Gemeindebund

21.08.2019

Expertentalk: Radweg breit genug?

Ausreichend breit oder gar nicht, lautet der Grundsatz. Warum bei der Planung von Radverkehrsanlagen die Breite so wichtig ist und in welchem Fall Bodenmarkierungen gefährlich werden können, erfahren Sie in Teil vier des Expertentalks zum Thema Radverkehr.

Ausgewiesene Radfahranlagen sind in vielen Gemeinden keine Seltenheit mehr. Dennoch erweisen sich manche als problematisch, wenn etwa bestimmte Regelmaße nicht eingehalten werden. Michael Meschik vom Institut für Verkehrswesen der BOKU Wien spricht im vierten Teil des Expertentalks über die Grundsätze von Sicherheitsabständen.

Im vorhergehenden Teil ging es darum, wie Abbiegespuren gestaltet werden sollen. Was muss man bei Radfahranlagen noch beachten?

Ein wichtiger Grundsatz, oder fast Axiom, wenn man Radfahranlagen plant oder solche umsetzt, lautet: Entweder ausreichend breit oder gar nicht. Das heißt, entweder man macht es ordentlich, oder man lässt es bleiben. Die Sache ist die: Radfahrer brauchen entsprechende Breiten. Dafür gibt es in Österreich Richtlinien. Es gibt die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen, die RVS, nach denen sich in Österreich alle Straßenplaner richten müssen und dort sind Regelbreiten angegeben. Meine Meinung ist, dass wenn man sich an diese Regelmaße hält, dann ist das normalerweise in Ordnung.

Wenn man die richtige Anlage am richtigen Ort, auf die entsprechenden Bedürfnisse abgestimmt, einsetzt, dann macht man das normalerweise gut. Je schmäler das Ganze wird, und wenn vor allem Sicherheitsabstände – zum Beispiel zu parkenden Fahrzeugen oder zum Fließverkehr – vergessen werden, oder – weil kein Platz ist – weggelassen werden, dann ergibt das meistens schlechte Anlagen.

Ich zeige Ihnen ein Beispiel von einer Straße – rot durchgestrichen – , wo Sie sehen, dass ein sehr schmaler Radfahrstreifen, oder eigentlich Mehrzweckstreifen, direkt an parkenden Fahrzeugen vorbeigeführt wird (Abbildung nebenstehend). Hier fühlen sich die Radfahrer zu Recht subjektiv unwohl. Und das sind auch meistens Situationen, wo die Radfahrer in einen Unfall verwickelt werden. Zum Beispiel, wenn irgendjemand in diesen Autos die Tür aufreißt.

Die Unfallgefahr steigt, wenn Radfahranlagen zu knapp an parkenden Autos vorbeigeführt werden.

Gleich danach kann ich Ihnen ein Foto zeigen, wo Sie einen sehr schönen, luxuriösen Radfahrstreifen aus der Stadt Gent in Belgien sehen (Abbildung nebenstehend). Sie sehen, dass genug Platz ist, dass auch neben den parkenden Fahrzeugen extra noch ein Sicherheitsabstand herrscht, und dass die Bereiche, wo es Konflikte geben kann, auch noch zusätzlich rot eingefärbt sind. Zum Beispiel im Bereich dieses Schutzweges oder im Bereich einer Straßeneinmündung. Also noch einmal: entweder ausreichend breit oder gar nicht.

Ein breiter, in Risikobereichen farblich gekennzeichneter Radfahrstreifen hilft dabei, Sicherheitsabstände einzuhalten und Unfälle zu verhindern.

Es gibt einige Untersuchungen, die nachweisen, dass die Lenker von Kraftfahrzeugen sehr gerne an markierte Linien heranfahren. Das heißt, wenn Sie etwas zu Schmales planen, und das dann noch markieren, dann nehmen die seitlichen Sicherheitsabstände sogar ab, und die Radfahrer sind gefährdeter unterwegs, als wenn Sie nichts markieren. Denn dann müssen die Kraftfahrzeuglenker eigenverantwortlich einen eigenen Sicherheitsabstand wählen. Sie können sich vielleicht noch an die Fahrschule erinnern – bei mir ist das schon sehr lange her – aber im Wesentlichen geht es um einen Meter plus einen Zentimeter pro gefahrenen km/h. Also beim Überholen mit 50 km/h müsste man eineinhalb Meter Abstand halten, und das ist bei einem sehr schmalen Streifen eher nicht der Fall. Wichtig ist also: gute Anlagen schaffen.

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