Anknüpfend an den jüngsten Vorschlag von REWE-Vorstand Marcel Haraszti, die gesetzlichen Öffnungszeiten im Lebensmittelhandel auszuweiten, spricht sich heute auch Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl dafür aus, die derzeitigen Öffnungszeitenregeln zu überdenken. Für innovative Selbstbedienungsmärkte im Lebensmittelhandel, die ohne Verkaufspersonal betrieben werden, schlägt er daher eine Ausweitung vor: „Es geht uns darum, damit vor allem die Nahversorgung in ländlichen Gemeinden zu stärken. Bislang können digital organisierte und ohne Personal auskommende Läden nur dann rund um die Uhr und 7 Tage die Woche offenhalten, wenn sie ausschließlich landwirtschaftliche Produkte anbieten. Diese Möglichkeit sollte in Gebieten ohne Nahversorger zukünftig auch gewerblichen Anbietern eröffnet werden, wenn derartige Läden von Einzelunternehmern betrieben werden.“
Jede dritte Gemeinde hat keinen Nahversorger
Hintergrund: Laut einer aktuellen Studie von RegioData-Research vom Juli 2024 gibt es in Österreich bereits rund 580 Gemeinden ohne eigenen Nahversorger. So gut wie jede dritte Gemeinde hat somit schon jetzt kein Lebensmittelgeschäft mehr. Tendenz steigend, weil die Wirtschaftlichkeit schlichtweg immer öfter nicht mehr gegeben ist. Vor allem die immer höheren Personalkosten rechnen sich in umsatzschwachen Geschäften nicht und speziell in Regionen mit Abwanderung verschärft sich auch der Mitarbeitermangel.
„Personalfreie Läden mit digitalen Kassen als Chance“
Durch die Digitalisierung ergeben sich jetzt innovative Alternativen. „So könnten personalfreie und mit digitalen Kassen bzw. Videoüberwachung ausgestattete Läden Lösungen für Ortschaften und Standorte bieten, an denen sich ein klassischer Supermarkt wirtschaftlich nicht mehr rechnet. Allerdings müssen dafür auch die veralteten Öffnungszeitenregeln in Österreich angepasst werden“, fordert der Gemeindebund-Präsident.
So sind SB-Märkte in Österreich – anders als etwa in Bayern – an die Öffnungszeitenregeln von max. 72h pro Woche gebunden, während beispielsweise Automatenshops rund um die Uhr offenhalten können. „Auch landwirtschaftliche Vermarkter unterliegen keiner Öffnungszeitenbeschränkung. Diese gesetzliche Schlechterstellung hemmt die Möglichkeiten, adäquate Lösungen zu finden – zu Lasten der Bevölkerung im ländlichen Raum“, meint Pressl.
Flexiblere Öffnungszeiten sind erwünscht
So wurde unter anderem die Schließung der Uniboxen des oberösterreichischen Lebensmittelhändlers Unimarkt mit Ende Februar 2024 damit begründet, dass die SB-Boxen im Rahmen der gesetzlichen Öffnungszeitengesetz nicht rentabel zu führen gewesen wären.
„Ich wünsche mir die Öffnungszeiten wie bei Tankstellenshops.“
Und Pressl bemüht ein Bild, um darzustellen, wie eine Zukunft mit längeren Öffnungszeiten für kleine selbstbetriebene Nahversorger am Land aussehen könnte: „Ich wünsche mir die Öffnungszeiten wie bei Tankstellenshops – aber ohne Tankstelle, dafür im Ortskern. Denn mit längeren Öffnungszeiten sind die „Umsatzzeiten“ erweiterbar und wenn wir diese Läden ausschließlich in den Ortszentren zulassen würden, dann nutzen wir Leerstände und beleben gleichzeitig mit der Frequenz unsere Zentren.“
Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Gemeindebundes dringend notwendig, zu diskutieren, ob die gesetzlichen Öffnungszeiten für Selbstbedienungsgeschäfte noch zeitgemäß sind. „Wir unterstützen daher den Vorstoß von REWE-Vorstand Marcel Haraszti, weil dringend neue Konzepte ausprobiert werden sollten. Nur mit einer proaktiven Vorgangsweise können wir die Nahversorgung in ländlichen Gemeinden stärken, das Geschäft für lokale Kaufleute, Bäcker oder Fleischhauer mittels Selbstbedienungsformaten sichern. Und wenn wir damit auch die Ortskerne stärken, dann erhalten wir sie auch als zentrale Treffpunkte im Ort“, betont Pressl.
Selbstbedienungsläden als Chance
In einem ersten Schritt möchte Pressl gemeinsam mit der Sparte Lebensmittel in der Wirtschafskammer einige gewerbliche Selbstbedienungslösungen mit gewerblichen Produkten testen – 24h und 7 Tage die Woche. Diese Pilotphase könnte dann eine fundierte Grundlage für die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für digitale Nahversorgungskonzepte in Österreich liefern und gleichzeitig auch Erkenntnisse über Umsatzverschiebungen und Kundenakzeptanz bringen.
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