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09.04.2025

Wenn die Natur zur Gefahr wird: Risiken frühzeitig erkennen und Präventivmaßnahmen setzen

Aufgrund des Klimawandels nehmen Naturgefahren wie Oberflächenwasser, Hagel, Sturm, Blitzschlag und Schneedruck in Österreich immer stärker zu und stellen bedeutende Risiken für Mensch, Umwelt und Sachwerte dar. Laut Schätzungen des Versicherungsverbands Österreich (VVO) wurden 2023 Schäden von rund 1 Milliarde Euro durch Naturereignisse verursacht. Um die Gefährdung zu reduzieren, ist eine gezielte Risikovorsorge mit geeigneten, präventiven Maßnahmen notwendig. Das EPZ – Elementarschadenpräventionszentrum Austria ist der Ansprechpartner in Österreich für Naturgefahren und berät Kommunen, Bauträger, Bauherrn, Architekten und Planer in der Prävention von Elementarschäden.

Elementarschadenpräventionszentrum Austria kann helfen

Das EPZ – Elementarschadenpräventionszentrum Austria bietet Expertise und Beratung in den Bereichen Blitzschlag, Hagel, Schnee(druck), Starkregen bzw. Oberflächenwasser und Sturm. Denn die Natur wird immer öfter zur Gefahr: Beispielsweise führen klimawandelbedingt häufiger auftretende Starkregenereignisse in Verbindung mit der steigenden Besiedelungsdichte zu einem merklichen Anstieg von Überflutungen. Das zeigt auch die aktuell in der Fachzeitschrift Nature publizierte Studie der Geosphere Austria, der TU Wien, der Uni Graz und des Landwirtschaftsministeriums: Eine Auswertung von 883 Stationen in Österreich im Zeitraum 1900 bis 2023 hat ergeben, dass die Regenmenge heute gemessen pro Tag um acht Prozent, pro Stunde sogar um 15 Prozent gestiegen ist im Vergleich zu früheren Extremereignissen. Starkregen wird also stets noch stärker. Doch die resultierenden Schäden an Bauwerken ließen sich mittels präventiver Maßnahmen deutlich reduzieren oder gar vermeiden.

Seit Jahren arbeitet das EPZ deshalb intensiv an der Thematik der Früherkennung von Gefahrenstellen an Gebäuden bzw. von signifikanten Risikogebieten in Gemeinden in Bezug auf starkregenbedingtes Oberflächenwasser sowie an der frühzeitigen Einbindung der Problematik des Oberflächenabflusses in die Bauplanung.

Oftmals unterschätzt oder sogar unbekannt scheint die Hangwasserproblematik, vor allem in Folge von Starkregenereignissen, derzeit – mit Ausnahme von Oberösterreich – nur in nicht normativ verankerten Karten auf. Dies beschreibt u. a. für baubehördliche Agenden den wohl zentralsten Unterschied zu den klassischen Gefahrenzonenplänen. Die Gefahrenzonenpläne stellen verordnete Areale z. B. eines Wildbaches dar, wodurch die Baubehörde bei einer beispielsweise roten Gefahrenzone auf ein Bauansuchen in dieser Zone wohl mit einem negativen Baubescheid antworten wird müssen. Beim Hangwasser sieht diese Thematik völlig anders aus, da es hierfür keine bundes- oder landesweit verordneten Gesetzestexte gibt, die eine baubehördliche Miteinbeziehung des Oberflächenwassers begründen würden – in verwaltungsrechtlicher Sicht (einzige Ausnahme ist Oberösterreich). Aus Sicht des Autors ist es aber durchaus problematisch und zivilrechtlich zumindest kritisch zu sehen, wenn Baubehörden unter Kenntnis einer hangwassergefährdeten Parzelle einen positiven Baubescheid – eventuell sogar ohne entsprechende Bescheidauflagen – erlassen.

Das EPZ bietet, basierend auf umfangreichem Know-how, Oberflächenwasserkarten zur Risikoabschätzung für Geländeabschnitte, Infrastruktur und Bauwerke an. Diese Karten werden unter Heranziehung vielseitiger Datengrundlagen wie z.B. Niederschlagsdaten, digitale Geländemodelle, Oberflächenspezifika, etc. erstellt. Sie bieten eine hervorragende Basis, um gefährdete Gebiete und Bereiche, die von Oberflächenabfluss potenziell betroffen sein können, vor Schadenseintritt zu erkennen.

Auf diesen parzellengenauen Aussagen zum Überflutungsrisiko bei Starkregen basierend stehen eine Vielzahl an verschiedenen, meist baulichen, direkt am Objekt angebrachten Schutzmaßnahmen zur Auswahl, um Schäden zu vermeiden oder das Schadenspotential massiv zu reduzieren. In der Praxis stellen vielfach einfachste Maßnahmen wie z. B. hochgezogene Lichtschächte oder Rampen bei Gebäudeeingängen sehr wirkungsvolle und erprobte Schutzmöglichkeiten dar. Damit bedeutet ein erhöhtes Hangwasserrisiko in der Praxis kein unumgängliches Problem, sondern die projektspezifische Umsetzung präventiver Schutzmaßnahmen. Werden diese bereits beim Bau berücksichtigt, entstehen im Regelfall keine Mehrkosten.

Die Experten des EPZ bieten entsprechende Beratungen an, die von den Kriterien zur Standortwahl über die Planungsphase und Ausrichtung eines Gebäudes bis hin zur Auswahl widerstandsfähiger Baumaterialien reichen und damit insbesondere bei größeren Bauprojekten bzw. Bauplätzen eine wertvolle Unterstützung sind.

Eine Version der Oberflächenwasserkarte ist in der Plattform HORA (Natural Hazard Overview & Risk Assessment Austria) integriert für ganz Österreich unter www.hora.gv.at verfügbar. Für detaillierte Analysen, Projektgutachten und maßgeschneiderte Lösungen zur Risikominderung werden aber immer Detailanalysen empfohlen.

Gerade der Oberflächenabfluss ist aber nicht nur als Aufgabe für Architekten, Planer, Gemeinden und Experten der Wasserwirtschaft zu sehen, sondern vor allem als eine Chance zu betrachten, durch vorausschauende Planung und präventive Schutzmaßnahmen Schäden zu minimieren und den Wert von Gebäuden und Infrastruktur langfristig zu sichern. Die OIB RL-3 Hygiene, Gesundheit und Umweltschutz, Ausgabe 2023, berücksichtigt diese Thematik seit Jahren. Unter Punkt 6.2 findet sich die Festlegung, dass Bauwerke so gestaltet sein müssen, dass sie vor dem Eindringen von Niederschlagswässern, einschließlich des Oberflächenabflusses, geschützt sind. Dies verlangt in letzter Konsequenz eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Materie und die Implementierung von Maßnahmen, die über die reine Abdichtung hinausgehen. Somit wird eine umfassende Betrachtung erforderlich, die sowohl den Eigenschutz als auch den Schutz Dritter vor dem Oberflächenabfluss gewährleistet.

Angepasste Bauplanung am Beispiel Oberösterreich

Solch eine angepasste Planung wurde bereits im Bundesland Oberösterreich umgesetzt: Das Management von Oberflächenwasser wird von der Baulandwidmung bis hin zur Baubewilligung seit 2021 mehrstufig und integriert behandelt, was eine effektive Prävention ermöglicht

  1. Raumordnungsverfahren: Ist die Grundstücksauswahl getroffen, so erfolgt im ersten Schritt die Flächenwidmung oder eine Änderung des Bebauungsplanes im Rahmen des Raumordnungsverfahrens. Bereits in diesem ersten Schritt wird auch die Oberflächenwassergefährdung analysiert.

Weist das Grundstück eine Gefährdung durch Oberflächenwasser auf, so ist eine gewissenhafte Prüfung durch das umwidmende Kollegialorgan (i. d. R. der Gemeinderat) und die gewässerbetreuende Dienststelle notwendig. Ein positiver Beschluss zur Änderung der Flächenwidmung wird in diesem Fall nur dann gefasst, wenn zuvor effektive Hangwasserschutzmaßnahmen geplant und genehmigt oder ein umfassendes Oberflächenentwässerungskonzept positiv beurteilt wurden. Die Sicherstellung dieser Schutzmaßnahmen liegt in der Verantwortung des entscheidenden Kollegialorganes. Diese Sicherstellung wird oftmals durch einen Bebauungsplan oder Baulandsicherungsvertrag gewährleistet. Im Umwidmungsverfahren wird zudem großer Wert darauf gelegt, erforderliche Abflusskorridore zu sichern, was ebenfalls in den jeweiligen Flächenwidmungs- oder Bebauungsplänen festgehalten und bewahrt wird, um eine naturgemäße und sichere Entwässerung zu ermöglichen.

Bei einer geringen Gefährdung ist zumindest ein Hinweis auf die wasserwirtschaftliche Relevanz im Widmungsverfahren zu verankern. Damit wird eine Berücksichtigung im anschließenden Bauverfahren sichergestellt.

  1. Bauplatzeignung: Ohne einen festgelegten Bebauungsplan obliegt es der Baubehörde, vertreten durch die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister, die Eignung eines Bauplatzes zu prüfen. Hierbei muss jeder Antragsteller – ob natürlich oder juristisch – alle erforderlichen Dokumente einreichen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Einschätzung der Hangwassergefährdung, die stets im Prüfprozess berücksichtigt werden muss.
  2. Bauverfahren: Bei vorliegender Gefährdung muss die Hang- und Oberflächenwassersituation bereits in den Einreichunterlagen, d. h. im Bauplan, berücksichtigt werden. D. h. im Bauplan müssen wasserbautechnische Lösungen zum Eigenschutz und – soweit eine Veränderung des Hangwasserabflusses durch die geplanten Maßnahmen/Anlagen (z. B. Baukörper, Zufahrten, Einfriedungen, Geländegestaltung) erfolgt – zum Schutz Dritter aufgezeigt werden. Werden Hangwässer in ein Gewässer eingeleitet bzw. eine Anlage im HQ30-Abflussbereich eines Gewässer geplant, so bedarf es eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens. Dies stellt sicher, dass Bauvorhaben in Einklang mit den natürlichen Wasserwegen realisiert werden und schützt sowohl die Umwelt als auch die Infrastruktur.

Aus Sicht des Autors – der als Bürgermeister der Gemeinde Weyregg am Attersee auch die behördliche Seite eines Bauverfahrens kennt – ist die Thematik der Starkregenereignisse und damit verbundener Oberflächenwässer in vielerlei Hinsicht nicht zu unterschätzen und als zentrales Elementarereignis einzustufen. Da mit der Anwendung der großmaßstäblich vorhandenen Kartendarstellungen bereits quasi flächendeckend ein geplantes oder gar bestehendes Gebäude geschützt oder präventiv überprüft werden kann, gehört es aus seiner Sicht sogar zur (moralischen) Pflicht der Baubehörde, die Bewohner der eigenen Gemeinde gleichsam „behördlich“ zu schützen.

Für weiterführende Informationen sowie Projektberatung stehen die Experten des EPZ gerne zur Verfügung. Kontaktaufnahme unter:

DI DI DI Dr. Michael Stur

Bereichsleiter EPZ – Elementarschadenpräventionszentrum Austria

E-Mail: m.stur@bvs-ooe.at

www.elementarschaden.at

– M. STUR ist Bürgermeister von Weyregg und Bereichsleiter des EPZ

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