Am Sonntag fanden in Niederösterreich Gemeinderatswahlen statt. Der nächste Schritt ist die konstituierende Sitzung – doch wie ist hier der Ablauf? Wer lädt ein, was wird gewählt und wie wird abgestimmt? Ein umfassender Leitfaden zu den Abläufen, Rechten und Pflichten des neu gewählten Gemeinderates.
Die erste Sitzung des neugewählten Gemeinderates muss spätestens vier Wochen nach dem ungenützten Ablauf der Frist zur Anfechtung der Wahl stattfinden. Wurde das Wahlergebnis am 27.1.2025 kundgemacht, so muss sich der Gemeinderat spätestens am 11.3. 2025 konstituieren, wenn die Wahl nicht angefochten wurde.
Wer lädt zur konstituierenden Sitzung?
Zur konstituierenden Sitzung wird vom amtierenden Bürgermeister oder seinem Stellvertreter eingeladen. Sind diese nicht verfügbar, so lädt das an Jahren älteste Mitglied des neugewählten Gemeinderates zur Sitzung ein.
Was darf in der konstituierenden Sitzung beschlossen werden?
In der konstituierenden Sitzung dürfen nur Wahlen durchgeführt werden sowie Entsendungen und Bestellungen beschlossen werden. Ebenfalls dürfen für Wahlen notwendige Beschlüsse, wie die Festlegung der Anzahl der Vizebürgermeister und Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates) oder die Zahl der Ausschüsse beschlossen werden. Sonstige Beschlüsse, wie z.B. Personalaufnahmen oder Auftragsvergaben dürfen nicht gefasst werden.
Wer führt den Vorsitz und wem wird das Gelöbnis geleistet?
Der Altersvorsitzende, also das an Lebensjahren älteste Mitglied des Gemeinderates führt den Vorsitz, bis der neue Bürgermeister gewählt wurde. Vor ihm legen die neugewählten Gemeinderäte das Gelöbnis ab.
Wie werden die Wahlen durchgeführt?
- Als erste Wahl findet die Wahl des Bürgermeisters statt. Zum Bürgermeister dürfen nur österreichische Staatsbürger gewählt werden. Die Wahl ist mit Stimmzetteln und geheim durchzuführen. Die Gültigkeit der Stimmzettel wird vom Altersvorsitzenden gemeinsam mit zwei unter Berücksichtigung der Parteienverhältnisse ausgewählten Gemeinderäten beurteilt.
- Als gewählt gilt derjenige, auf den mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen lauten. Stimmzettel, die auf nicht wählbare Personen lauten, die Namen mehrerer wählbarer Personen enthalten und Stimmzettel, die aus einem sonstigen Grund die Absicht des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lassen, sowie leere Stimmzettel sind ungültig. Stimmzettel, die zwar mehrere Namen, jedoch nur einen wählbaren Bewerber enthalten, sind für diesen gültig. Kommt keine Mehrheit zustande, findet eine Stichwahl zwischen den Bewerbern mit den meisten Stimmen statt. Wird wieder keine Mehrheit erreicht, so wird gelost.
- Der Gewählte muss vom Altersvorsitzenden befragt werden, ob er die Wahl zum Bürgermeister annimmt. Verweigert er die Annahme, so muss binnen zwei Wochen eine neue Wahl durchgeführt werden.
- Die Wahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates) erfolgt ebenfalls mit Stimmzettel und geheim. Die Wahlparteien haben nach dem Verhältnis ihrer Stärke Anspruch auf geschäftsführende Gemeinderäte. Die Aufteilung erfolgt nach dem gleichen Verfahren, nach dem die Stimmen bei der Gemeinderatswahl auf die Wahlparteien aufgeteilt wurden. Die Wahlvorschläge müssen von mehr als der Hälfte der Gemeinderäte der anspruchsberechtigten Wahlpartei unterschrieben sein. Es dürfen nur Mitglieder des Gemeinderates mit österreichischer Staatsbürgerschaft vorgeschlagen werden.
- Die Wahl kann in einem einzigen Wahlgang erfolgen, wobei die Wahl wieder mit Stimmzetteln und geheim durchzuführen ist. Stimmen sind nur gültig, wenn sie auf die vorgeschlagenen Personen lauten.
- Nach der Wahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates) erfolgt die Wahl des oder der Vizebürgermeister. Der Vizebürgermeister muss Mitglied des soeben gewählten Gemeindevorstandes (Stadtrates) sein. Dabei sind die Regeln der Wahl zum Bürgermeister zu beachten.
- Schließlich werden die Ausschüsse gewählt. Die Ausschussmitglieder, die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter werden ebenfalls nach dem gleichen Verfahren, nach dem die Stimmen bei der Gemeinderatswahl auf die Wahlparteien aufgeteilt wurden, auf die im Gemeinderat vertretenen Parteien aufgeteilt.
- Welcher Wahlpartei das Vorschlagsrecht für die Besetzung einer Vorsitzendenstelle und/oder Vorsitzendenstellvertreterstelle eines Ausschusses – mit Ausnahme des Prüfungsausschusses – zukommt, wird durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt. Der Prüfungsausschuss bleibt dabei unbeachtet.
- Die Wahlen erfolgen auch hier mit Stimmzettel und geheim und können in einem einzigen Wahlgang erfolgen.
- Zu beachten ist, dass von der Wahl zum Mitglied des Prüfungsausschusses der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates), der Kassenverwalter und der erforderlichenfalls bestellte Vertreter des Kassenverwalters sowie deren Ehegatten, eingetragene Partner, Verwandte oder Verschwägerte in der Seiten- oder auf- und absteigenden Linie bis einschließlich zum zweiten Grad ausgeschlossen sind.
Können auch diese Wahlen angefochten werden?
Die Wahl des Bürgermeisters, der Mitglieder des Gemeindevorstandes bzw. Stadtrates und der Ausschüsse können von jedem Mitglied des Gemeinderates und von jeder im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei schriftlich innerhalb einer Woche ab dem Tag der Wahlen angefochten werden. Die Wahl des Ausschussvorsitzenden und des Stellvertreters können von jedem Mitglied des Ausschusses und von den im Ausschuss vertretenen Wahlparteien schriftlich innerhalb einer Woche nach dem Tag der Wahl angefochten werden.
Die Anfechtung, die begründet werden muss, kann sowohl auf die angebliche Unrichtigkeit der Ermittlung des Ergebnisses als auch auf angeblich gesetzwidrige Vorgänge im Wahlverfahren, die auf das Ergebnis der Wahl von Einfluss waren, gestützt werden.
Die Anfechtungen müssen beim Gemeindeamt bzw. Stadtamt eingebracht werden. Sie haben keine aufschiebende Wirkung. Über die Anfechtung entscheidet die Bezirkswahlbehörde. Wenn eine Anfechtung verspätet oder von einer dazu nicht berechtigten Person eingebracht wird oder die Begründung fehlt, muss die Anfechtung zurückgewiesen werden. Einer Anfechtung muss Folge gegeben werden, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis Einfluss hatte.
Wird einer Anfechtung ganz oder teilweise stattgegeben, muss gegebenenfalls festgestellt werden, inwieweit die Wahl oder die Wahl einzelner Personen für ungültig erklärt wird. Rechtskräftige Entscheidungen über Wahlanfechtungen müssen vom Bürgermeister an der Amtstafel kundgemacht werden.
Was ist sonst zu beachten?
Wenn die Zusammensetzung der Gemeindewahlbehörde aufgrund des Wahlergebnisses nicht mehr dem Verhältnis der bei der letzten Gemeinderatswahl erzielten Parteisummen entspricht, muss eine Neubestellung vorgenommen werden. Binnen zwei Wochen nach der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates sind die Parteivorschläge einzubringen.
–G. MIERNICKI, E. LÖSCHL
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