Im Rahmen des „Forum 3“ diskutierten die Teilnehmer erneuerbare Energien als Chancen für mehr Wertschöpfung in den Regionen. An der Seite von Ober-Grafendorfs Bürgermeister Handlfinger waren drei Entwickler, die teils große Projekte auf der ganzen Welt realisiert haben, aber auch kleinere in Österreich.
Mit 2,5 Millionen Euro jährlich fördern die Einwohner von Ober-Grafendorf gigantomanische Wahrzeichen in Abu Dhabi, St. Petersburg und Dubai. Das erzählt Bürgermeister Rainer Handlfinger. Wie das? Die Menschen nutzen fossile Brennstoffe zum Heizen, die aus diesen Regionen nach Österreich importiert werden. Damit gehe, sagt Handlfinger, regionale Wertschöpfung verloren. Insgesamt zahlte Österreich im Vorjahr rund 9,5 Milliarden netto für Energieimporte.
Auch das ist ein Aspekt der Energiewende, denn viel Geld, das die Menschen in Österreich für Energie bezahlen, fließt in die öl- und gasfördernden Länder. Neben aller Notwendigkeit, die CO2-Emission zu senken, steckt in der Klimawende auch eine wirtschaftliche Chance für die Regionen. Genau damit beschäftigte sich das „Forum 3“ der Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee.
An der Seite von Bürgermeister Handlfinger saßen drei Entwickler und Erzeuger von Erneuerbarer Energie, die teils große Projekte auf der ganzen Welt realisiert haben, aber auch kleinräumige, darunter in Österreich. Auch in Ober-Grafendorf setzt man seit Jahren auf die nachhaltige Form der Energieerzeugung. In der Gemeinde im Pielachtal gibt es bereits mehr als 100 Photovoltaik (PV)-Anlagen.
Voraussetzungen für Erneuerbare Energien
Um den Umstieg zu schaffen, sind drei Voraussetzungen notwendig: Die preisliche Konkurrenzfähigkeit, die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern sowie die Grundlastfähigkeit. Dass also der Strom dann zur Verfügung steht, wenn er tatsächlich gebraucht wird. All das ist ein Problem bei Erneuerbaren Energien. Oder besser: Es war ein Problem.
Denn zum Beispiel die Marktfähigkeit ist zumindest teilweise bereits gegeben, sagt Matthias Taft, Vorstand der deutschen BayWa AG. Als Beispiel nennt er einen großen, subventionsfreien Solarpark in Andalusien, dessen Leistung etwa dem Donaukraftwerk Freudenau entspricht. Der dort erzeugte Strom ist preislich konkurrenzfähig. Bei anderen Projekten des deutschen Erzeugers ist man erst auf dem Weg dorthin, darunter bei der einer schwimmende PV-Anlage. Diese Idee war zuvor von Alfred Riedl, dem Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes, in einem Vortrag erwähnt worden.
Die PV-Anlage am Stausee
Das Prinzip ist grundsätzlich dasselbe: Es geht stets um Mehrfachnutzung einer kostbaren Ressource, nämlich Boden. Das gilt für die Dächer von privaten Haushalten, gemeindeeigenen Gebäuden wie Ämtern, Schulen und Kindergärten, aber auch auf Fabriks- und Lagerhallen von Industriebetrieben in ländlichen Regionen.
Eine „Floating-Anlage“ auf einem Stausee würde auch der Energiegewinnung doppelt dienen. Ähnliches gilt auch für den Agrarbereich. So können etwa Obstplantagen überdacht und mit einer PV-Anlage ausgestattet werden. Der landwirtschaftliche Ertrag ist unwesentlich geringer, durch den Schatten der PV-Anlagen kann sogar Wasser eingespart werden. Und als Hagelschutz dient die Überdachung ebenfalls. Der technische Fortschritt einerseits, aber auch erwartete Preissteigerungen beim Strom andererseits werden diese Formen der Energiegewinnung künftig attraktiv machen.
Akzeptanz der Energiewende essentiell
Vor allem bei größeren Projekten spielt die Akzeptanz eine große Rolle. Sie ist die zweite große Voraussetzung bei der Wende hin zu sauberem und nachhaltig produziertem Strom. Es braucht Akzeptanz von Bürgerinnen und Bürgern sowie von politischer Seite. Den Entwicklern kommt dabei eine wesentliche Aufgabe zu, ebenso den Bürgermeistern. Ein Forumsteilnehmer mahnte „professionelle Unterstützung“ als Erfolgsfaktor für Projekte ein – das gesamte Podium nickte.
Da die Bedürfnisse der Menschen immer auch Fundament für politisches Handeln darstellen, ist das Wissen um die Notwendigkeit der Energiewende (und damit die Akzeptanz) von großer Bedeutung. Erwähnt wurden im Forum etwa Probleme bei der Planung von Wasserkraftprojekten oder dem allgemeinen Netzausbau in Österreich, die sich über Jahre ziehen. „Wir brauchen als Projektbetreiber Planungssicherheit“, sagt Bernhard Haider, Senior Vice President von Contour Global, einem Energieerzeugungsunternehmen, das hierzulande Windparks errichtet hat. Zuletzt wurde versucht, die Dauer von Genehmigungsverfahren gesetzlich abzukürzen. Es zeigte sich, dass dies aber legistisch gar nicht so einfach ist. Haider erwähnte aber auch die Einschränkungen für Windräder, etwa in Kärnten. Sie würden den weiteren Ausbau von Windkraft erschweren bis verunmöglichen.
Strengere Regeln für mehr nachhaltige Energie
Es braucht wohl auch politischen Mut, um die Umstellung auf Erneuerbare zu fördern. Matthias Taft erzählte von der Stadt Tübingen, die eine PV-Anlage als Voraussetzung für eine Baugenehmigung verlangt. In Österreich sei dies oft an der Wohnbauförderung geknüpft, ergänzt Bürgermeister Handlfinger. Er spricht sich aber auch für strengere Regel vonseiten der Politik aus, wenn die Anreize nicht ausreichen.
Der dritte Punkt, der für das Gelingen der Energiewende im Bereich der Erzeugung relevant ist, betrifft die Grundlastfähigkeit. Diese wird primär bei Wind- und Solarkraft diskutiert. Was, wenn nicht die Sonne scheint und Flaute herrscht? Auch dafür sind die Regionen wichtig, wie Ralf Heinen, Geschäftsführer der EEG, einer Tochter der enercity AG aus Hannover, sagt: „Eine schnelle Energiewende muss dezentral stattfinden.“ Die Grundlastfähigkeit wird durch die Kombination von nachhaltigen Energieträgern erhöht, also beispielweise Wind und Solar. Es braucht aber auch zusätzlich jedenfalls die Speicherung von Energie. In diesem Bereich findet aktuell viel Forschung statt, von Batteriesystemen, Pumpspeicherkraftwerken bis hin zu Wasserstoff. Klar ist aber auch hier, dass die Dezentralität eine Rolle spielen wird. Der dezentral erzeugte Strom muss auch dezentral gespeichert werden. Auch dabei werden also kleine Gemeinden eine Rolle spielen; Gemeinden wie etwa auch Ober-Grafendorf im Pielachtal.
– S. ROSNER (QUELLE: S. ROSNER, REDAKTEUR BEI WIENER ZEITUNG)
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