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Recht

Wahlen

02.02.2023

Nationalrat beschließt Wahlrechtsreform

Künftig wird auch bei bundesweiten Wahlen wie Nationalratswahlen und EU-Wahlen bereits am Wahltag ein Wahlergebnis vorliegen, das nahe am Endergebnis liegt. Der Nationalrat hat heute grünes Licht für die dafür erforderliche Änderung der Nationalratswahlordnung und anderer Wahlgesetze gegeben. Letztendlich stimmten alle Fraktionen für das umfangreiche Gesetzespaket, nachdem zuvor noch kleinere Änderungen vorgenommen worden waren. So haben die Regierungsparteien vom ursprünglichen Vorhaben, eine Stimme als ungültig zu werten, wenn das Wahlkuvert, in dem der Stimmzettel liegt, zugeklebt ist, wieder Abstand genommen. Vielmehr will man darauf vertrauen, dass die Wähler:innen den Aufdruck „Bitte dieses Kuvert nicht zukleben“ beachten. In Kraft treten soll das Gesetzespaket Anfang 2024, damit wird es bereits bei den nächsten regulären Wahlen gelten.

Auch zugeklebte Kuverts werden gezählt

An der ursprünglich vorgesehenen Ausweitung der Nichtigkeitsgründe von Wahlkarten hatten sich vor allem SPÖ und FPÖ gestoßen. Wenn zugeklebte Stimmkuverts automatisch ausgeschieden würden, könnte die Zahl ungültiger Briefwahlstimmen steigen, hatte etwa SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger im Verfassungsausschuss gewarnt. Er und FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan zeigten sich vor diesem Hintergrund über die vorgenommenen Abänderungen erfreut. Das Wahlrecht müsse Vorrang vor dem Wahlgeheimnis haben, machte Stefan geltend.

Begründet worden war die letztlich abgeblasene Ausweitung der Nichtigkeitsgründe damit, dass ein zugeklebtes Kuvert als unzulässige Markierung des Stimmzettels gewertet werden könnte, zumal die Kuverts nicht mehr gummiert sind und daher ein eigener Kleber oder Klebestreifen verwendet werden müsste. Nach intensiven Diskussionen habe man sich aber entschieden, an die Eigenverantwortung der Wählerinnen und Wähler zu appellieren, halten die Koalitionsparteien im von ihnen eingebrachten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag fest. Das Recht auf Ausübung des aktiven Wahlrechts wiege schwerer als die Gefahr eines Eingriffs in das Wahlgeheimnis, argumentieren ÖVP und Grüne ähnlich wie Stefan.

Raschere Auszählung von Briefwahlstimmen, mehr Barrierefreiheit

Von Anfang an unumstritten war das Kernziel der Reform, nämlich bereits am Wahltag ein aussagekräftigeres Wahlergebnis zu haben. Erreicht werden soll das insbesondere durch neue Zustellregeln für die Post und eine vorgezogene Auszählung von Briefwahlstimmen. Zudem wird quasi ein individueller Vorwahltag eingeführt, indem es künftig österreichweit möglich sein wird, die Stimme bereits bei Abholung einer Wahlkarte am Gemeindeamt bzw. beim Magistrat abzugeben. Demgegenüber dürfen die Eintragungslokale für Volksbegehren in Hinkunft am Samstag geschlossen bleiben. Neu ist überdies, dass bei der Bundespräsidentenwahl im Falle einer Stichwahl ein „leerer“ amtlicher Stimmzettel ohne Namensvordruck zum Einsatz kommt.

Darüber hinaus bringt das Wahlrechtsänderungsgesetz 2023 höhere Entschädigungen für Wahlbeisitzer:innen, eine deutlich höhere Pauschalabgeltung des Wahlaufwands für die Gemeinden und verschiedene Verbesserungen für Menschen mit Behinderung. So werden bis 2028 alle Wahllokale barrierefrei zugänglich sein müssen. Briefwähler:innen werden künftig die Möglichkeit haben, den Status ihrer Wahlkarte (etwa „ausgestellt“, „bei der Gemeindewahlbehörde eingelangt“) elektronisch nachzuverfolgen. Aus den in Wohnhäusern angeschlagenen Wahlkundmachungen wird nicht mehr hervorgehen, wie viele Personen in einer Wohnung wahlberechtigt sind.

Gemeinden bekommen höhere Entschädigung

Innenminister Gerhard Karner wies darauf hin, dass mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz auch ein Punkt im Regierungsprogramm abgearbeitet wird. Man habe sich vorgenommen, das Wahlrecht moderner und bürgernäher zu machen, betonte er. Alle Wahllokale bis zum Jahr 2028 barrierefrei zu gestalten, wird seiner Einschätzung nach für manche Gemeinden zwar eine Herausforderung sein, die Vorgabe sei aber umsetzbar.

Ausdrücklich begrüßte Karner außerdem die künftige Nachverfolgbarkeit von Wahlkarten, die Auszählung vieler Wahlkartenstimmen bereits am Wahlabend, die höhere Entschädigung für Gemeinden für den Wahlaufwand sowie den Entfall des Samstags als Eintragungstag für Volksbegehren.  Letzteres bringe eine wesentliche Entlastung für viele Mitarbeiter:innen in den Gemeinden, erklärte er. In kleinen Gemeinden sei am Samstag oft keine einzige Unterschrift geleistet worden. Auch die Auflage des Wählerverzeichnisses am Samstag fällt weg.

-Pressedienst der Parlamentsdirektion

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