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Recht

Tirol

28.07.2022

Gemeinderat, Bürgermeister, Amtsleiter – Wer hat welche Kompetenzen?

Die Generalversammlung des FLGT (Fachverband der leitenden Gemeindebediensteten Tirols) am 18.05.2022 im Pfarrsaal Mils bildete den Auftakt des diesjährigen Fortbildungs- und Veranstaltungsprogramms für die Tiroler Gemeinden. Über vierzig Gemeindeamtsleiter und Bürgermeister nahmen daran teil und bekamen einen Überblick über die Aufgaben, Ziele und konkreten Maßnahmen des FLGT. Der Fachverband unterstützt die Gemeinden dabei, dass nicht jeder Gemeindeamtsleiter oder jeder Bürgermeister das Rad neu erfinden muss. Das kommt mittelbar auch der Bevölkerung zugute, weil auf diese Weise Ressourcen und Kosten gespart werden können.

Inhalte der Jahresversammlung

In den letzten zwei herausfordernden Jahren war der FLGT vor allem operativ im Hintergrund tätig und hat einen sehr umfassenden Jahresbericht abgelegt. In Kooperation mit GrECo wurde eine Multiline D&O-Management-Versicherung für die Tiroler Gemeinden entworfen, FLGT-Bezirkstreffen zu kommunalen Fachthemen wurden etabliert und für neue Gemeindeamtsleiter das FLGT-Mentoring-System eingeführt. Die Wissensdatenbank auf www.flgt.at wird ständig mit neuen nützlichen Unterlagen erweitert (z.B. Winterdienstvereinbarung, COVID-19 Leitfaden für Mitarbeiter/-innen). Da Präsenzveranstaltungen teilweise nicht durchgeführt werden konnten, hat der FLGT das Webinar-Angebot in Kooperation mit der Fa. Kufgem ausgebaut. In ständigen Fachartikeln ging der FLGT auf Themen wie z.B. Abschleppen von Fahrzeugen, Wegehalterhaftung oder Errichtung eines Bürgerservice ein. Für die Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen wurde kurzfristig eine eigene Wissensdatenbank mit nützlichen Unterlagen/Vorlagen erstellt. Zukunftsorientiert gibt es in Kooperation mit der GemNova (als neue Sponsorin) auch Live-Streaming von ausgewählten Fortbildungsveranstaltungen, das vor allem auch FLGT-Mitgliedern aus Osttirol zugutekommt.

Auch beim FLGT-Team kamen seit der letzten Generalversammlung 2019 neue Gesichter hinzu. Die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Dr. Klaus Kandler, Mag. Klaus Fankhauser, Michael Laimgruber, Wolfgang Winkler und Dr. Bernhard Holas wurden aufgrund ihrer jahrelangen Tätigkeit im FLGT-Vorstand im Rahmen der Generalversammlung verabschiedet. Ihre Aufgaben übernehmen Mag. (FH) Jochen Troppmair aus Brixlegg, Mag. Andrea Moser aus Mieders im Stubaital, Mag. Peter Erhart aus Söll, Mag. Verena Ortner aus Vomp und Mag. Andrea Raffl aus Haiming.

Kompetenzverteilung: GR/GV/Bgm/AL

Im Rahmen der Generalversammlung gab es auch seitens RA Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu einen Fachinput zum Thema „Kompetenzverteilung GR/GV/Bgm/AL“. Ein konkretes Rollenverständnis mit klarer Aufgabenverteilung/-zuteilung ist für eine professionelle politische und verwaltungstechnische Arbeit in der Gemeinde heutzutage unerlässlich. Der fachliche Input hat sich mit den Schnittschnellen und der Kompetenzverteilung des Gemeinderates, des Gemeindevorstandes, des Bürgermeisters und des Gemeindeamtsleiters beschäftigt. Dabei wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen näher durchleuchtet und auch auf eine allfällige Geschäftsordnung und Geschäftsverteilung des Gemeinderates näher eingegangen.

Als verfassungsrechtlich in der Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts vorgegebene Einrichtung der örtlichen Selbstverwaltung haben die Gemeinden öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Diese werden ihnen vom jeweils zuständigen Materiengesetzgeber Bund oder Land zur Besorgung übertragen. Die Besorgung kann dabei im eigenen Wirkungsbereich (d.h. unter bloßer staatlicher Aufsicht) oder im übertragenen Wirkungsbereich (d.h. im Weisungszusammenhang zur Bundes- oder Landesverwaltung) erfolgen.

Gemeinderat und Geschäftsordnung/Geschäftsverteilung

Aus Art. 117 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 118 Abs. 5 B-VG folgt, dass es sich beim Gemeinderat um das oberste (Verwaltungs-)Organ der Gemeinde handelt. Dementsprechend sind alle Entscheidungen in gemeindlichen Angelegenheiten letztlich vom Gemeinderat zu fällen bzw. von diesem zu vertreten. Der Gemeinderat ist gemäß § 30 Abs. 2 TGO befugt, bestimmte, gesetzlich genau bezeichnete Aufgaben (und nur diese) dauerhaft auf andere kollegiale oder monokratische Gemeindeorgane zu übertragen (Delegation), wie zum Beispiel Rechtsgeschäfte bis zu einem gewissen Betrag, Personalangelegenheiten oder auch Verordnungen laut StVO. Eine solche Delegation ist in einer Geschäftsverteilung festzuhalten.

Gemäß § 47 Abs. 1 TGO kann der Gemeinderat in Durchführung der §§ 34 – 46 TGO den Geschäftsgang der Sitzungen des Gemeinderates in einer Geschäftsordnung näher regeln. Die Geschäftsordnung hat gemäß § 47 Abs. 2 TGO jedenfalls nähere Bestimmungen über die Einberufung des Gemeinderates, die Verhandlungsleitung, die Wortmeldungen, die Einbringung und Behandlung von Anträgen, die Einbringung und Beantwortung von Anfragen, die Einsichtnahme in die Verhandlungsunterlagen, die Art der Abstimmung und die Teilnahme von Gemeindebediensteten zu enthalten.

Bürgermeister

Gemäß § 53 Abs. 1 TGO werden die (hoheitlichen) Befugnisse als Verwaltungsbehörde (Ausübung von „imperium“) vom Bürgermeister wahrgenommen. Dieser ist, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zur Erlassung von Bescheiden in den Angelegenheiten sowohl des eigenen als auch des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zuständig. Darüber hinaus führt der Bürgermeister die Geschäfte der Gemeinde gemäß § 50 Abs. 1 TGO und vertritt gemäß § 55 Abs. 1 TGO die Gemeinde nach außen. Soll die Gemeinde durch den Abschluss von privatrechtlichen Verträgen berechtigt oder verpflichtet werden, so werden diese Verträge vom Bürgermeister abgeschlossen. Der Bürgermeister ist in den Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung der gesetzliche Vertreter der Gemeinde nach außen. Im Rahmen der 10%-Klausel des § 30 Abs. 1 lit. p TGO entscheidet er grundsätzlich eigenständig.

Gemeindeamtsleiter

Zur Leitung des inneren Dienstes des Gemeindeamtes ist gemäß § 58 Abs. 3 TGO vom Bürgermeister mit Zustimmung des Gemeinderates ein Gemeindeamtsleiter zu bestellen. Dieser muss in Gemeinden mit mehr als 1.500 Einwohnern ein hauptberuflicher Bediensteter sein. In Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern hat dieser überdies rechtskundig zu sein. Unter Leitung des inneren Dienstes ist die höchste Anordnungs- und Entscheidungsbefugnis bezüglich aller Fragen zu verstehen, die die Besorgung der zum inneren Dienst zählenden Angelegenheiten zum Inhalt haben. Im konkreten Fall bedeutet Leitung sohin das Recht zur Aufsicht und zur Weisungserteilung, allerdings stets bezogen auf den innenwirksamen Bereich. Der Gemeindeamtsleiter als Leiter des inneren Dienstes des Gemeindeamtes ist dem Bürgermeister untergeordnet und an dessen Weisungen gebunden. Trotz dieser Weisungsbindung hat der Gemeindeamtsleiter die Befugnis, im Rahmen des inneren Dienstes selbstständig zu agieren.

Im Skriptum von RA Univ.-Doz. Dr. Thomas Walzel von Wiesentreu wird die Kompetenzverteilung im Detail noch weiter ausgeführt und dargestellt. Das 35-seitige Werk und sonstige Praxisbeispiele finden sich für Interessierte in der Wissensdatenbank auf www.flgt.at.

-B. SCHARMER

Über den Autor

Bernhard Scharmer ist Amtsleiter in der Gemeinde Telfs und Obmann des Fachverbandes leitender Gemeindebediensteter Tirols.

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