn er mit dem Gefühl schlafen geht, ständig angeschüttet zu werden.“ Wie aber wehrt man sich richtig? Folgendes gilt es auf jeden Fall zu beachten.

Der Medienrechtsexperte Thomas Höhne ist Rechtsanwalt in Wien und Partner von Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte. Er zählt zu den Mitgründern des Universitätslehrgangs Informations- und Medienrecht an der Universität Wien.

Woher kommen die Vorwürfe?

Finden Sie heraus, wer die bösen Gerüchte über Sie in Umlauf bringt. Kommen sie aus einer gegnerischen Partei oder gar aus den eigenen Reihen? Sind es Einzelpersonen, die einen persönlichen Groll hegen? Oder ist es womöglich eine gezielte Kampagne von außen, die gar nicht so viel mit Ihnen als Person zu tun hat?

Was ist die Motivation dahinter?

Selten, aber doch werden falsche Gerüchte absichtlich aus den Reihen der Opposition gestreut und verbreitet, um ein populäres Gemeindeoberhaupt anzupatzen. Manchmal sind es persönliche Rachefeldzüge. In Einzelfällen wird sogar über die Ortsgrenzen hinaus Stimmung gemacht.

Gibt es einen Kern Wahrheit?

Heraus damit! Kritik an Ihrer Amtsführung wird es immer geben. Und manchmal ist sie wohl – ob Ihnen das schmeckt oder nicht – zumindest ­teilweise berechtigt. Wer arbeitet, macht Fehler. Dass bei einem Bauverfahren etwas übersehen wird, sollte nicht vorkommen, kann aber passieren.

„Das macht einen Bürgermeister nicht zu einem Verbrecher“, sagt Höhne. „Dennoch kommt es vor, dass Poster im Internet zwar ihre Kritik an etwas festmachen, das tatsächlich passiert ist. Dann aber überziehen sie massiv.“

Was man dagegen tun kann? Alle Fakten auf den Tisch legen. Das beste Mittel gegen üble Gerüchte ist Transparenz. Kommunizieren Sie offensiv, was warum geschehen ist, und stehen Sie zu einem möglichen Fehler. Das sollte rasch und umfassend geschehen: Sonst kommen immer wieder neue Vorwürfe, die immer wieder entkräftet werden müssen. Die gegnerische Seite spielt auf Zeit und rückt meist nicht mit allen Vorwürfen auf einmal heraus. Und auch Zeitungen lieben Nachfolgegeschichten. Daher: Raus mit der ganzen Wahrheit, sofort!

Wann sind rechtliche Schritte notwendig?

Egal wie bösartig ein Vorwurf ist: Manchmal ist es besser, auf juristische Schritte zu verzichten. Wenn der Urheber der Gerüchte nicht wusste, was er tut, und bereit ist, sich zu entschuldigen. Dann kann man als Bürgermeister sagen: „Schwamm drüber.“ Handelt es sich aber um eine gezielte Kampagne, dann führt an rechtlichen Schritten meist kein Weg vorbei.

Wichtig zu wissen: Verleumdung kann ein Offizialdelikt sein, das von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird – sofern sie davon Kunde bekommt. In diesem Fall entstehen für Sie keine Kosten. In vielen Fällen ist eine kostspielige Privatklage aber dennoch unumgänglich: Zum einen, weil die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in solchen Fällen manchmal schleppend vorangehen und ein Rechtsanwalt zusätzliche Möglichkeiten hat. Und wenn durch die falschen Vorwürfe Gefahr in Verzug ist – weil sie nicht aufhören. Anwälte agieren schneller.

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es?

Vergleichsweise schnell – in der Regel innerhalb von einigen Wochen – lässt sich eine einstweilige Verfügung erwirken: Dann dürfen die Vorwürfe gegen Sie nicht mehr wiederholt werden. Weitaus länger dauert es hingegen, wenn Sie als Bürgermeisterin oder Bürgermeister selbst klagen.

Der Vorteil an Letzterem: Mit einem Gerichtsurteil sind die Anschuldigungen dann offiziell aus der Welt. Neben rechtlichen Schritten sollten Sie auch von sich aus in die Öffentlichkeit gehen: Schildern Sie den Sachverhalt gegenüber Journalistinnen und Journalisten. Und nutzen Sie auch die sozialen Medien. „Wenn es nicht anders geht, sollte man auf allen Kanälen reagieren“, sagt Anwalt Höhne. Aber Vorsicht: Bleiben Sie bei den Fakten. Es mag verlockend sein, aus allen Rohren zurückzuschießen. Aber letztendlich sollten Sie über den Dingen stehen. Niveaulos sind die anderen.

– W. ROESSLER, Chefredakteur Bürgermeisterzeitung

 

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