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Europa

16.06.2020

Ein EU-Gemeinderat für jede österreichische Gemeinde

Der 9. Juni war der Auftakt einer groß angelegten Zukunftsdiskussion in Österreich. Nach dem Motto „unsere Zukunft – EU neu denken“ startete Europaministerin Karoline Edtstadler den Österreich-Dialog zur Zukunft der Europäischen Union. Mit mehreren Gruppen – darunter auch mit Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, Bürgermeistern und EU-Gemeinderäten – diskutierte die Ministerin wie sich die EU weiterentwickeln soll und welche Zukunftsanliegen die Menschen bewegen. Das Gemeinsame Anliegen von Edtstadler und Riedl: „Wir wollen die EU mehr in die lokalen Einheiten und zu den Menschen bringen.“ Darüber hinaus wünscht man sich einen EU-Gemeinderat in jeder österreichischen Gemeinde.

Start für nationalen Dialog

Die Zukunftsdebatte ist eigentlich ein Schwerpunkt der Von der Leyen-Kommission. Am Europatag im Mai hätte die europäische Auftaktveranstaltung in Dubrovnik stattfinden sollen, seit COVID ist es bei diesem Thema aber still geworden.Um die Diskussion vorzubereiten und aktiv zu beeinflussen, startet man in Österreich nun mit nationalen Dialogen und Veranstaltungen.

Auftakt zur europäischen Zukunftsdiskussion

„Die Europäische Union muss sich weiterentwickeln, wenn sie auch in Zukunft widerstandsfähig sein will. Wir haben durch die Corona-Krise gesehen, welche Vorteile uns die EU bringt und was es bedeutet, wenn wir diese Vorteile – die wir teilweise als selbstverständlich betrachten – von einem Tag auf den nächsten nicht mehr genießen können. Die Krise hat uns aber auch aufgezeigt, dass die Menschen mehr von der Europäischen Union erwarten. Jetzt gilt es, den Blick nach vorne zu richten und die richtigen Lehren zu ziehen. Im Herbst soll die Konferenz zur Zukunft Europas auf europäischer Ebene starten. Wir wollen diese Chance nutzen, die Europäische Union aktiv mitzugestalten und auch die Bürgerinnen und Bürger einzubinden“, so Europaministerin Karoline Edtstadler im Rahmen der Startveranstaltung für den Österreich-Dialog zur Zukunft der Europäischen Union.

Diskussionsprozess ohne Denkverbote

Es sei ihr besonders wichtig einen breit angelegten Diskussionsprozess ohne Denkverbote zur führen, bei dem jede Bürgerin und jeder Bürger Ideen zu unserer europäischen Zukunft einbringen könne.
Die Debatte mit den Kommunalvertretern drehte sich natürlich v.a. um kommunale Themen wie Daseinsvorsorge, regionale Wirtschaft und Vergaberecht. Aber auch kritische Fragen zur europäischen Solidarität oder zu künftigen EU-Erweiterungen wurden nicht ausgespart.

Autonome Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge muss in Gemeindehand bleiben

Präsident Riedl betonte einmal mehr, wie stark sich die lokalen Dienstleistungen in der Krise bewährt haben und forderte, die autonome Selbstverwaltung und die Organisation der Daseinsvorsorge in Gemeindehand nicht anzutasten. Europa sei wichtig und notwendig in den großen Fragen. Für Klimaschutz und Migration brauche es größere Konzepte. Wie aber Wasserversorgung, Müllabfuhr und Pflege im Detail zu organisieren sind, das solle jede Gebietskörperschaft selbst entscheiden dürfen. Zunehmend kompliziertere Regeln und Richtlinienvorgaben bis auf Gemeindeebene würden nur dazu beitragen, die lokale Selbstverwaltung auszuhöhlen, weil kleine und mittlere Gemeinden nicht mehr in der Lage sein werden, das juristisch komplexe Regelwerk aus eigenen Mitteln umzusetzen. Hier erinnerte Präsident Riedl auch an die europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung, die als Grundrechtekatalog der Gemeinden wichtige Autonomierechte festschreibt.

Gemeinden als Transformatoren und Kommunikatoren

Für den Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes Alfred Riedl ist klar: „Die Gemeinden sind die Transformatoren und Kommunikatoren der Beschlüsse und Entscheidungen, die in Brüssel, Wien oder St. Pölten getroffen werden. Wenn wir es als Bürgermeister und Gemeindevertreter nicht schaffen, die Themen der europäischen Union und Europa in die Gemeinden zu bringen, dann kommt die EU nicht bei den Bürgern an. Daher liegt es an uns hier Überzeugungsarbeit und Aufklärung zu betreiben“, sagt Alfred Riedl. Nicht umsonst heißt die Initiative der EU-Gemeinderäte „Europa fängt in der Gemeinde an“. Daher sei unumgänglich, möglichst viel Information bis die Gemeinden zu bringen, wenn man wolle, dass die EU in den Gemeinden ankommen soll. „Denn wir merken, dass es einen großen Informationsverlust auf dem Weg von der EU bis in die lokalen Ebenen gibt. Daher braucht es Stärkung der EU-Gemeinderäte als Binde- und Informationsglieder zwischen der EU und den Gemeinden“, so Alfred Riedl.

Gemeinsamer Wunsch von Edtstadler und Riedl: Ein EU-Gemeinderat in jeder Gemeinde

Um auch Kritikern die EU näher zu bringen, empfiehlt Riedl eine Reise nach Brüssel. „Jeder der einmal in Brüssel war, hat einen anderen Zugang zur EU. Das sollten wir forcieren“, so Riedl.
Gemeinsam mit Europaministerin Karoline Edtstadler will Riedl auch die Initiative der EU-Gemeinderäte wieder reaktivieren. „Unser Wunsch ist es, in jeder österreichischen Gemeinde einen EU-Gemeinderat zu installieren. Dafür wollen wir unsere Plattform ausbauen und freuen uns auf viele neue Europa-Vermittler“, so Edstadler und Riedl.

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