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13.01.2025

Das sagen die Bürgermeister zu Blau-Schwarz

Die Zeichen bei der nächsten Bundesregierung stehen auf Blau-Schwarz. Doch wie kommt das in den Gemeinden an? Wir haben bei einigen Bürgermeister:innen in den Bundesländern nachgefragt:

Weiß Kickl um die Bedeutung der Gemeinden Bescheid?

Erwin Dirnberger, ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde Söding-St. Johann (Steiermark) und steirischer Gemeindebundpräsident, beschreibt die aktuelle politische Situation als „schwierig“. Dennoch ist für ihn klar: Wir brauchen jetzt rasch eine handlungsfähige Bundesregierung. Neuwahlen sind keine Option“, so Dirnberger. Es liege jetzt an den handelnden Personen, die Dringlichkeit der Lage zu erkennen und die Arbeit möglichst rasch aufzunehmen. „Leicht werden die Verhandlungen sicher nicht. Vor allem wenn man an die großen finanziellen Herausforderungen in unserem Land denkt“, meint Dirnberger. Umso wichtiger sei es, die persönlichen Befindlichkeiten zurückzustellen und die konstruktive Zusammenarbeit in den Vordergrund zu rücken.

In der Steiermark seien die Regierungsverhandlungen zwischen Mario Kunasek und Christopher Drexler sehr professionell geführt worden. Die Arbeit werde man jedoch erst an der Umsetzung messen können – hier stehe man noch am Anfang. „Ich hoffe, dass unter dem neuen Landeshauptmann auch die Forderung von ihm und seiner FPÖ nach einem besseren Aufteilungsschlüssel der Kosten im Sozialbereich statt 60:40 zwischen Land und Gemeinden auf 70:30 umgesetzt wird, was unseren Gemeinden in der derzeitigen angespannten finanziellen Situation sehr helfen würde“, so Dirnberger.

Konstruktive Zusammenarbeit ist gefragt

„Wie die Verhandlungen und in Folge die Arbeit mit Herbert Kickl ablaufen sollen, kann ich nicht beurteilen. Dazu kenne ich Kickl zu wenig“, sagt Dirnberger. Er hofft jedenfalls, dass Kickl um die Bedeutung der Gemeinden Bescheid weiß und ihm auch bewusst ist, dass die Gemeinden finanziell entsprechend ausgestattet werden müssen. Eines steht fest: Kickl ist ein Profi. Er weiß, wie er die Bevölkerung erreicht und mit welchen Worten er Stimmung erzeugen kann“, sagt Dirnberger. Für das Amt des Bundeskanzlers erwartet er jedoch eine andere Herangehensweise: „Die Tonalität muss staatstragender werden und der Würde eines Bundeskanzlers entsprechen.“

Der Bürgermeister von Nenzing (Vorarlberg), Florian Kasseroler, ist selbst bei der FPÖ. Er hofft, dass die Koalition aus blau-schwarz bald steht: „Ich wäre sehr enttäuscht, wenn das nicht klappen würde. Jetzt ist die Bundespolitik am Zug. Es sind Profis gefragt, die unabhängig von ihren persönlichen Animositäten im Sinne der Menschen mit allen Kräften das Land wieder auf die richtige Linie schieben. Die politische Paktiererei muss ein Ende haben.“ Der Bürgermeister erwartet sich vollen Einsatz und Verantwortungsübernahme durch alle Beteiligten.

Auch in Bezug auf die Gemeinden betont Florian Kasseroler: „Die Gemeindefinanzen sind eines der Problemfelder, die es anzupacken gilt. Wir müssen sparen – keine Frage. Doch die künftig Regierenden müssen wissen, dass die Gemeinden die Basis unserer Demokratie sind. Eine gute finanzielle Ausstattung dieser ist daher unerlässlich. Von dieser Forderung dürfen wir nicht abrücken.“ Immerhin würden die Gemeinden immer mehr Aufgaben bekommen, um die sie „nicht gebeten haben“, so der Bürgermeister. Gleichzeitig habe man gerade in den Kommunen auch Verantwortung für das Gesamtgeschehen: „Was vor Ort geschieht, bewegt die Menschen.“

„Als Frau und Politikerin ist es für mich unabdinglich, das was Generationen von Frauen gemeinsam erreicht haben, weiterzuentwickeln und gegen Rückschritte zu verteidigen.“

Silvia Häusl-Benz aus Pörtschach am Wörthersee (ÖVP) zeigt sich besorgt: „Wir sind aktuell in einer herausfordernden Situation. Wir müssen die Lage daher sehr genau beobachten und darauf achten, dass unsere roten Linien, die durch unsere Werte vorgegeben werden, nicht überschritten werden. Als Frau und Politikerin ist es für mich unabdinglich, das was Generationen von Frauen gemeinsam erreicht haben, weiterzuentwickeln und gegen Rückschritte zu verteidigen. Wir Frauen haben gemeinsam viel erreicht und müssen nun dafür sorgen, dass diese Errungenschaften nicht in Frage gestellt werden.“ Denn Gleichstellung sei kein Privileg sondern ein unveräußerliches Recht, so die Bürgermeisterin.

Bezugnehmend auf eine mögliche blau-schwarze Regierung betont sie: „Das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und eventuell daraus resultierenden Koalition zwischen schwarz-blau wird maßgeblich von den handelnden Personen abhängen. Mit vielen FPÖ-Funktionären ist eine konstruktive Zusammenarbeit möglich, wie mein gutes Verhältnis zu den FPÖ Bürgermeisterkollegen beweist. In jedem Fall wünsche ich mir, dass es bald ein Ergebnis gibt.“ Silvia Häusl-Benz hebt hervor: „Die Menschen in diesem Land verdienen so rasch als möglich eine stabile Regierung mit einer guten Zusammenarbeit, die ihnen das Vertrauen in die Politik zurück gibt“.

„Welche Regierung auch immer kommt – wenn sich bei den Gemeinden nichts tut, dann sag‘ ich gute Nacht“

Christian Samwald (SPÖ) ist Bürgermeister von Ternitz in Niederösterreich. Er war nicht ganz überrascht, dass die Dreierkoalitions-Gespräche gescheitert sind – dafür gab es bei den Parteien zu wenige Überschneidungen. Zu einer Koalition aus FPÖ und ÖVP sagt er: „Wir alle wissen, dass rund 15 Milliarden Euro eingespart werden müssen. Es stellt sich nun die Frage, ob die FPÖ ihre Wahlversprechen halten kann. Jedenfalls ist die Erwartungshaltung der Menschen an die FPÖ sehr hoch.“ In Bezug auf diverse Skandale und „Einzelfälle“ in der FPÖ meint Samwald: „Die Hemmschwelle der Menschen ist niedriger geworden.“

„Ob Blau-Schwarz die Forderungen der Gemeinden erfüllen kann, wird man daran sehen, ob der ÖVP der Ernst der finanziellen Lage der Gemeinden, egal welchen couleurs, in den Verhandlungen bewusst ist.“ Dass mehr Geld für die Gemeinden unerlässlich ist, sei klar, so der Ternitzer Bürgermeister, der nur mit „Ach und Krach ein Budget zusammengebracht“ hat. „Welche Regierung auch immer kommt – wenn sich bei den Gemeinden nichts tut, dann sag‘ ich gute Nacht“, meint Samwald.

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