FLGT

Finanzen

19.08.2019

Finanzoptimierte Errichtung von Gebäuden

Eine gute Bauplanung kann helfen, Kosten und Ärger im Nachhinein zu sparen. In diesem Beitrag beschreibt der FLGT-Landesobmann und Telfer Gemeindeamtsleiter Bernhard Scharmer wie Errichtungs- und laufende Kosten realistisch eingeschätzt und optimiert werden können.

Die Errichtung und der Betrieb von Kommunalbauten und Infrastruktureinrichtungen sowie die realistische Einschätzung der Lebensdauer und der laufenden Betriebs-/Erhaltungskosten stellen unsere Gemeinden vor eine ständige Herausforderung. Die Errichtungskosten eines Gebäudes betragen nur rund 20 Prozent der Gesamtkosten!

Die unterschiedlichen Projektphasen bei einem Bauprojekt.

Bei der FLGT-Landesfachtagung am 13. Juni 2019 in Mieders befassten sich Gemeindeamtsleiter, Bürgermeister und Experten aus den bautechnischen, rechtlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Bereichen mit den vielfältigen Aspekten der Errichtung und des Betriebes von gemeindeeigenen Immobilien und der Vermeidung von Baukostenüberschreitungen und überhöhten Folgekosten. Dies wurde anhand von Best-Practice-Beispielen erörtert:

  • Totalunternehmer – Volksschule Mieders (Bgm. DI (FH) Daniel Stern)
  • Wettbewerblicher Dialog – Telfer Bad (Bgm. Christian Härting)
  • Baurechtsmodell – Feuerwehr Kaltenbach (Bgm. Klaus Gasteiger)

Für Gemeinden – insbesondere für kleinere Gemeinden wie Mieders – ist die Abwicklung von größeren Projekten eine enorme Herausforderung. Umso mehr ist ein professionelles Projektmanagement für eine positive Realisierung notwendig. Die vielen unterschiedlichen Themen, welche in der Projektvorbereitung, in der Planungs- und Bauphase oder auch in der Zeit nach der Inbetriebnahme auftauchen, können somit strukturiert, effizient und vor allem kostengünstig abgewickelt werden. „Der Totalunternehmer-Wettbewerb war aus Sicht der Gemeinde Mieders das passende Modell für den Neubau der Volksschule“, resümiert DI (FH) Daniel Stern, Bürgermeister der Gemeinde Mieders.

Projektmanagement bei öffentlichen Bauprojekten

Warum geht es nicht mehr „einfach so“? Bauen wird immer komplexer (Normen, Recht, Steuern), Budgetmittel werden knapper (akkordierte Kosten sind einzuhalten) und Bauzeiten (immer ambitioniertere Terminpläne) werden immer kürzer. Das Fundament eines erfolgreichen Bauprojektes ist eine ausgefeilte Projektvorbereitung. Die Fachexperten von WRS Energie- und Baumanagement spannten einen roten Faden von der strategischen Planung bis hin zu den nicht zu unterschätzenden Folgekosten eines kommunalen Gebäudes. „Wettbewerblicher Dialog und Totalunternehmerwettbewerbe sind innovative, kompakte Verfahren, um Qualitäts-, (Bau-)Kosten- und Terminrisiken deutlich reduzieren zu können. Anhand der BIM (Building Information Modeling)-Planung kann bereits vor Baubeginn ein „virtueller Zwilling“ des Gebäudes erstellt werden. Die Planung erfolgt quasi aus einem Guss“, erläuterte DI (FH) David Steixner von der WRS.

Das BIM-Modell ist ein „virtueller Zwilling“ des Bauprojekts, welches vor Baubeginn erstellt wird. Beispiel: Veranstaltungszentrum Piccardsaal in Obergurgl/Gemeinde Sölden, superwien architektur/WRS Energie- und Baumanagement BmbH (2019)

Kostensteuerung und Optimierung auf der Bauherren-, Planungs- und Ausführungsebene

„Projektsicherheit ergibt sich aus der klaren Definition der Ziele, Grundlagen und der Nichtziele sowie der ehrlichen Abschätzung der Errichtungskosten nach dem Modell des „Asymmetrischen Kostenrichters“ zum jeweiligen Zeitpunkt. Optimierung erfolgt zum einen über die ehrliche Evaluierung der Anforderungen und zum anderen über eine saubere Projektstruktur mit der Zuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten“, erklärte Ing. Mag. (FH) Stefan Unterberger von der pm1 Baumanagement GmbH bei der Fachtagung.

(Vergabe-)rechtlicher Rahmen

„Die Wahl des Verfahrensmodells hängt vom jeweiligen Vorhaben ab. Es gibt kein optimales Verfahren für alle Projekte. Für jedes Bauvorhaben gilt es, ein passendes Verfahren und ein passendes Team zu finden. Die Kardinalfrage lautet hier: Was garantiert den Erfolg und wie können Kosten eingehalten werden? Eine gute Strategie für das Vorhaben ist der Schlüssel zum Erfolg und es braucht klare Vorgaben für jedes Vergabeverfahren“, findet Rechtsanwalt Dr. Günther Gast von der Rechtsanwaltskanzlei CHG.

Giftige Mieter – Steuerliche Herausforderungen bei der Errichtung von Gebäuden

„Schon in der Planungsphase von Bauprojekten sollte nicht zuletzt auch deren steuerliche Komponente beachtet werden. Die Frage, ob eine Gemeinde die in Rechnung gestellte Umsatzteuer als Vorsteuer geltend machen kann, ist ein wesentlicher Kostenfaktor. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass im Bereich der Körperschaften öffentlichen Rechts in steuerlicher Hinsicht sehr ähnliche Sachverhalte oftmals völlig unterschiedlich behandelt werden. Dadurch steigt das Risiko einer steuerlichen Fehleinschätzung enorm. Erst recht kompliziert wird es, wenn Gebäude oder Gebäudeteile anderen Rechtsträgern zur Nutzung überlassen werden. Nicht selten kommt es dann im Nachhinein zu einem bösen Erwachen, wenn im Zuge einer Betriebsprüfung geltend gemachte Vorsteuerbeträge an das Finanzamt zurückgezahlt werden müssen. Die Nutzung für hoheitliche Zwecke oder unentgeltliche Überlassung an Vereine kann unter Umständen zur Vorsteuerkorrektur („giftige Mieter“) führen. Eine steuerliche Abklärung anhand eines Fachexperten sollte bereits frühzeitig bei der Planung des Bauprojektes erfolgen“, reflektierte Daniel Hofer, BA, von der Steuerberatungskanzlei Deloitte.

Durch eine entsprechende Planung im Vorhinein können die Risiken bei großen Bauprojekten minimiert werden.

Lebenszykluskosten – nachhaltige Optimierung der Folgekosten

„Die Kosten, die bei der Errichtung eines Gebäudes anfallen, sind nicht einmal die halbe Wahrheit. Einen wesentlichen Einfluss auf die langfristige Wirtschaftlichkeit einer Immobilie haben jene Kosten, die im Laufe der Nutzung anfallen. Diese erreichen je nach Art der Nutzung einen mehrfachen Anteil (20prozentige Errichtungs- versus 80 Prozent Nutzungskosten) gegenüber den erstmaligen Herstellungskosten. Eine kosteneffiziente Ausführung setzt voraus, dass man möglichst früh bei den richtigen Stellhebeln ansetzt. Diese sind die Kostentreiber, welche sich entsprechenden Flächen, Räumen und Bauteilen zuordnen lassen. Von Seiten der Planung und Ausführung erfordert ein wirtschaftlich zu betreibendes Gebäude nicht immer neue und innovative Ansätze, sondern vielmehr funktionale und praktikable Lösungen“, fand Prof. Mag (FH) Emanuel Stocker von der FH Kufstein.

Förderung für Gemeinden

Gemeindereferent LR Mag. Johannes Tratter verwies darauf, dass für eine Förderung zur Errichtung von Infrastrukturanlagen ein konkretes Konzept und eine detaillierte Kalkulation vorzulegen sei. „Die Aufgaben der Gemeinden werden immer komplexer, das Budget auch für zukünftige Generationen zu sichern, ist die Herausforderung von heute“, unterstrich Gemeindeverbands-Vizepräsident Bgm. Christian Härting.

„Die finanzoptimierte Errichtung von Gebäuden ist für unsere Gemeinden eine ständige Herausforderung“, konstatiert Landesobmann Mag. Bernhard Scharmer, Gemeindeamtsleiter der Marktgemeinde Telfs. „Neben der Errichtung geht es auch um die realistische Einschätzung der Lebensdauer und der laufenden Folgekosten sowie der Finanzierung. Die Praxis zeigt auf, dass eine gute Vorbereitung, Planung und Kalkulation unerlässlich sind. Dies spart bei kommunalen Bauvorhaben viel Ärger, Zeit und Geld und entspricht dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.“

Präsentationsunterlagen befinden sich für alle FLGT-Mitglieder in der Wissensdatenbank auf www.flgt.at. Den Bauleitfaden des Rechnungshofes finden Sie in der linken Box zum Herunterladen.

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